Das Oberlandesgericht Köln hat mit Urteil vom 13. Juni 2024 zum Aktenzeichen 15 U 70/23 über die Presseberichterstattung in Bezug auf Kardinal Woelki entschieden.
Aus der Pressemitteilung des OLG Köln vom 13.06.2024 ergibt sich:
Der Kläger ist Kardinal der römisch-katholischen Kirche und Erzbischof von Köln. Die Parteien streiten im Nachgang zu einstweiligen Verfügungsverfahren gegen die Beklagte zu 1) und den Beklagten zu 2) um Unterlassungsansprüche sowie Ansprüche auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten wegen einer Presseberichterstattung auf einem von der Beklagten zu 1) betriebenen Onlineportal. Streitgegenständlich ist ein von dem Beklagten zu 2) verfasster Artikel, der sich mit einer Beförderungsentscheidung des Kardinals und, jedenfalls aus Sicht des Senats, dabei mit dessen positiver Kenntnis von zwei, im Beitrag eingeblendeten Unterlagen befasst, und zwar in der Ausgangsversion sowie einer späteren, überarbeiteten Fassung.
Das Landgericht hat – nach Vernehmung zweier Zeugen sowie eidlicher Vernehmung des Klägers als Partei – der gegen Passagen in beiden Versionen des Artikels gerichteten Klage weitüberwiegend stattgegeben. Die hiergegen eingelegten Berufungen der Beklagten hat der Senat mit Entscheidung vom heutigen Tage – unter Konkretisierung der Urteilsformel – zurückgewiesen. Zur Begründung hat der Senat im Wesentlichen wie folgt ausgeführt:
Dem Kläger stehe, wie vom Landgericht zutreffend angenommen, gegen die Beklagten ein Unterlassungsanspruch unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu, soweit es die in der Ausgangsfassung aufgestellte Tatsachenbehauptung betreffe, der Kläger habe die Inhalte eines in den Akten des Erzbistums befindlichen Polizeiberichts sowie die protokollierte Aussage eines jungen Mannes bei der in der Berichterstattung kritisierten Beförderungsentscheidung positiv gekannt. Ob, wofür viel spreche, die angegriffenen Passagen zwingend nur als konkrete (definitive) Tatsachenbehauptung zur positiven Kenntnis des Klägers von den behandelten beiden Unterlagen im Zeitpunkt der von diesem getroffenen Besetzungsentscheidung zu verstehen seien, könne dahinstehen. Jedenfalls sei von einer Mehrdeutigkeit auszugehen. Es gehe um die konkrete tatsächliche Behauptung einer positiven Kenntnis von den Inhalten beider im Beitrag eingeblendeter Unterlagen und nicht „nur“ um eine Verdachtsberichterstattung betreffend einen als offen dargestellten Vorwurf der nur möglichen Kenntnis. Der Presse sei es zumutbar, ausreichend klar und deutlich zu formulieren, was im konkreten Fall zu vermissen sei. Die so verstandene Tatsachenbehauptung greife in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers ein, weil sie dessen Fehlverhalten konkret an der Kenntnis der Inhalte zweier belastender Unterlagen festmache. Dieser Eingriff sei bei der gebotenen Abwägung der widerstreitenden Interessen rechtswidrig; die schutzwürdigen Persönlichkeitsinteressen des Klägers würden das Berichterstattungsinteresse der Beklagten überwiegen. Das Landgericht habe bei der Abwägung zutreffend auf den fehlenden Wahrheitsgehalt der tatsächlichen Behauptungen zur Kenntnis abgestellt. Zu Recht sei es davon ausgegangen, dass die Beklagten die Darlegungs- und Beweislast für die ehrenrührige Tatsache einer positiven Kenntnis (zumindest) des Inhalts der beiden Unterlagen vor der Personalentscheidung treffe und ihnen die entsprechende Beweisführung nicht gelungen sei.
Soweit sich das Landgericht nach Beweisaufnahme nicht habe davon überzeugen können, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Beförderungsentscheidung die beiden fraglichen Dokumente bzw. jedenfalls deren Inhalt positiv gekannt habe, sei dieses Beweisergebnis der Entscheidung des Senats zugrunde zu legen. Die Beweiswürdigung des Landgerichts sei nicht zu beanstanden, insbesondere sei es zutreffend davon ausgegangen, dass die Angaben der beiden vernommenen Zeugen für die – inhaltlich eng beschränkte – Beweisfrage des Verfahrens nicht ergiebig gewesen seien. Auch die Würdigung des Landgerichts betreffend die Angaben des Klägers aus seiner eidlichen Parteivernehmung sei nicht zu beanstanden. Der Kläger habe erklärt, die „Personalakte“ bzw. die hier fraglichen Aktenbestandteile nicht vor der Personalentscheidung vorgelegt bekommen, keine Einsicht in die fraglichen Unterlagen genommen und auch die konkreten Inhalte nicht in Gesprächen etc. vermittelt bekommen zu haben. Eine Wiederholung der Parteivernehmung sei nicht veranlasst. Selbst wenn man Bedenken gegen die Richtigkeit einzelner – für die hiesige Beweisfrage nicht relevanter – weiterer Angaben des Klägers entwickeln könne, was der Senat ausdrücklich offen gelassen hat, führe dies zu keiner anderen Beurteilung: Denn selbst ein (unterstellter) Nachweis eines Meineids des Klägers in diesen Punkten ließe nicht zugleich den hinreichend sicheren Schluss darauf zu, dass zwangsläufig auch seine Angaben zu einer fehlenden positiven Kenntnis von den streitgegenständlichen Unterlagen bzw. ihren Inhalten im maßgeblichen Zeitpunkt falsch gewesen seien.
Auch sei eine – mit Blick auf die gegen den Kläger laufenden strafrechtlichen Ermittlungen – denkbare Aussetzung des Verfahrens nicht veranlasst. Im Ausgangspunkt sei es originäre Aufgabe der Zivilgerichte, den Vortrag der Parteien und die erhobenen Beweise zu würdigen; für die hier entscheidende und eng beschränkte Beweisfrage sei zudem kein greifbarer zusätzlicher Erkenntnisgewinn zu erwarten.
Aus den letztlich gleichen Gründen bestehe auch ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagten mit Blick auf die tenorierten Passagen der angepassten Berichterstattung.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Gegen die Entscheidung ist die Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof statthaft.