Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat sich am 19.11.2020 zum Aktenzeichen 24173/18 zum Umfang des Zeugnisverweigerungsrechts als Berufsgeheimnisträger geäußert.
Aus BRAK, Nachrichten aus Berlin Nr. 21/2020 vom 02.12.2020 ergibt sich:
Der deutsche Rechtsanwalt hatte sich – unter Berufung auf seine anwaltliche Schweigepflicht – geweigert, als Zeuge in einem Strafverfahren gegen die ehemaligen Geschäftsführer von vier Unternehmen auszusagen, die er vor ihrer Insolvenz rechtlich beraten hatte. Er war nur vom derzeitigen Geschäftsführer dieser Unternehmen von seiner Vertraulichkeitspflicht befreit worden, nicht jedoch von den ebenfalls angeklagten anderen ehemaligen Geschäftsführern. Wegen seiner Zeugnisverweigerung hatte das LG Münster schließlich ein Ordnungsgeld von 600 Euro, hilfsweise Ordnungshaft verhängt. Das Rechtsmittel das Anwalts hiergegen blieb erfolglos; er musste aussagen. Obwohl die deutschen Gerichte zu dieser Rechtsfrage in der Vergangenheit unterschiedlich entschieden hatten, hatte das BVerfG die Verfassungsbeschwerde ohne Begründung nicht angenommen.
Der Anwalt erhob daraufhin, unter Berufung auf sein Recht auf Achtung des Privatlebens gemäß Art. 8 EMRK Beschwerde vor dem EGMR. Er vertrat die Auffassung, die Verpflichtung zur Aussage und die Verhängung des Ordnungsgeldes habe mit seinem Recht auf Zeugnisverweigerung als Berufsgeheimnisträger gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO kollidiert.
Der EGMR hat die Beschwerde zurückgewiesen.
Nach Auffassung des EGMR liegt eine Verletzung von Art. 8 EMRK nicht vor.