Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 24. November 2020 zum Aktenzeichen 1 BvR 2318/19 entschieden, dass eine Verfassungsbeschwerde eines Vaters und seiner drei minderjährigen Kinder wegen des Sorgerechtsentzugs- und Umgangsrechtsverfahren, unter anderem gegen die Anordnung von Auflagen gegenüber dem Vater im Zuge der Rückübertragung entzogener Teile der elterlichen Sorge für zwei bis dahin fremduntergebrachte Kinder erfolgreich ist.
Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG garantiert den Eltern das Recht auf Pflege und Erziehung ihrer Kinder. Die Erziehung des Kindes ist damit primär in die Verantwortung der Eltern gelegt. Die Eltern können grundsätzlich frei von staatlichen Eingriffen nach eigenen Vorstellungen darüber entscheiden, wie sie die Pflege und Erziehung ihrer Kinder gestalten und damit ihrer Elternverantwortung gerecht werden wollen.
Wegen des Verzichts auf Entscheidungsgründe lässt sich weder erkennen, ob die für Maßnahmen nach § 1666 BGB fachrechtlich erforderliche Kindeswohlgefährdung im Ausgangsverfahren vorlag, noch, ob die dem Beschwerdeführer zu 1) auferlegten Maßnahmen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wahren. Ob die hierzu vom Fachgericht getroffenen Feststellungen und Bewertungen sowie die Gestaltung des Ausgangsverfahrens den verfassungsrechtlichen Anforderungen, unter denen der Eingriff in das Elternrecht gerechtfertigt sein kann, gerecht werden, lässt sich somit anhand der angegriffenen Entscheidung nicht feststellen.
Den Verzicht auf eine Begründung der in Ziffern 1 und 2 angeordneten Maßnahmen konnte das Hanseatische Oberlandesgericht im Übrigen auch einfachrechtlich nicht auf § 38 Abs. 4 Nr. 2 FamFG stützen. Im Ausgangsverfahren lagen die tatsächlichen Voraussetzungen insoweit offensichtlich nicht vor. Weder dem angegriffenen Beschluss noch den Akten des Ausgangsverfahrens ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer zu 1) die gerichtliche Anordnung der Maßnahme im Vorfeld beantragt oder sein Einverständnis dazu zum Ausdruck gebracht hätte. Sein Einvernehmen und das der Ergänzungspflegerin bezogen sich ausweislich des Protokolls der Anhörung vom 4. September 2019 lediglich auf die Rückübertragung der elterlichen Sorge und die kinderpsychiatrische Untersuchung und Behandlung des Beschwerdeführers zu 3), aber weder auf die gerichtliche Anordnung dieser noch auf weitere flankierende Maßnahmen. Sollte das Hanseatische Oberlandesgericht allein aus dem Einverständnis des Beschwerdeführers zu 1), seinen Sohn kinderpsychiatrisch untersuchen und gegebenenfalls behandeln zu lassen, auf das Vorliegen der Voraussetzungen von § 38 Abs. 4 Nr. 2 FamFG geschlossen haben, so läge dem ein Verständnis der Regelung zugrunde, das bei das Elternrecht (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG) betreffenden Endentscheidungen auf einer Verkennung der Bedeutung und Tragweite dieses Grundrechts beruhte.
Auf der Grundlage der im Verfassungsbeschwerdeverfahren vorliegenden Erkenntnisse bestünden im Übrigen Bedenken gegen die Verhältnismäßigkeit der Anordnung, soweit das Hanseatische Oberlandesgericht dem Beschwerdeführer zu 1) die kinderpsychiatrische Begutachtung des Beschwerdeführers zu 3) aufgegeben hat. Selbst wenn dessen Untersuchung und Behandlung wegen einer Kindeswohlgefährdung geboten gewesen wäre, ist die gerichtliche Anordnung zur Abwendung einer dem Kind drohenden Gefahr insbesondere dann nicht erforderlich, wenn der Beschwerdeführer zu 1) alle im Zusammenhang hiermit notwendig werdenden Mitwirkungshandlungen vornimmt oder vorzunehmen bereit ist.
Das Hanseatische Oberlandesgericht wird im fortzusetzenden fachgerichtlichen Verfahren nicht nur die verfassungsrechtlichen Erfordernisse ausreichend konkreter Feststellungen zu Art und Schwere der Kindeswohlgefährdung und zur Verhältnismäßigkeit der gerichtlichen Maßnahmen sowie die konkreten Begründungsanforderungen in den Blick nehmen müssen. Es wird darüber hinaus auch in Anbetracht der verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Verfahrensgestaltung eine persönliche Anhörung des mittlerweile 14-jährigen Beschwerdeführers zu 3) in Betracht zu ziehen haben (§ 159 Abs. 1 Satz 1 FamFG).