Das Amtsgericht Hechingen hat mit Urteil vom 13.03.2019 zum Aktenzeichen 6 C 233/18 entschieden, dass auch ein Vorfahrtsberechtigter in eine Rechts-vor-links-Kreuzung nur so schnell einfahren darf, dass er gegebenenfalls selbst Vorfahrt gewähren kann und bei einem Unfall zu 25% haften kann, wenn er zu schnell in die Kreuzung gefahren und diese schwer einzusehen ist.
Aus der Pressemitteilung des DAV VerkR Nr. 9/2019 vom 27.02.2020 ergibt sich:
Ein Lkw-Fahrer fuhr auf eine Kreuzung zu, an der rechts vor links galt. Der Autofahrer kam von links und kollidierte auf der Kreuzung mit dem Lkw. Der Fahrer des Lkw wollte den Schaden vollständig ersetzt haben, da ihm die Vorfahrt genommen worden sei. Der Autofahrer argumentierte, seine Sicht sei erheblich eingeschränkt gewesen, weshalb er auch langsam in die Kreuzung hineingefahren sei. Der Lkw-Fahrer wiederum sei mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit von rechts in die Kreuzung gefahren. Außerdem habe er auf sein Fahrzeug nicht reagiert. Daher trage er eine Mitschuld.
Das AG Hechingen hat eine Haftungsverteilung vorgenommen, wonach der Autofahrer wegen des Vorfahrtsverstoßes zu 75% und der Kläger selbst zu 25% haftet.
Nach Auffassung des Amtsgerichts ist der beklagte Autofahrer zu schnell gewesen. Wäre er langsamer gewesen, so hatte der Sachverständige ausgeführt, hätte er den Lkw erkennen können. An Rechts-vor-links-Kreuzungen gelte aber auch für den Vorfahrtsberechtigten nur die „halbe“ Vorfahrt. Dieser dürfe nur so in die Kreuzung hineinfahren, dass er selbst auch von rechts kommenden Fahrzeugen Vorfahrt gewähren könne. Das gelte insbesondere, wenn die Kreuzung schlecht einsehbar sei. Laut Datenschreiber des Lkw sei dieser mit 27 bis 30 km/h in die Kreuzung hineingefahren. Um rechtzeitig vor der Kreuzung anhalten zu können, hätte er aber nur zwölf bis 14 km/h fahren dürfen. Im Verhältnis zu dem Verschulden des Autofahrers hafte der Kläger weniger, aber noch zu 25%.