Rechtswahlklausel einer Fluggesellschaft ist rechtswidrig

01. März 2021 -

Das Landgericht Köln hat mit Teilurteil vom 17.07.2020 zum Aktenzeichen 25 O 212/19 entschieden, dass die Rechtswahlklausel in AGB einer ausländischen Fluggesellschaft rechtswidrig ist.

Die Fluggesellschaft kann sich auch auf die im deutschen Recht fußende Rechtsgrundlage berufen. Denn die Anwendung irischen Rechts ist – auch wenn die von der Beklagten behaupteten Klauseln Teil der geschlossenen Verträge gewesen sein sollten – nicht wirksam vereinbart worden. Die Wirksamkeit der Rechtswahlabrede gem. Art. 3 Abs. 5 i. V. m. Art. 10 Abs. 1 Rom I-VO ist zwar nach irischen Recht zu beurteilen. Zum Kontrollmaßstab zählen aber auch die der Umsetzung der Klausel-RL dienenden Vorschriften, welche richtlinienkonform auszulegen sind.

Die Rechtswahlklausel ist intransparent und irreführend und daher rechtsmissbräuchlich im Sinne von Art. 3 Abs. 1 EWG-RL 93/13 (Klausel-RL) und somit unwirksam.

Die Klausel ist irreführend, sofern sie glauben machen will, dass neben den einschlägigen Gesetzen lediglich das Übereinkommen von Montreal aus dem Jahr 1999 der Wahl irischen Rechts entgegenstehen könnte, nicht aber die Verordnung (EG) 261/2004. Unter Art. 1 ihrer ABB nimmt die Beklagte Begriffsbestimmungen vor. Dort definiert sie den Begriff „Übereinkommen“ dahingehend, dass hiermit das Übereinkommen von Montreal aus dem Jahr 1999 gemeint ist. Weitere Bestimmungen des Begriffs „Übereinkommen“ finden sich in den ABB nicht, insbesondere wird die Verordnung (EG) 261/2004 (FluggastrechteVO) in keiner anderen Klausel der ABB als „Übereinkommen“ bezeichnet. Auch aus Sicht des Verbrauchers liegt es fern, unter „Übereinkommen“ die Verordnung (EG) 261/2004 zu verstehen, bei der es sich um einen unmittelbar geltenden europäischen Rechtsakt und nicht – wie bei einem Übereinkommen – um einen völkerrechtlichen Vertrag handelt.

Den Begriff der „einschlägigen Gesetze“ definiert die Beklagte in ihren ABB begrifflich nicht. Vielmehr erwähnt die Beklagte in bestimmten Klauseln den Begriff der Verordnung (EG) 261/2004 ausdrücklich (Art. 9.2.1), während sie in anderen Klauseln wiederum von anwendbaren Gesetzen (Art. 13.1.1) spricht. Daher ist es aus Sicht eines Verbrauches fernliegend, unter „einschlägige Gesetze“ auch die Verordnung (EG) 261/2004 zu verstehen. Gerade bei dieser Verordnung handelt es sich um den zentralen Baustein des Europäischen Gesetzgebers im Bereich des Kundenschutzes, welcher das Montrealer Übereinkommen flankiert; es handelt sich um Einheitsrecht, welches neben das Montrealer Übereinkommen tritt und gleichermaßen das gewählte irische Recht verdrängen bzw. überlagern kann (Staudinger, JM 2019, 136). Das Verschweigen der Beklagten in der entsprechenden Klausel, dass der Inhalt dieser Verordnung dem gewählten irischen Recht entgegenstehen könnte, führt zu einer Irreführung der Verbraucher und macht die Klausel daher unwirksam.

Die Klausel ist auch intransparent, da für den Verbraucher unklar bleibt, was unter dem verwendeten Begriff der „einschlägige[n] Gesetze“ zu verstehen ist. Für den Verbraucher ergibt sich daher die Schwierigkeit herauszufinden, was mit dem Begriff Gesetz gemeint ist und welche Gesetze hier einschlägig sein könnten. So mag ein durchschnittlicher Leser mit Lebensmittelpunkt in Deutschland das Klauselwerk in hiesiger Sprache so verstehen, dass es sich um deutsche Rechtsvorschriften handeln müsse. Die Wahl des irischen Rechts könnte hingegen darauf hindeuten, die Formularabrede beziehe sich auf einschlägige Normen von Irland. Vor allem ist für einen juristischen Laien nicht erkennbar, woraus sich ergeben soll, ob bestimmte Gesetze eines Landes einschlägig sind oder nicht.