Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 27.06.2019 zum Aktenzeichen 2 KSt 1.19 entschieden, dass Reisekosten eines Verfahrensbeteiligten in Gestalt von Fahrkarten der Deutschen Bahn im sog. „Flexpreis“-Tarif stets erstattungsfähig i.S.v. § 162 Abs. 1 VwGO sind. Die Pflicht, die notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung so niedrig wie möglich zu halten, führt nicht dazu, dass der Erstattungsanspruch auf den Betrag eines eventuellen Sparangebots („Super-Sparpreis“) reduziert wäre.
Reisekosten der Beteiligten, auch des Behördenvertreters, für die Teilnahme am Termin der mündlichen Verhandlung sind regelmäßig erstattungsfähig. Dies gilt auch dann, wenn das persönliche Erscheinen des Beteiligten nicht vom Gericht angeordnet worden ist.
Die Höhe der zu erstattenden Auslagen der Beteiligten, insbesondere welches Beförderungsmittel und in welcher Höhe dessen Kosten als notwendig anzuerkennen sind, ist in der Verwaltungsgerichtsordnung nicht geregelt. Unabhängig davon, ob sich die Reisekostenerstattung nach § 173 VwGO, § 91 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 ZPO i.V.m. § 9 Abs. 3 Satz 1 des früheren Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen – ZSEG bzw. nunmehr i.V.m. § 5 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes – JVEG – oder nach den §§ 3 und 4 des Bundesreisekostengesetzes – BRKG – bzw. nach dem jeweiligen Landesreisekostengesetz richtet, hat die Beklagte im vorliegenden Fall Anspruch auf volle Erstattung der beantragten Reisekosten für die Fahrkarten der Deutschen Bahn (§ 4 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 BRKG bzw. § 5 Abs. 1 JVEG). Nach allen Rechtsgrundlagen werden notwendige Kosten, die für Fahrten auf dem Land- oder Wasserweg mit regelmäßig verkehrenden Beförderungsmitteln entstanden sind, erstattet. Während für Bahnfahrten – wie hier – von einer Dauer von mindestens zwei Stunden nach dem Bundesreisekostengesetz die entstandenen Fahrtkosten der nächsthöheren Klasse erstattet werden können (§ 4 Abs. 1 BRKG), sieht § 5 Abs. 1 JVEG die Erstattung der tatsächlich entstandenen Auslagen bis zur Höhe der entsprechenden Kosten für die Benutzung der ersten Wagenklasse der Bahn einschließlich der Auslagen für Platzreservierung und Beförderung des notwendigen Gepäcks vor. Mögliche Fahrpreisermäßigungen sind nach dem Gesetzeswortlaut ausdrücklich nur nach dem Bundesreisekostenrecht zu berücksichtigen (§ 4 Abs. 2 Satz 1 BRKG).
Daraus folgt u.a., dass die Beteiligten gehalten sind, die Wahrnehmung von Gerichtsterminen rechtzeitig unter der Berücksichtigung konkreter Einsparmöglichkeiten zu planen und durchzuführen. Dem genügt es indes, bei der Buchung von Bahntickets auf die von der Deutschen Bahn AG angebotenen sog. Flexpreistickets zuzugreifen. Entgegen den Ausführungen des angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschlusses muss sich ein Beteiligter nicht auf die oft wechselnden „Super-Sparpreis-Fahrkarten“ der Deutschen Bahn AG verweisen lassen. Denn berechtigte Interessen eines Beteiligten müssen nicht hinter Kostenerwägungen zurücktreten. Zu den berechtigten Interessen jedes Verfahrensbeteiligten gehört es, orientiert an einem abstrakt-generalisierenden Maßstab unabhängig vom konkreten Einzelfall, ohne zeitliche Zugbindungen zu einem Gerichtstermin an- und danach wieder abzureisen. Für die Abreise ergibt sich dies schon aus dem Umstand, dass die zeitliche Dauer eines Gerichtstermins nicht vorab sicher voraussehbar ist, sodass die Wahl eines Sparangebots mit fester Zugbindung zu einem bestimmten Zeitpunkt ausgeschlossen ist. Aber auch für die Anreise zu einem Gerichtstermin mit einem regelmäßig verkehrenden Beförderungsmittel – hier der Bahn – darf jeder Beteiligte sein berechtigtes Interesse verfolgen und die zur vollen Wahrnehmung seiner Belange erforderlichen Schritte tun. Ihn trifft lediglich die Obliegenheit, unter mehreren gleichgearteten Maßnahmen die kostengünstigere auszuwählen. Flexpreistickets und „Super-Spar-Angebote“ der Deutschen Bahn sind aber nicht gleichartig und auch nur bedingt gleichwertig, weil die Sparangebote den Reisenden von vornherein in der Wahl des Beförderungsmittels einschränken.
Darüber hinaus folgt im Fall unvorhergesehener kurzfristiger Terminsaufhebungen durch das Gericht bei der Inanspruchnahme von Sparangeboten der Deutschen Bahn mit Zugbindung, dass diese – anders als Flexpreistickets – nicht stornier- und umtauschbar sind. Sie können sich im Ergebnis mithin als teurere Variante darstellen, weil sowohl das nicht umtauschbare Ticket für den aufgehobenen Gerichtstermin als auch die weitere Fahrkarte für den neuen Gerichtstermin als notwendige Reisekosten nach § 4 Abs. 1 Satz 2 BRKG oder § 5 Abs. 1 JVEG erstattungsfähig wären.
Schließlich ist die aus § 4 Abs. 2 Satz 1 BRKG folgende Pflicht zur Berücksichtigung – nicht zur Beachtung – sparsamer Reisemöglichkeiten (das „wie“ der Reise) stets in Zusammenschau mit dem Grundsatz der Erstattungspflicht für die „dienstlich veranlassten notwendigen Reisekosten“ (§ 3 Abs. 1 Satz 1 BRKG, das „ob“ der Reise) zu sehen. Erstattet werden müssen also notwendige Aufwendungen, sodass auch für die beantragten Reisekosten des Behördenvertreters zu einem Gerichtstermin nur die Geeignetheit und Erforderlichkeit zu prüfen sind; für Angemessenheitserwägungen hingegen ist hier kein Raum.
An diesem Maßstab orientiert sind die von der Beklagten geltend gemachten Reisekosten für Bahnreisen auf „Flexpreis“-Basis notwendig. Planung und Durchführung von An- und Abreise von Verfahrensbeteiligten und ihren Vertretern zu einem Gerichtstermin haben bezogen auf das Ziel einer effektiven Rechtsschutzgewährung eine nur dienende Funktion. Diese Funktion schließt eine Obliegenheit der Beteiligten zur „Jagd nach Fahrpreis-Schnäppchen“ aus. Damit sind auf „Flexpreis“-Grundlage der Deutschen Bahn AG entstandene Bahnreisekosten eines Verfahrensbeteiligten oder seines Vertreters stets als notwendig und damit als voll erstattungsfähig anzuerkennen.