Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 19.09.2022 zum Aktenzeichen XI ZB 14/22 entschieden, dass die Überprüfung der ordnungsgemäßen Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) die Kontrolle erfordert, ob sich die erhaltene automatisierte Eingangsbestätigung gemäß § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO auf die Datei mit dem betreffenden Schriftsatz bezieht.
Am 13. Januar 2022 ist aus dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (nachfolgend: beA) des Prozessbevollmächtigten der Klägerin bei dem Berufungsgericht eine Nachricht eingegangen, der kein pdf-Dokument als Anhang beigefügt war. Am 14. Januar 2022 ist eine elektronische Nachricht aus dem beA des Klägervertreters mit der Berufungsbegründung vom 13. Januar 2022 (Dateiname: „Scan 0178.pdf“) als Anhang bei dem Berufungsgericht eingegangen.
Nach einem Hinweis des Berufungsgerichts auf den verspäteten Eingang der Berufungsbegründung hat die Klägerin mit am 2. Februar 2022 eingegangenem Schriftsatz behauptet, die Berufungsbegründung sei am 13. Januar 2022 an das Berufungsgericht übermittelt worden, und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, ihr Prozessbevollmächtigter habe am 13. Januar 2022 anhand der Angaben am Ende des Prüfprotokolls unter der Überschrift „Zusammenfassung Prüfprotokoll“ zu Übermittlungscode, Meldungstext und Status überprüft, dass die Übermittlung erfolgreich gewesen sei.
Mit dem angefochtenen Beschluss (OLG München, Beschluss vom 23. März 2022 – 5 U 8161/21, juris) hat das Berufungsgericht die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen, weil die Berufungsbegründung nicht vor Ablauf des 13. Januar 2022 eingereicht worden sei und die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist nicht vorlägen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genüge ein Rechtsanwalt seiner Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle bei der Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes per Telefax nur dann, wenn er anhand des Sendeprotokolls überprüfe oder durch eine zuverlässige Kanzleikraft überprüfen lasse, ob die Übermittlung vollständig und an den richtigen Empfänger erfolgt sei. Gleiches gelte für die Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes per beA an das Gericht. Die Überprüfung der ordnungsgemäßen Übermittlung erfordere dabei die Kontrolle, ob die Bestätigung des Eingangs des elektronischen Dokuments bei Gericht nach § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO erteilt worden sei. Diese Eingangsbestätigung beziehe sich nicht auf die elektronische beA-Nachricht, sondern auf das elektronische Dokument im Sinne von § 130a Abs. 1 ZPO, also etwa einen Schriftsatz und seine Anlagen. Hier bestätige das von dem Kläger für den 13. Januar 2022 vorgelegte Prüfprotokoll nur den Eingang der Nachricht und gerade nicht den Eingang der Berufungsbegründung beim Berufungsgericht, weil darin kein Anhang mit der Bezeichnung „Scan 0178.pdf“ aufgeführt sei. Daher hätte der Klägervertreter Zweifel am Eingang der Berufungsbegründung haben müssen, wenn er anhand des Prüfprotokolls kontrolliert hätte, ob seiner elektronischen Nachricht, deren Eingang bestätigt worden sei, die Datei mit der Berufungsbegründung angehängt gewesen sei und ob diese ebenfalls bei Gericht eingegangen sei. Da die Anwaltschaft seit jeher angehalten sei, zu prüfen oder prüfen zu lassen, ob elektronisch versandte Schriftsätze komplett angekommen seien, sei das Fristversäumnis verschuldet und könne nicht damit entschuldigt werden, dass die aktive Nutzungspflicht für das beA erst seit dem 1. Januar 2022 bestehe.
Die anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs per beA entsprechen denen bei Übersendung von Schriftsätzen per Telefax. Auch hier ist es unerlässlich, den Versandvorgang zu überprüfen. Die Überprüfung der ordnungsgemäßen Übermittlung erfordert dabei die Kontrolle, ob die Bestätigung des Eingangs des elektronischen Dokuments bei Gericht nach § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO erteilt wurde. Die Eingangsbestätigung soll dem Absender unmittelbar und ohne weiteres Eingreifen eines Justizbediensteten Gewissheit darüber verschaffen, ob die Übermittlung an das Gericht erfolgreich war oder ob weitere Bemühungen zur erfolgreichen Übermittlung des elektronischen Dokuments erforderlich sind. Hat der Rechtsanwalt eine Eingangsbestätigung nach § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO erhalten, besteht Sicherheit darüber, dass der Sendevorgang erfolgreich war. Bleibt sie dagegen aus, muss dies den Rechtsanwalt zur Überprüfung und gegebenenfalls erneuten Übermittlung veranlassen (BGH, Beschlüsse vom 11. Mai 2021 – VIII ZB 9/20, NJW 2021, 2201 Rn. 21 ff., 46 ff., vom 29. September 2021 – VII ZR 94/21, NJW 2021, 3471 Rn. 12 und vom 24. Mai 2022 – XI ZB 18/21, NJW-RR 2022, 1069 Rn. 10 f.; BAG, Beschluss vom 7. August 2019 – 5 AZB 16/19, BAGE 167, 221 Rn. 20).
Daher darf von einer erfolgreichen Übermittlung eines Schriftsatzes an das Gericht nicht ausgegangen werden, wenn in der Eingangsbestätigung in der Nachrichtenansicht der beA-Webanwendung oder in der Exportdatei in dem Abschnitt „Zusammenfassung Prüfprotokoll“ nicht als Meldetext „request executed“ und als Übermittlungsstatus „erfolgreich“ angezeigt wird (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. Mai 2021 – VIII ZB 9/20, NJW 2021, 2201 Rn. 33, 50 f., vom 8. März 2022 – VI ZB 25/20, WM 2022, 989 Rn. 13 f. und vom 24. Mai 2022 – XI ZB 18/21, NJW-RR 2022, 1069 Rn. 11 f.).
Allerdings ist für das Vorliegen einer Eingangsbestätigung gemäß § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO auch erforderlich, dass gerade der Eingang des elektronischen Dokuments im Sinne von § 130a Abs. 1 ZPO, das übermittelt werden sollte, hier also der Berufungsbegründung, bestätigt wird. Die Bestätigung der Versendung irgendeiner Nachricht oder irgendeines Schriftsatzes genügt nicht. Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof in Bezug auf die abendliche Ausgangskontrolle des elektronischen Postfachs bereits entschieden, dass es jedenfalls nicht genügt, dass die Feststellung der Versendung irgendeines Schriftsatzes mit dem passenden Aktenzeichen erfolgt, sondern anhand des zuvor sinnvoll vergebenen Dateinamens auch zu prüfen ist, welcher Art der Schriftsatz war (BGH, Beschluss vom 17. März 2020 – VI ZB 99/19, NJW 2020, 1809 Rn. 16).
Deshalb reicht es nach der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze mittels beA für die erforderliche Überprüfung, ob die Übermittlung vollständig und an den richtigen Empfänger erfolgt ist (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Mai 2021 – VIII ZB 9/20, NJW 2021, 2201 Rn. 46), nicht aus, die angezeigte Eingangsbestätigung daraufhin zu kontrollieren, ob als Meldetext „request executed“ und als Übermittlungsstatus „erfolgreich“ angezeigt wird. Vielmehr ist anhand des zuvor vergebenen Dateinamens auch zu prüfen, ob sich diese Meldung auf die Datei mit dem Schriftsatz bezieht, dessen Übermittlung erfolgen sollte (vgl. RhPfVerfGH, NJW 2020, 604 Rn. 8; OLG Dresden, NJW 2021, 2665 Rn. 8). Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist diese Kontrolle nicht nur anhand der Angaben in dem Abschnitt „Zusammenfassung und Struktur“, Unterpunkt „Inhaltsdatencontainer“, des Prüfprotokolls möglich. Denn die übersandten Dateien sind sowohl in der Nachrichtenansicht der beA-Webanwendung als auch in der Exportdatei (dort unter der Überschrift „Anhänge“) mit „Dateiname“, „Bezeichnung“, „Anhangstyp“ und „Größe“ jeweils oberhalb des Meldetextes aufgeführt (vgl. https://portal.beasupport.de/neuigkeiten/nachweis-ueber-den-zugang-von-nachrichten-bei-gerichten-stellungnahme-der-brak; BRAK beA-Newsletter 31/2019, „Wo findet man Eingangsbestätigung, Prüf- und Übermittlungsprotokoll?“, abrufbar über das beA-Newsletter Archiv unter www.brak.de/bea-newsletter/; zuletzt abgerufen am 20. September 2022; jurisPK-ERV/H. Müller, 2. Aufl., § 130a ZPO (Stand: 1. September 2022) Rn. 339 ff., 412, 423 ff.; BGH, Beschlüsse vom 8. März 2022 – VI ZB 25/20, WM 2022, 989 Rn. 12 f. und vom 24. Mai 2022 – XI ZB 18/21, NJW-RR 2022, 1069 Rn. 11).
Die nach dieser Rechtsprechung geforderten Sorgfaltspflichten, von denen auch das Berufungsgericht ausgegangen ist, hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin nicht erfüllt. Denn nach deren eigenem Vortrag hat er das vom Berufungsgericht erhaltene Prüfprotokoll am 13. Januar 2022 nur hinsichtlich der Angaben in dem Abschnitt „Zusammenfassung Prüfprotokoll“ überprüft, nicht aber im Hinblick auf die mit der Nachricht übermittelten Anhänge.
Das Unterlassen dieser gebotenen Kontrolle kann als Ursache für die Fristversäumnis nicht ausgeschlossen werden (vgl. Senatsbeschluss vom 6. Oktober 2020 – XI ZB 17/19, juris Rn. 12 mwN). Hätte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin auch die Liste der übermittelten Anhänge kontrolliert, wäre ihm bereits am 13. Januar 2022 aufgefallen, dass nur der Eingang der Datei „xjustiz nachricht.xml“ (ohne Bezeichnung, Anhangstyp „Strukturdatensatz“) bestätigt worden ist, während die Berufungsbegründung mit dem Dateinamen „Scan 0178.pdf“ nicht erwähnt wird und damit hinsichtlich dieses Schriftsatzes keine Eingangsbestätigung gemäß § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO erteilt worden ist. Dann hätte er noch am gleichen Tag, gegebenenfalls mit Unterstützung des nach dem Vortrag der Klägerin bis 20 Uhr erreichbaren beA-Supports, einen erneuten Versuch der Übertragung vornehmen können (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Mai 2021 – VIII ZB 9/20, NJW 2021, 2201 Rn. 54).