Rechtsanwalt muss auch mit Zahnschmerzen im Gericht anrufen

27. November 2024 -

Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 23.10.2024 zum Aktenzeichen V ZB 50/23 entschieden, dass ein Rechtsanwalt, der aufgrund von Zahnschmerzen einen Gerichtstermin nicht wahrnehmen kann, verpflichtet ist, sich beim Gericht telefonisch zu entschuldigen.

Ein Anwalt wurde von seinen Mandanten in einer wichtigen Grundstücksangelegenheit beauftragt. Leider hatte er bereits beim Landgericht ein Versäumnisurteil erhalten und verpasste dann auch den Termin für den Einspruch gegen dieses Urteil. Die Mandanten legten gegen das zweite Versäumnisurteil Berufung ein.

Als Verteidigung führten die Mandanten an, dass der Anwalt am Tag des Gerichtstermins starke Zahnschmerzen und Kopfschmerzen hatte. Trotz der Einnahme von Schmerztabletten musste er einen Arzt aufsuchen. Er versuchte, einen Kollegen zu bitten, den Gerichtstermin wahrzunehmen, konnte ihn aber nicht erreichen, da er sich bereits sehr benommen fühlte.

Nachdem ihn ein Taxi zum Zahnarzt gebracht hatte, erhielt er eine schmerzlindernde Spritze und wurde am Weisheitszahn behandelt, wobei er zusätzlich Schmerzmittel erhielt. Nach der Behandlung brachte ihn das Taxi zurück nach Hause. Aufgrund der starken Schmerzmittel hatte er den Gerichtstermin komplett vergessen, obwohl er eigentlich geplant hatte, pünktlich zum Termin zu erscheinen.

Das Oberlandesgericht hatte kein Verständnis für die Versäumnisse des Anwalts und wies die Berufung der Mandanten als unzulässig zurück. Die Tatsache, dass der Anwalt ein Taxi für den Arztbesuch rufen konnte, führte dazu, dass der Bundesgerichtshof eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ablehnte. Es wurde argumentiert, dass wenn er in der Lage war, sich zum Arzt zu begeben, er auch die Möglichkeit gehabt hätte, das Gericht über seine Verhinderung zu informieren. Dies führte letztendlich dazu, dass die Berufung abgewiesen wurde.

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs wies die Rechtsbeschwerde der Klienten in seinem Beschluss vom 23.10.2024 (Aktenzeichen V ZB 50/23) als unzulässig zurück. Die Richterinnen und Richter in Karlsruhe kritisierten den Anwalt der Klienten, da er es versäumt hatte, das Landgericht telefonisch über seine krankheitsbedingte Verhandlungsunfähigkeit zu informieren. Sie argumentierten, dass angesichts der starken Schmerzen und der Notwendigkeit der Einnahme von Schmerzmitteln die Annahme völlig unrealistisch sei, dass er es rechtzeitig zum Verhandlungstermin um 11.30 Uhr schaffen könne.

Der BGH stimmte der Auffassung des Oberlandesgerichts zu, dass es für den Anwalt trotz seiner Schmerzen und der Medikamenteneinnahme zumutbar gewesen wäre und keinesfalls überobligatorisch gewesen wäre, das Landgericht zu informieren. Anstatt einen Kollegen zu kontaktieren, hätte er unverzüglich das LG benachrichtigen müssen – dann hätte das Gericht den Termin verschieben können. Der Anruf beim Gericht erforderte keinerlei zusätzliche Anstrengung im Vergleich zum Anruf bei einem Kollegen. Darüber hinaus wäre es dem Anwalt durchaus möglich gewesen, ein Taxi zu rufen, um zum Arzt zu gelangen.