Das Oberlandesgericht Köln hat mit Beschluss vom 16.04.2020 zum Aktenzeichen 3 U 225/19 darauf hingewiesen, dass die Post für den aus der verspäteten Zustellung entstehenden Schaden ersatzpflichtig sein kann, wenn sie ein ersichtlich fristgebundenes Schreiben trotz vereinbarter Lieferfrist zu spät zustellt.
Aus der Pressemitteilung des OLG Köln Nr. 29/2020 vom 28.05.2020 ergibt sich:
Die in Bayern wohnhafte Klägerin verfasste am 29.09.2017 ein Schreiben an ihre ehemalige Arbeitgeberin, eine Klinik in Baden-Württemberg. Darin machte sie Abgeltungsansprüche in Höhe von über 20.000 Euro geltend für Urlaub, den sie wegen Schwangerschaft und Elternzeit nicht hatte nehmen können. Aufgrund einer Klausel im Arbeitsvertrag musste sie diese Ansprüche bis spätestens zum 30.09.2017 geltend machen. Das an die ehemalige Arbeitgeberin adressierte Schreiben enthielt nicht den Zusatz, dass es sich bei der Adressatin um eine GmbH handelt. Die Klägerin gab es am Freitag, dem 29.09.2017, zur Zustellung auf und wählte die Versandmethode „Expresszustellung mit dem Zusatzservice Samstagszustellung“. Nach einem erfolglosen Zustellversuch am 30.09.2017 wurde es letztlich erst am 04.10.2017 zugestellt. Die ehemalige Arbeitgeberin der Klägerin berief sich deshalb auf eine verspätete Geltendmachung der Ansprüche der Klägerin und zahlte nicht. Den ihr dadurch entstandenen Schaden machte die Klägerin nun gegen die Beklagte, die Deutsche Post AG, geltend. Die Beklagte verteidigte sich damit, der Zustellfahrer sei sich wegen des fehlenden Adresszusatzes „GmbH“ und weil die Briefkästen bei der Empfängerin nicht beschriftet waren, unsicher gewesen, ob er die Sendung so zustellen könne und habe deshalb zunächst von einer Zustellung abgesehen. Die Beklagte erstattete nur das Porto in Höhe von 23,80 Euro.
Das LG Bonn hatte der Klägerin mit Urteil vom 22.11.2019 Schadensersatz in Höhe von knapp 18.000 Euro zugesprochen.
Das OLG Köln hat auf die fehlenden Erfolgsaussichten der Berufung hingewiesen.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Frachtvertrag (gemäß §§ 425, 428 HGB). Danach hafte der Frachtführer für den Schaden, der durch Überschreitung der Lieferfrist entstehe. Bei der Sendung habe es sich offenkundig um eine solche gehandelt, bei der die Einhaltung der Lieferfrist für die Absenderin von besonderer Bedeutung und Wichtigkeit war. Dies ergebe sich aus der vereinbarten Zusatzleistung „Samstagszustellung“ und dem erheblichen Porto von 23,80 Euro. An der Anschrift der ehemaligen Arbeitgeberin der Klägerin war nur diese als Empfängerin vorhanden. Das Klingelschild sei genauso bezeichnet gewesen, wie auf dem Brief der Klägerin vermerkt. Daneben hingen zwei unbeschriftete Briefkästen. Nirgends an dem Gebäude sei ein Schriftzug mit der vollen Firma – also inklusive GmbH-Zusatz – angebracht. Es habe aufgrund all dieser Umstände aus Sicht des Zustellers überhaupt keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass eine Adressungenauigkeit vorlag. Er hätte jedenfalls die Pflicht gehabt, an der rund um die Uhr besetzten Pforte nachzufragen.
Die Beklagte hat die Berufung zurückgenommen.