Das Landessozialgericht Schleswig-Holstein hat am 09.11.2021 zum Aktenzeichen L 10 KR 92/18 und L 10 KR 122/17 in zwei Fällen über die Kostenübernahme einer Perücke entschieden.
Aus der Pressemitteilung des LSG SH vom 10.11.2021 ergibt sich:
Verliert eine Frau durch Krankheit oder eine Chemotherapie ihr Kopfhaar, hat sie gegenüber ihrer Krankenkasse Anspruch auf Versorgung mit einer Perücke. Die Kassen müssen hierfür mit den Haarstudios Verträge schließen, in denen geregelt ist, welche Beträge für Perücken gezahlt werden. Die Haarstudios müssen zu diesen Preisen den Versicherten auch tatsächlich Perücken anbieten. Eine Zuzahlung dürfen sie nur unter engen Voraussetzungen verlangen.
Im ersten Fall hat eine Patientin mit krankheitsbedingtem dauerhaften Haarverlust geklagt. Die ihr vom Haarstudio zum Vertragspreis in Höhe von 905,11 € angebotenen Perücken haben ihr nicht gefallen. Sie hat sich daher für eine Echthaarperücke zum Preis von 2.085 € entschieden und anschließend von der Krankenkasse gefordert, die vom Haarstudio verlangte Zuzahlung in Höhe der Differenz zwischen dem Vertragspreis und den tatsächlichen Kosten der Perücke zu erstatten. Zur Begründung hat sie vorgetragen, dass nach Aussage des Haarstudios die Herstellung und Anpassung einer hochwertigen Perücke zum Vertragspreis nicht möglich sei. In diesem Fall muss die Krankenkasse nach der Entscheidung des Landessozialgerichts der Klägerin die von ihr geleistete Zuzahlung aber nicht erstatten. Zum einen hatte das Gericht keine Zweifel daran, dass das Haarstudio die Versicherte auch zu den vereinbarten Vertragspreisen mit einer geeigneten Echthaarperücke hätte versorgen können. Zum anderen darf das Haarstudio von den Versicherten eine Zuzahlung nur verlangen, wenn diese die in den Verträgen mit den Krankenkassen dafür vorgesehene Mehrkostenvereinbarung unterschreiben. Ohne die schriftliche Abgabe einer solchen Erklärung entsteht weder ein Zuzahlungsanspruch des Haarstudios gegenüber der Versicherten noch ein Erstattungsanspruch der Versicherten gegenüber ihrer Krankenkasse. (Az: L 10 KR 92/18)
Im zweiten Fall hat das Gericht den Fehler demgegenüber bei der dort beteiligten Krankenkasse gesehen. Diese hatte nämlich keinen Vertrag mit den Haarstudios geschlossen, obwohl das Gesetz das vorschreibt. Die Krankenkasse wollte zu der von der Klägerin ausgewählten Perücke nur einen Zuschuss eines aus ihrer Sicht handelsüblichen Preises in Höhe von 350 € leisten. Das geht so nicht, so der 10. Senat. Hier liege ein sog. Systemversagen vor mit der Folge, dass die Krankenkasse nun die vollen Kosten für die Perücke in Höhe von 1.485 € erstatten muss. (Az: L 10 KR 122/17)
Eine Revision zum Bundessozialgericht ist in beiden Fällen vom Landessozialgericht nicht zugelassen worden.