Das Oberlandesgericht Frankfurt hat am 06.02.2020 zum Aktenzeichen 1 U 67/17 entschieden, dass Prüfungsverfahren an privaten Hochschulen im Hinblick auf ihre Grundrechtsrelevanz denselben Grundsätzen genügen müssen wie Verfahren an staatlichen Hochschulen.
Aus der Pressemitteilung des OLG Frankfurt Nr. 15/2020 vom 04.03.2020 ergibt sich:
Die Klägerin studierte bei der beklagten privatrechtlich organisierten Hochschule Rechtswissenschaft. Sie strebt die neue Bewertung einer von ihr gefertigten Hausarbeit an. Diese wurde vom Erst- und Zweitprüfer jeweils mit „ausreichend“ benotet. Die Klägerin hält die vollständige Privatisierung der universitären Prüfungen und Bewertungen für verfassungswidrig und die konkrete Beurteilung ihrer Arbeit für fehlerhaft.
Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen.
Das OLG Frankfurt hat die Berufung zurückgewiesen.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts hat der VGH Kassel den Rechtsstreit wirksam an die Zivilgerichte verwiesen und insoweit ausgeführt, dass die Klägerin sich durch den Besuch einer privatrechtlich organisierten Hochschule eigenverantwortlich auf dem Boden des Privatrechts begeben hat. Nach dem hessischen Hochschulgesetz könne die Beklagte auf privatrechtlicher Grundlage selbst einen Studien- und Prüfungsbetrieb durchführen. Dazu gehöre auch die Abnahme der hier streitgegenständlichen Schwerpunktbereichsprüfung als reine Hochschulprüfung. Die Übertragung berufsqualifizierender Prüfungen an eine privat-rechtlich konstituierte Hochschule verkürze insbesondere nicht grundrechtliche Gewährleistungen der Studierenden oder zu Prüfenden. Vielmehr müsse auch die private Hochschule uneingeschränkt die sich aus den grundrechtlichen Gewährleistungen ergebenden Maßgaben für die Durchführung von berufsqualifizierenden Prüfungen einhalten. Der Anspruch der Studenten der privaten Hochschule auf Durchführung der Prüfungen habe sich an denselben Grundsätzen zu orientieren wie das Prüfungsverfahren einer staatlichen Hochschule. Diesen grundrechtlichen Anforderungen habe die Beklagte hier genügt.
Das Prüfungsverfahren sei auch nicht fehlerhaft. Die Prüfer seien ordnungsgemäß bestellt worden. Anhaltspunkte für eine Befangenheit lägen nicht vor. Allein, dass die Prüfer im sog. Überdenkensverfahren an ihren Beurteilungen festgehalten haben, genüge dafür nicht. Es gebe keinen allgemeinen Erfahrungssatz, dass ein Prüfer, dem ein Verfahrens- oder Bewertungsfehler angelastet werde, schon deshalb grundsätzlich seine innere Distanz zu dem Prüfungsvorgang verliere.
Die Erst- und Zweitbewertungen seien auch nicht rechtlich fehlerhaft. Prüfer müssten bei ihrem wertenden Urteil von Einschätzungen und Erfahrungen ausgehen, die sie im Laufe ihrer Examenspraxis bei vergleichbaren Prüfungen entwickelt haben und allgemein anwenden. Im Hinblick auf die komplexen Erwägungen, die einer Prüfungsentscheidung zugrunde lägen, komme den Prüfern ein Bewertungsspielraum zu. Dieser umfasse insbesondere die Punktevergabe und Notengebung, soweit sie nicht mathematisch terminiert sei, die Einordnung des Schwierigkeitsgrades einer Aufgabenstellung, die Würdigung der Qualität der Darstellung sowie die Gewichtung der Stärken und Schwächen in der Bearbeitung und der Gewichtung der Bedeutung eines Mangels.
In diesen Bereich des spezifischen Bewertungsspielraums dürften die Gerichte grundsätzlich nicht eindringen; sie haben vielmehr nur zu überprüfen, ob die Prüfer die Grenzen ihres Bewertungsspielraums eingehalten haben. Das sei hier der Fall.