Weit auseinander gingen die Ansichten der Sachverständigen von Mieter- und Vermieterverbänden in der öffentlichen Anhörung über einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform des Mietspiegelrechts (BT-Drs. 19/26918 – PDF, 759 KB) am 19.05.2021 im Rechtsausschuss.
Aus hib – heute im bundestag Nr. 680 vom 20.05.2021 ergibt sich:
In der vom stellvertretenden Vorsitzenden Heribert Hirte (CDU) geleiteten Sitzung betonten beide Seiten die Notwendigkeit von Mietspiegeln. Die einen hielten das geplante Mietspiegelreformgesetz (MsRG) aber für nicht weitgehend genug, und die anderen teilweise für schädlich. Mit dem Entwurf soll die Rechtssicherheit von Mietspiegeln gestärkt werden.
Der Präsident des GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, Axel Gedaschko, sprach sich in seiner schriftlichen Stellungnahme für den Erhalt der Befriedungsfunktion von Mietspiegeln, aber gegen eine politische Steuerung der ortsüblichen Vergleichsmiete und ihrer Begründungsmittel aus. Die vorgesehene Verlängerung des Bindungszeitraums von zwei auf drei Jahre bestrafe den sozial verantwortlich handelnden Vermieter und sei eine Investitionsbremse – auch beim Klimaschutz. Sie konterkariere die ansonsten mit dem Gesetz gewonnene Rechtssicherheit.
Jürgen Michael Schick, Präsident des Immobilienverbands Deutschland, verwies auf das berechtigte Bedürfnis, das Vertrauen in die Mietspiegel zu stärken. Spätestens seit Einführung der Mietpreisbremse sei dieses Bedürfnis noch größer geworden, da diese an die ortsübliche Vergleichsmiete anknüpfe. Der vorliegende Gesetzentwurf enthalte gute Lösungsansätze, die weiterverfolgt werden sollten. Dies gelte insbesondere für die Auskunftspflichten. So werde auch der Diskussion um eine weitere Verlängerung des Betrachtungszeitraumes zur Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete, die mit einer Verbreiterung der Datenbasis begründet wird, der Boden entzogen. Schick sprach sich gegen die Entwurf vorgesehene Mietspiegelverordnung aus, denn sie berge die Gefahr, dass sie für politische Zwecke missbraucht werde.
Kai Warnecke Präsident von Haus & Grund Deutschland – Zentralverband der Deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer, erklärte, Mietspiegel lebten vom Vertrauen der Mieter und Vermieter, dass die in ihnen ausgewiesenen Entgelte die aktuelle ortsübliche Vergleichsmiete darstellen. Dadurch könnten sie befriedende Wirkung entfalten. Dieses Ziel verfolge auch der Gesetzgeber mit dem vorgelegten Entwurf. Anders als der Gesetzgeber meine, werde dieses Ziel nicht dadurch erreicht, dass qualifizierte Mietspiegel durch gesetzliche Maßnahmen rechtssicherer gestaltet werden. Es bestehe kein Regelungserfordernis, denn der Bundesgerichtshof habe die Frage der Rechtssicherheit mit zwei Urteilen (VIII ZR 45/19, VIII ZR 123/20) vollständig geklärt.
Der Deutsche Mieterbund unterstütze das Anliegen, die Rechtssicherheit qualifizierter Mietspiegel zu stärken und die Verbreitung von Mietspiegeln generell zu fördern, erklärte dessen Präsident Lukas Siebenkotten. Die vorgesehenen Maßnahmen seien jedoch nicht weitreichend genug. So müssten alle Mieten in die ortsübliche Vergleichsmiete einbezogen werden, für Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern und bei Geltung der Mietpreisbremse sollte es eine Mietspiegelpflicht geben, und die Beschränkung der Begründungsmittel bei Mieterhöhungen sollte beibehalten werden. Unterstützt werde auch die Verlängerung des Geltungszeitraums von Mietspiegeln.
Melanie Weber-Moritz vom Deutschen Mieterbund bezeichnete den Mietspiegel als das wichtigste Instrument zur Abbildung der ortsüblichen Vergleichsmiete.Anders als in dem ebenfalls auf der Tagesordnung stehenden Antrag der FDP-Fraktion (19/15264) dargestellt, sei es nicht Sinn der ortsüblichen Vergleichsmiete, so Weber-Moritz, bestmöglich die realen Marktmieten darzustellen. Sie für eine möglichst schnelle Umsetzung von Marktentwicklungen zu instrumentalisieren, wie es mit dem Antrag geschieht, sei verfehlt.
Der Geschäftsführer des Berliner Mieterverein, Reiner Wild, begrüßte, dass die Bundesregierung die Angriffsmöglichkeiten auf die Mietspiegel reduzieren und den Mietern und Mieterinnen ein geeigneteres Kontrollinstrument zur Seite stellen will. Allerdings bezweifle der Mieterverein, dass dies mit dem vorliegenden Gesetzentwurf gelingen kann. Zwei zentrale Problempunkte bleiben Wild zufolge auch mit dem vorliegenden Entwurf: Die Beweislast über die Qualifiziertheit des Mietspiegels bei den Mietern und die uneingeschränkte freie richterliche Beweisführung, die trotz der Vermutungswirkungen die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete mittels Gutachten ermögliche.
Aus der Sicht von Sebastian Klöppel vom Deutschen Städtetag sollen die im Entwurf des Mietspiegelreformgesetzes aufgeführten Neuregelungen durch die Definition von Standards, insbesondere für qualifizierte Mietspiegel, zu mehr Rechtssicherheit und Akzeptanz führen. Für die Kommunen solle die Erstellung gerade im Bereich der Datenerhebung deutlich erleichtert werden und die damit verbundenen Kosten senken. Der Deutsche Städtetag begrüße die Zielsetzungen des Entwurfs ausdrücklich, erklärte Klöppel. Einige zentrale Reformnotwendigkeiten im Mietspiegelrecht würden in angemessener Weise berücksichtigt.
Steffen Sebastian von der Universität Regensburg erklärte, die geplante Reform des Mietspiegelrechts sei dringend erforderlich und sollte zügig umgesetzt werden. Die Auskunftspflicht bei den Erhebungen zum Mietspiegel markiere einen Quantensprung für die Steigerung der Datenqualität. Allerdings gebe es bei der Reform noch substanziellen Nachbesserungsbedarf, so bei der Unabhängigkeit der Mietspiegelerstellung und der Sachkunde der Mietspiegelersteller.