Das Amtsgericht Berlin-Tiergarten hat mit Urteil vom 15.12.2020 zum Aktenzeichen 216 Ls 5/20 einen Polizeibeamten, der bei einer Einsatzfahrt den Kleinwagen einer jungen Frau mit 130 km/h Geschwindigkeit gerammt hat, wegen fahrlässiger Tötung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Aus der Pressemitteilung des KG Nr. 77/2020 vom 15.12.2020 ergibt sich:
Nach den Feststellungen des Amtsgerichts hat der 53-jährige Polizeibeamte am 29.01.2018 während einer Einsatzfahrt mit einem Polizeifahrzeug in Berlin-Mitte durch sein sorgfaltswidriges Verhalten einen Unfall verursacht, bei dem eine 21-jährige Frau gestorben war. Mit einer Geschwindigkeit von bis zu 130 km/h – und damit viel zu schnell – sei der Angeklagte aus einer Tunnelausfahrt am Alexanderplatz in den Biegungsbereich der Grunerstraße eingefahren, obwohl er damit hätte rechnen müssen, dass sich dort Fahrzeuge befinden, deren Fahrer auf der Suche nach Parkplätzen waren. Auch die Geschädigte habe sich dort auf Parkplatzsuche befunden und sei zu diesem Zweck hinter der Tunnelausfahrt von einem der rechten Fahrstreifen nach links zur Mittelinsel gefahren, wo sich die Parkplätze befunden hätten. Aufgrund seiner überhöhten Geschwindigkeit habe der Angeklagte beim Einfahren in diesen Bereich eine Kollision mit dem Auto der Geschädigten trotz eingeleiteter Bremsung nicht mehr verhindern können und so ihren Tod verschuldet.
Das AG Berlin-Tiergarten hat den angeklagten Polizeibeamten wegen fahrlässiger Tötung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Nach Auffassung des Amtsgerichts trifft den Angeklagten treffe hier eine besonders erhebliche Sorgfaltspflichtverletzung. Er sei wie „ein Geschoss aus einem Gewehrlauf“ aus dem Tunnel gefahren. Die sog. Inanspruchnahme von Sonder- und Wegerechten (Blaulicht und Martinshorn) hätte ihn nicht von der Pflicht entbunden, sein Fahrverhalten an die Gegebenheiten des Straßenverkehrs anzupassen. Auch der der Fahrt zugrundeliegende Einsatzbefehl rechtfertige nicht alles – insbesondere nicht die Gefährdung des Lebens anderer. Angesichts der Örtlichkeit, der Tageszeit und des Verkehrsaufkommens hätte der Angeklagte das Tempo seines Einsatzfahrzeuges nach dem Tunnel auf etwa 60 km/h drosseln müssen.
Soweit die Staatsanwaltschaft tateinheitlich zu diesem Vorwurf der fahrlässigen Tötung ursprünglich auch noch vorsätzliche Straßenverkehrsgefährdung infolge der Einnahme alkoholischer Getränke angeklagt hatte, so hatte das Amtsgericht die Anklage diesbezüglich bereits nicht zur Hauptverhandlung zugelassen, weil die Beschlagnahme der zum Nachweis erforderlichen Dokumente entgegen einem gesetzlichen Beschlagnahmeverbot erfolgt sei und deshalb nach Auffassung des zuständigen Gerichts zu einem Beweisverwertungsverbot führte.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann binnen einer Woche mit dem Rechtsmittel der Berufung oder der Revision angefochten werden.
Die schriftlichen Urteilsgründe werden frühestens in zwei Monaten zur Verfügung stehen.