Das Amtsgericht Düren hat mit Urteil vom 20.12.2023 zum Aktenzeichen 41 C 33/23 in einem von Rechtsanwalt Dipl.-Jur. Jens Usebach LL.M. der Kölner Rechtsanwaltskanzlei JURA.CC vertretenen Fall entschieden, dass bei einer Rückwärtsfahrt auf dem Parkplatz der Rückwärtsfahrende 100 % des Schadens zu tragen hat.
Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 24.10.2022 in Düren.
Am 24.10.2022 um 16.00 Uhr fuhr die Beklagte zu 1) rückwärts auf dem Parkplatz und kollidierte dabei mit dem von der Zeugin geführten klägerischen Fahrzeug, die beabsichtigte aus einer Parklücke auf diesem Parkplatz rückwärts rauszufahren.
Mit Schreiben vom 16.01.2023 wurde ausgehend von einer 50 % Haftungsquote auf die Reparaturkosten eine Regulierung vorgenommen.
Der Kläger hat gegen die Beklagten zu 1) und 2) aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG einen Anspruch auf Zahlung.
Das klägerische Fahrzeug wurde bei Betrieb des von der Beklagten zu 1) geführten und von dem Beklagten zu 2) gehaltenen Fahrzeugs am 24.10.2022 beschädigt.
Für keinen der Parteien ist das streitgegenständliche Unfallgeschehen unvermeidbar nach § 17 Abs. 3 StVG gewesen. Das Gericht folgt insoweit den Ausführungen des Sachverständigen, wonach das Unfallgeschehen hätte vermieden werden können, wenn beide unfallbeteiligte Fahrzeugführerinnen des jeweiligen Pkw unmittelbar vor der Kollisionsstelle angehalten hätten, weil sich dann weder die Kollision der unfallbeteilgten Fahrzeuge, noch das fragliche Geschehen allgemein ereignet hätte. Ein Idealfahrer sowohl im Kläger- als auch im Beklagtenfahrzeug hätte angehalten, wenn er die die Rückwärtsfahrt des jeweils anderen wahrgenommen hätte. In diesem Fall wäre das streitgegenständliche Unfallgeschehen vermieden worden.
Nachdem keine der Parteien eine Unabwendbarkeit der Kollision gemäß § 17 Abs. 3 StVG für sich in Anspruch nehmen kann, richtet sich die Haftung der Parteien nach § 17 Abs. 1, 2 StVG. Innerhalb der in diesem Rahmen vorzunehmenden Abwägung der wechselseitigen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge sind lediglich festgestellte – mithin unstreitige, zugestandene oder gemäß § 286 ZPO bewiesenen – Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, wenn sich diese auf den Unfall ausgewirkt haben. In erster Linie ist hierbei das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensverursachung beigetragen haben. Jede Seite hat dabei grundsätzlich die Umstände zu beweisen, die der anderen zum Verschulden gereichen und aus denen sie für die nach § 17 Abs. 1 StVG vorzunehmende Abwägung für sich günstige Rechtsfolgen herleiten will (vgl. etwa BGH v. 13.02.1996 – VI ZR 126/95, NZV 1996, 231).
Der Beklagten zu 1) ist Verkehrsverstoß nach § 9 Abs. 5 StVO anzulasten. Im Wege des Anscheinsbeweises wird vermutet, dass der Rückwärtsfahrende den gesetzlichen Sorgfaltspflichten nicht nachgekommen ist, wenn der Rückwärtsfahrende mit einem anderen Fahrzeug kollidiert ist (vgl. BGH, Urteil vom 26.01.2016, Az: VI ZR 179/15, zitiert nach juris Rn. 11). Unstreitig kollidierte das von der Beklagten zu 1) geführte Fahrzeug mit dem klägerischen Fahrzeug, während sich das Beklagtenfahrzeug in Rückwärtsbewegung befunden hat. Gegen die Beklagten streitet mithin ein Anscheinsbeweis für die Unfallverursachung.
Dagegen ist der Beklagten zu 1) und dem Beklagten zu 2) nicht gelungen zur vollen Überzeugung des Gerichts einen Verkehrsverstoß der Zeugin Bentlage-Kaczmarek nach § 9 Abs. 5 StVO nachzuweisen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat das Gericht Zweifel daran, ob die Zeugin Bentlage-Kaczmarek im Zeitpunkt des Kollisionsgeschehens sich ebenfalls in Rückwährtsbewegung befunden hat. Die Beklagte zu 1) hat im Rahmen ihrer informatorischen Anhörung angeben, dass sie das klägerische Fahrzeug erstmalig wahrgenommen habe, als es zum Aufprall gekommen sei. Angaben zum Fahrverhalten des klägerischen Fahrzeugs vor der Kollision konnte sie nicht machen. Die Zeugin Bentlage-Kaczmarek hat angegeben, dass sie zum Zeitpunkt des Aufpralls gestanden habe. In seinem Gutachten vom 18.11.2023 konnte der Sachverständige Dr. Potuschnik nicht ausschließen, dass das klägerische Fahrzeug gestanden habe. Er hielt es zwar ebenfalls für möglich, dass das klägerische Fahrzeug in Bewegung gewesen sei, da jedoch die Beklagten zu 1) und 2) darlegungs- und beweisbelastet für einen Verkehrsverstoß der Zeugin Bentlage-Kaczmarek sind, geht der Umstand, dass die Zeugin Bentlage-Kaczmarek zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens möglicherweise gestanden habe, zu ihren Lasten.
Im Rahmen der Abwägung ist auf Seiten der des Klägers eine Betriebsgefahr zu berücksichtigen, die jedoch wegen der Schwere des Verkehrsverstoßes der Beklagten zu 1) vollständig zurücktritt, sodass die Beklagten zu 1) und 2) die alleinige Verantwortung für das Unfallgeschehen tragen. Das Gericht folgt insoweit den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Dr. Potuschnik in seinem Gutachten vom 18.11.2023, wonach sich das Kollisionsgeschehen aufgrund der 8
Rückwährtsfahrt des Beklagtenfahrzeugs sich auch zugetragen hätte, wenn die Zeugin Bentlage-Kaczmarek angehalten hätte. Damit überwiegt jedenfalls das Verschulden der Beklagten zu 1) die vom klägerischen Fahrzeug ausgehende Betriebsgefahr.
Nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB hat der Schädiger den Zustand wiederherzustellen, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde. Zu den erforderlichen Kosten der Schadensbeseitigung zählen die unfallbedingt erforderlichen Reparaturkosten.