Das Landgericht Koblenz hat mit Urteil vom 07.08.2024 zum Aktenzeichen 15 O 399/22 entschieden, ob ein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld nach einem Foul im Rahmen eines Fußballspiels besteht.
Aus der Entscheidung des Monats des LG Koblenz ergibt sich:
Der Sachverhalt:
Die Parteien nahmen als Feldspieler für unterschiedliche Mannschaften im Jahr 2019 an einem Fußballturnier teil. Während eines Spiels der beiden Mannschaften kam es zu einem Foul des Beklagten gegen den Kläger. Hierbei traf der Beklagte den Kläger an dessen rechtem Sprunggelenk, wobei der konkrete Ablauf zwischen den Parteien streitig war. Der Schiedsrichter entschied zwar auf Foul, sah aber von weiteren Maßnahmen, z.B. einer gelben oder roten Karte, ab.
Der Kläger behauptete im Verfahren, dass der Beklagte schon vor dem Spiel darüber verärgert gewesen sei, dass der Kläger während des Turniers für zwei unterschiedliche Mannschaften gespielt habe. Der Beklagte habe nach einer erfolglosen Beschwerde vor Beginn des streitgegenständlichen Spiels sinngemäß angekündigt, dass er dies „dann selbst regeln müsse“. Aus der Mannschaft des Beklagten sei bezogen auf die Mannschaft des Klägers auch der Satz gefallen: „Die hauen wir gleich um.“
Der Beklagte sei während des Spiels, ohne die Chance, an den Ball zu kommen, mit gestreckten Bein gegen das Sprunggelenk des Klägers gesprungen. Hierbei habe er es darauf angelegt, den Kläger zu treffen. Der Kläger habe durch das Foul einen Bruch des Wadenbeins, einen Bänderriss und eine Kapselverletzung am oberen Sprunggelenk seines rechten Fußes erlitten. Aufgrund der Verletzungen sei er insgesamt dreimal operiert worden und leide bis heute unter den Folgen der Verletzung und könne Kontaktsportarten nicht mehr und sonstige Belastungen, wie etwa Joggen, nur mit Schmerzen und nur eingeschränkt ausführen.
Der Kläger beantragte daher u.a., den Beklagten zur Zahlung von 10.000 € Schmerzensgeld und zur Zahlung eines Schadensersatzes in Höhe von 214,54 € (Eigenanteile für die Behandlungen) zu verurteilen. Zudem beantragte er die Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet ist, alle weiteren aus dem Vorfall resultierenden Schäden zu ersetzen.
Der Beklagte beantragte die Klage abzuweisen.
Er behauptete, dass es ihm nicht darum gegangen sei, den Kläger zu verletzen. Es habe sich um einen normalen Zweikampf gehandelt und er habe lediglich unglücklich und unabsichtlich das Bein des Klägers getroffen.
Die Entscheidung:
Die 15. Zivilkammer hat die Klage abgewiesen. Es bestehe weder einen Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB noch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 223 StGB.
Die Haftung eines Sportlers aus § 823 BGB setze den Nachweis voraus, dass dieser schuldhaft gegen die Regeln des sportlichen Wettkampfs verstoßen und dabei einen anderen verletzt habe. Ein objektiver Regelverstoß – wie vorliegend das harte Treffen des Klägers mit dem Fuß am Sprunggelenk durch den Beklagten, ohne dass dabei der Ball getroffen worden wäre – indiziere allerdings nicht automatisch ein schuldhaftes Verhalten. Die Eigenart des Fußballspiels als Kampfspiel fordere vom einzelnen Spieler oft Entscheidungen und Handlungen, bei denen er schnell Chancen abwägen und Risiken eingehen müsse, um dem Spielzweck erfolgreich Rechnung zu tragen, was im Rahmen des Schuldvorwurfes berücksichtigt werden müsse. Ein Schuldvorwurf sei daher nur berechtigt, wenn die durch den Spielzweck gebotene bzw. noch gerechtfertigte Härte die Grenze zur Unfairness überschreite. Solange sich das Verhalten des Spielers noch im Grenzbereich zwischen kampfbetonter Härte und unzulässiger Unfairness bewege, sei ein Verschulden trotz objektiven Regelverstoßes nicht gegeben. Bei Wettkämpfen mit beachtlichem Gefahrenpotential – wie dem Fußballspiel -, bei denen typischerweise auch bei Einhaltung der Regeln oder geringfügigen Regelverletzungen die Gefahr gegenseitiger Schädigung bestehe, sei insofern davon auszugehen, dass jeder Teilnehmer diejenigen Verletzungen selbst mit schwersten Folgen in Kauf nehme, die auch bei Ausübung nach den anerkannten Regeln der jeweiligen Sportart nicht zu vermeiden seien. Eine Haftung des Beklagten komme daher nur bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Regelwidrigkeit oder beim Überschreiten der Grenze zwischen noch gerechtfertigter Härte und unfairem Regelverstoß in Betracht.
Die Kammer hat zum Hergang des Vorfalls Beweis durch die Vernehmung von Zeugen, die bei dem Fußballspiel anwesend waren, sowie durch Anhörung der Parteien erhoben. Hierbei kam es zu unterschiedlichen Darstellungen des Vorfalls. Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme ist die Kammer zu dem Ergebnis gekommen, dass der erforderliche unfaire Regelverstoß nicht nachgewiesen worden sei. Insbesondere stehe nicht fest, dass es ein grobes unentschuldbares Foul gegeben habe, was zu Lasten des beweisbelasteten Klägers gehe. Auch die Schwere der Verletzung lasse keinen generellen Rückschluss auf ein grob fahrlässiges Einsteigen des Beklagten zu. Zudem habe auch der Schiedsrichter keine weitere Strafe für das Foul vergeben, was ein Anhaltspunkt dafür sei, dass kein grob von der Norm abweichendes regelwidriges Foul vorgelegen habe.