„Querdenker“-Demonstration in Weil am Rhein bleibt verboten

21. Dezember 2020 -

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim hat mit Beschluss vom 18.12.2020 zum Aktenzeichen 1 S 4098/20 entschieden, dass die für den 19.12.2020 angemeldete „Querdenker“-Versammlung in Weil am Rhein verboten bleibt.

Aus der Pressemitteilung des VGH BW Nr. 60/2020 vom 18.12.2020 ergibt sich:

Der Antragsteller meldete für den 19.12.2020, ab 11 Uhr eine Versammlung zum Thema „Für unsere Grundrechte – in der Weihnachtszeit erst recht“ an, die im Dreiländergarten in Weil am Rhein stattfinden sollte. Die Versammlung wurde im Internet als „Großdemo“ von „Querdenken 775 Waldshut-Tiengen“ und „Querdenken 762 Lörrach“ beworben. Der Antragsteller gab die Zahl der Teilnehmer zunächst mit 10.000 und zuletzt mit 3.570 Personen an. Die Stadt Weil am Rhein (Antragsgegnerin) untersagte diese Versammlung und jegliche Ersatzversammlung in ihrem Gebiet. Zur Begründung verwies sie auf das aktuelle Infektionsgeschehen im Landkreis Lörrach. Bei Durchführung der geplanten Versammlung sei mit einer weiteren Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus zu rechnen. Bei dem Antragsteller sei nicht damit zu rechnen, dass er Auflagen zum Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen einhalten und als Versammlungsleiter auf deren Befolgung hinwirken würde. Angesichts der Erfahrungen mit anderen „Querdenken“-Versammlungen sei damit zu rechnen, dass sich auch eine Vielzahl von Versammlungsteilnehmern nicht an Abstandsregeln halten und keine Mund-Nasen-Bedeckungen tragen würden.
Einen gegen das Versammlungsverbot gerichteten Eilantrag lehnte das VG Freiburg am Abend des 17.12.2020 ab. Die Verbotsverfügung sei voraussichtlich rechtmäßig. Das Verbot sei zur Verhinderung der Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus erforderlich. Bereits die zuletzt vom Antragsteller genannte Zahl von 3.570 Personen wäre auf dem recht weitläufigen Gelände der früheren Landesgartenschau zu hoch. Zudem spreche aufgrund der Werbung im Internet und der früheren Angaben des Antragstellers alles dafür, dass mit einer größeren Zahl von Teilnehmern zu rechnen sei. Es sei auch damit zu rechnen, dass von einer Vielzahl von Teilnehmern weder die erforderlichen Mindestabstände eingehalten noch Mund-Nase-Bedeckungen getragen würden. In der Vergangenheit sei es bei Versammlungen der „Querdenken-Bewegung“ zu zahlreichen entsprechenden Verstößen gekommen. Zudem werde selbst im Hygienekonzept des Antragstellers der Verzicht auf Mund-Nase-Bedeckungen empfohlen. Die Untersagungsverfügung der Antragsgegnerin sei voraussichtlich auch ermessensfehlerfrei. Es sei zwar zu berücksichtigen, dass es um einen Eingriff in die Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG) und die ebenfalls vom Grundgesetz geschützte Meinungsfreiheit gehe. Den Staat treffe aber auch eine Schutzpflicht betreffend das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). Mildere Mittel als ein Versammlungsverbot seien wegen der zu befürchtenden Verstöße gegen Abstandsgebot und Maskenpflicht nicht vorhanden.

Der VGH Mannheim hat die vom Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts eingelegte Beschwerde zurückgewiesen.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Eilantrag des Antragstellers bereits unzulässig, weil er gegen die Verbotsverfügung keinen Widerspruch bei der Antragsgegnerin eingelegt habe. Der Eilantrag sei außerdem unbegründet. Das Verwaltungsgericht habe zu Recht entschieden, dass bei einer Durchführung der geplanten Versammlung eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Weiterverbreitung des Virus und in der Folge eine unmittelbare Gefahr für die Gesundheit und das Leben einer Vielzahl von Menschen bestehe. Der Antragsteller könne dem nicht mit Erfolg entgegenhalten, Infektionen fänden im Wesentlichen im Innenbereich statt. Das Verwaltungsgericht habe zutreffend dargelegt, dass erhebliche Infektionsgefahren auch bei Großveranstaltungen im Freien bestünden. Es könne sich dazu auf den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Pandemiegeschehen, unter anderem auf die Einschätzungen des Robert Koch-Instituts (RKI) stützen. Die Einschätzung des RKI beruhten auf einer Auswertung der zurzeit vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnisse und sei inhaltlich nachvollziehbar.

Unbegründet sei auch der Einwand des Antragstellers, das Verwaltungsgericht habe unter Verkennung von Art. 8 Abs. 1 GG das Versammlungsrecht der Teilnehmer „im Kern auf null reduziert“. Das Verwaltungsgericht habe nicht verkannt, dass ein Versammlungsverbot angesichts der für eine freiheitlich demokratische Staatsordnung konstituierenden Bedeutung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit nur als letztes Mittel in Betracht komme. Es habe aber zutreffend entschieden, dass solche milderen Mittel im vorliegenden Einzelfall ausschieden, weil aus den von ihm genannten Gründen, die auch im Verhalten des Antragstellers lägen, nicht glaubhaft sei, dass den bei Durchführung der Versammlung für Gesundheit und Leben von anderen Menschen geschaffenen Gefahren durch mildere Auflagen wirksam begegnet werden könne.

Der Beschluss ist unanfechtbar.