Das Landgericht München I hat mit Urteil vom 17.12.2020 zum Aktenzeichen 20 O 2974/19 entschieden, dass die Vereinbarung einer Reitbeteiligung nicht grundsätzlich zu einem Haftungsausschluss für den Halter des Pferdes führt.
Aus der Pressemitteilung des LG München I Nr. 30/2020 vom 17.12.2020 ergibt sich:
Die Klägerin hatte eine Reitbeteiligung an der Araber-Schimmelstute mit Rufnamen Jashita. Das Pferd gehört der Beklagten. Am 24.04.2018 begab die klagende Reiterin sich zum Stall, um die Stute zu putzen. Während des Striegelns schlug die Stute plötzlich aus und verletzte die Reiterin am rechten Knie, Kreuzband und Innenband rissen. Die Reiterin hat mit ihrer Klage Ansprüche aus Tierhalterhaftung geltend gemacht: Schadenersatz (Kosten der medizinischen Versorgung sowie der Haushaltsführung und Schmerzensgeld) in Höhe von insgesamt ca. 20.000 Euro. Die Beklagte hat ihre Haftung verneint. Sie war der Auffassung, die Reiterin habe den Unfall selbst verschuldet. Die Stute habe ausgeschlagen, weil die Reiterin beim Striegeln eine Bremse auf dem Pferd entdeckt und nach dieser Bremse geschlagen habe. Hierdurch habe sich das Pferd erschreckt. Die Beklagte hat des Weiteren eingewandt, mit dem Abschluss des Reitbeteiligungsvertrags sei ein Haftungsausschluss zwischen ihr und der Reiterin vereinbart worden. Jedenfalls aber habe die Reiterin durch den Vertrag die Aufsicht über das Pferd übernommen, daher trage sie zumindest auch einen Teil der Verantwortung.
Das LG München I hat der Klage dem Grunde nach stattgegeben.
Das Landgericht hat einen Haftungsausschluss zwischen Halterin und Reitbeteiligung sowie ein mögliches Mitverschulden der verletzten Reiterin verneint. Ein nicht ausdrücklich im Vertrag geregelter Haftungsausschluss zwischen Pferdehalter und Reiter sei wegen der weitreichenden Konsequenzen nur im Ausnahmefall anzunehmen. Im konkreten Fall hätten die Parteien explizit vereinbart, dass die Reiterin als Reitbeteiligung in die Haftpflichtversicherung der Pferdehalterin mit aufgenommen werden sollte. Bereits dies spreche klar gegen einen Haftungsausschluss. Die nach dem Reitbeteiligungsvertrag vereinbarte Verpflichtung der Reiterin, eine Unfallversicherung für das Risiko „Reiten“ abzuschließen, spreche ebenfalls nicht für einen Haftungsausschluss auf Seiten der Pferdehalterin. Der Abschluss einer solchen Unfallversicherung sei auch neben der Halterhaftung sinnvoll.
Zudem habe der vom Landgericht gehörte Sachverständige ausgeführt, der von der Pferdehalterin vorgetragene Schlag der Reiterin auf die Kruppe des Pferdes sei mit dem konkreten Tritt des Tieres nicht in Einklang zu bringen. Das Pferd habe mit der linken Hintergliedmaße schräg nach vorne getreten, was keine zu erwartende Reaktion des Tieres auf einen etwaigen Schlag auf die Kruppe sei. Diesen Feststellungen des Sachverständigen ist das Landgericht vollumfänglich gefolgt. Ein Mitverschulden der Reiterin liege aus diesem Grund nicht vor.
Das Urteil des LG München I ist nicht rechtskräftig.
Zum Hintergrund: Da zwischen den Parteien streitig ist, welche Verletzungen im Einzelnen durch den Tritt des Pferdes verursacht wurden, ist zunächst ein Grundurteil ergangen. Ein Grundurteil bedeutet in diesem Fall, dass die Haftung zunächst dem Grunde nach durch das Gericht festgestellt wird. Dieses Urteil ist sodann im Wege der Berufung angreifbar. Sofern es rechtskräftig wird, folgt dann das sog. „Betragsverfahren“ bezüglich der Höhe des geltend gemachten Schadenersatzes bzw. Schmerzensgelds.