Das Landgericht Coburg hat mit Urteil vom 03.05.2019 zum Aktenzeichen 15 O 639/18 entschieden, dass ein Vermieter, der einen auf zehn Jahre angelegten Mietvertrag zu Unrecht vorzeitig kündigt, dem gekündigten Mieter Schadensersatz für die durch die Anmietung und Renovierung von Ersatzräumlichkeiten entstandenen Kosten leisten muss.
Aus der Pressemitteilung des LG Coburg Nr. 1/2020 vom 30.04.2020 ergibt sich:
Die Klägerin betreibt mit zwei angestellten Mitarbeitern eine Kinderbetreuung. Hierzu hatte sie vom Beklagten im Jahr 2015 für insgesamt zehn Jahre Räume angemietet. Die notwendigen Renovierungsarbeiten führte die Klägerin in Eigenregie durch und investierte insgesamt 15.000 Euro, die durch ein Darlehen finanziert wurden. Die Parteien hatten vereinbart, dass dieser Investitionsbetrag an die Klägerin über eine von 300 Euro auf 175 Euro reduzierte monatliche Miete zurückfließen soll. Im Jahr 2018 kündigte der Beklagte den Mietvertrag wegen eines Verkaufs der betroffenen Immobilie. Daraufhin mietete die Klägerin zu einem monatlichen Mietzins von 600 Euro Ersatzräumlichkeiten an, die wiederum für mehr als 20.000 Euro renoviert werden mussten. Weil die Kündigung des Beklagten unwirksam war, forderte die Klägerin Ersatz des ihr entstandenen Schadens, u.a. wegen des höheren Mietzinses und der in die neuen Räume investierten Renovierungskosten. Der Beklagte meinte, die Klägerin habe die Unwirksamkeit der Kündigung erkennen und sich vor Anmietung der Ersatzräume auch rechtlich beraten lassen müssen. Ein Schadensersatzanspruch stünde der Klägerin deshalb nicht zu.
Das LG Coburg hat der Klage weitestgehend stattgegeben und den Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt.
Nach Auffassung des Landgerichts hat der Beklagte durch die unwirksame Kündigung seine Pflichten als Vermieter gegenüber der Klägerin verletzt. Die ausgesprochene Kündigung war unwirksam. Wegen des zeitlich auf zehn Jahre befristeten Mietvertrages kam eine ordentliche Kündigung schon von vornherein nicht in Betracht. Für eine außerordentliche Kündigung lag kein wichtiger Grund vor. Der Verkauf des Mietobjekts genüge dafür jedenfalls nicht. Der Beklagte hatte in der Verhandlung außerdem zugegeben, von Anfang an gewusst zu haben, dass die Kündigung unwirksam war. Er sei deshalb der Klägerin zum Schadensersatz verpflichtet.
Das Landgericht setzte sich in seiner Entscheidung auch mit der Frage auseinander, ob die Klägerin ein Mitverschulden trifft und sie deshalb den Schaden teilweise selbst zu tragen hat. Die Voraussetzungen dafür seien hier jedoch nicht gegeben. Die Unwirksamkeit der erfolgten Kündigung lag für die Klägerin nicht erkennbar auf der Hand. Auch der im Gesetz verankerte Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete“ sei nicht allgemein bekannt. Vielmehr durfte die Klägerin, der auch von anderen Mietern des betroffenen Objekts der geplante Abriss und nachfolgend geplante Hotelneubau bestätigt worden waren, von der Wirksamkeit der Kündigung ausgehen. Gerade auch wegen der Auflagen des Jugendamtes für die von der Klägerin betriebene Kinderbetreuung durfte diese nach der Kündigung sogleich mit der Suche nach geeigneten Ersatzräumlichkeiten beginnen und diese anmieten. Vor allem weil der Beklagte den Mietvertrag gekündigt hatte, obwohl er sich der Unwirksamkeit der Kündigung bewusst war, kam ein Mitverschulden der Klägerin am erlittenen Schaden nicht in Betracht.
Die vom Beklagten gegen das Urteil des LG Coburg geführte Berufung blieb vor dem OLG Bamberg ohne Erfolg. Über ein gegen die Berufungsentscheidung des Oberlandesgerichts eingelegtes Rechtsmittel hat der BGH noch nicht entschieden.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.