Krankenhäuser, die zukünftig als ein neurovaskuläres Zentrum oder Lungenzentrum finanzielle Zuschläge erhalten wollen, müssen dafür Qualitätsanforderungen des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) erfüllen.
Aus der Pressemitteilung des G-BA vom 20.11.2020 ergibt sich:
Werden die bundeseinheitlichen G-BA-Voraussetzungen z. B. zu Art und Anzahl von Fachabteilungen, Mindestfallzahlen und Kooperationen eingehalten, kann das Krankenhaus damit als Kompetenz- und Koordinierungszentrum fungieren und gesondert Geld bekommen. Denn diese Aufgaben der Spitzenmedizin gehen über die Patientenversorgung hinaus und werden entsprechend nicht über das Fallpauschalen-System abgedeckt. Die Details zu den grundlegenden Qualitätsanforderungen für neurovaskuläre Zentren und Lungenzentren hat der G-BA am 20.11.2020 in seinen Zentrums-Regelungen ergänzt. Die derzeitigen Zentrums-Regelungen sehen bereits die Anforderungen an fünf Zentrenarten vor, beispielsweise onkologische Zentren und Herzzentren.
„Wir haben am 20.11.2020 für zwei weitere Zentrenarten bundeseinheitlich definiert, unter welchen Voraussetzungen sie sich aufgrund ihrer medizinischen Kompetenz und Ausstattung deutlich von anderen Krankenhäusern abheben – also ein Zentrum der Spitzenmedizin sind. Das betrifft zum einen den Fachbereich der neurovaskulären Erkrankungen, zum anderen den der Lungenerkrankungen. Die Zentren nehmen auch Aufgaben wahr, die über den Standort hinausgehen – sie tragen also ihre Expertise in die Fläche. Das ist die herausragende Besonderheit, die auch mit Zuschlägen vergütet werden soll. Es geht nicht um bestehende Zentren im Sinne von Fachkliniken. An diesem Punkt gibt es leider immer wieder Missverständnisse, die daher rühren, dass der Zentrumsbegriff versorgungspolitisch recht beliebig verwendet wird. Nach Inkrafttreten des G-BA-Beschlusses haben die aufgrund landesspezifischer Bestimmungen bestehenden Zentren sechs Monate Zeit, die am 20.11.2020 beschlossenen Qualitätsanforderungen umzusetzen und dann im Sinne des G-BA Zentrumsaufgaben wahrzunehmen. Mit dieser Übergangszeit stellen wir sicher, dass die Zentrums-Zuschläge für das gesamte Verhandlungsjahr 2021 gezahlt werden können – auch wenn die Qualitätsvorgaben im ersten halben Jahr noch nicht vollständig erfüllt werden. Die Höhe des Zuschlags wird zwischen dem Krankenhaus und den Krankenkassen in den Regionen vereinbart“, erläuterte Prof. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA und Vorsitzender des Unterausschusses Bedarfsplanung.
Qualitätsanforderungen für neurovaskuläre Zentren
Neurovaskuläre Erkrankungen sind Krankheiten des Blutgefäßsystems des Gehirns und des Rückenmarks, zu denen neben Hirnblutungen, Gefäßerweiterungen (Aneurysmen) auch der Schlaganfall zählt. Die gezielte Behandlung von Schlaganfallpatienten gehört in vielen Bundesländern bereits zur regionalen und überregionalen Versorgungslandschaft. In Abgrenzung dazu übernehmen die neurovaskulären Zentren im Sinne der G-BA-Richtlinie zusätzlich die Funktion eines Kompetenz- und Koordinationszentrums. Indem die neurovaskulären Zentren andere an der Schlaganfall- bzw. neurovaskulären Behandlung beteiligten Krankenhäuser fortbilden und beraten, tragen sie dazu bei, die Versorgung kontinuierlich weiterzuentwickeln. Als zuschlagsauslösende Qualitätsvorgabe für diese Zentren verlangt die Richtlinie nicht nur, dass bestimmte Fachabteilungen vorhanden sind, sondern auch Netzwerkstrukturen, die den Bereich der Rehabilitation einschließen, regelmäßige Qualitätszirkel oder die Mitarbeit an der Weiterentwicklung medizinischer Leitlinien.
Qualitätsanforderungen für Lungenzentren
Lungenerkrankungen sind weit verbreitet und zählen zu den häufigsten Todesursachen in Deutschland. Bereits heute existieren in mehreren Bundesländern spezialisierte Fachkliniknetzwerke. Die zuschlagsfähige Kernaufgabe eines Lungenzentrums soll darin bestehen, andere Krankenhäuser zu beraten, um langzeitbeatmete Patienten von einer künstlichen Sauerstoffversorgung zu entwöhnen. Die Qualitätsanforderungen des G-BA verlangen daher von einem Lungenzentrum auch, dass es spezielle Einheiten zum Abtrainieren vom Beatmungsgerät (Weaningeinheiten) vorhalten muss. Da Lungenzentren andere Krankenhäuser zudem mit ihrer Expertise bei der Versorgung seltener Infektionserkrankungen wie Tuberkulose, interstitieller Lungenkrankheiten oder auch schwerer und komplexer Fälle von chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) unterstützen sollen, muss am Standort eines Zentrums mindestens eine von diesen drei spezialisierten Behandlungseinheiten vorhanden sein. In Hinblick auf die Versorgung von Patienten mit Lungenkrebs muss das Lungenzentrum keine spezialisierte Behandlungseinheit vorhalten, sondern muss entweder Teil eines onkologischen Zentrums sein oder mit einem solchen kooperieren. Bei dieser Indikation ist die Zusammenarbeit vieler, in der Onkologie erfahrener Fach- und Querschnittsdisziplinen wie Radiologie und Strahlentherapie notwendig.
Inkrafttreten
Der Beschluss tritt nach Nichtbeanstandung durch das Bundesministerium für Gesundheit und Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.
Hintergrund: Zuschlagsfähige Aufgaben von stationären Zentren
Mit dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetz wurde der G-BA beauftragt, die besonderen Aufgaben von stationären Zentren zu definieren, für die es einen Zuschlag geben soll, sowie Qualitätsanforderungen an die Aufgabenwahrnehmung festzulegen. Das hat der G-BA getan; seit 01.01.2020 gelten die Zentrums-Regelungen. Sie konkretisieren die zuschlagsfähigen besonderen Aufgaben eines Zentrums genauso wie die Qualitätsanforderungen und die Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen bereits für folgende Fachbereiche:
• Zentren für seltene Erkrankungen
• onkologische Zentren
• Traumazentren
• rheumatologische Zentren
• Herzzentren.
Ein Zentrumszuschlag wird zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern vereinbart, wenn die in den G-BA-Vorgaben festgelegten Konkretisierungen erfüllt sind.