Das Oberlandesgericht Stuttgart hat mit Urteil vom 20.12.2018 zum Aktenzeichen 1 U 145/17 entschieden, dass eine Patienten 10.000,00 € Schmerzensgeld bekommt, weil Ärzte eine Nadel nach der Operation im Körper vergessen.
Die heute 30-jährige Klägerin unterzog sich im März 2014 einer urologischen Operation in dem Krankenhaus der Beklagten, bei der eine 1,9 cm lange Nadel im Körper zurückgeblieben war. Dies wurde bei einem CT im April 2014 festgestellt und die Patientin darüber rund zwei Monate nach der Operation informiert. Seither muss sie sich zur Kontrolle des Verbleibs der Nadel im Körper regelmäßig röntgenologisch untersuchen lassen und befürchtet Folgeschäden sowie gegebenenfalls eine weitere Operation zur Entfernung der Nadel.
Die Richter sehen im Zurücklassen der Nadel im Bauchraum einen schuldhaften Behandlungsfehler, der der Klinik zur Last fällt. Nach der BGH-Rechtsprechung müssten Ärzte alle möglichen und zumutbaren Sicherungsvorkehrungen gegen das unbeabsichtigte Zurücklassen eines Fremdkörpers im Operationsgebiet treffen und sämtliche Instrumente nach einer OP auf ihre Vollständigkeit überprüfen. Zur Zählkontrolle und Vermeidung unbeabsichtigt im Operationsgebiet zurückgelassener Fremdkörper hat das Aktionsbündnis Patientensicherheit bereits 2010 Handlungsempfehlungen veröffentlicht. Da diese Handlungsempfehlungen auf Grundlage eines Beschlusses des deutschen Bundestages durch das Bundesministerium für Gesundheit gefördert wurden, hält es der Senat für befremdlich, dass die beklagte Bundesrepublik Deutschland meint, sie selbst sei 4 Jahre nach Veröffentlichung dieser Empfehlungen nicht zu Zählkontrollen bei Operationen verpflichtet. Nach den weiteren Darlegungen des Senats seien der Behandlungsfehler und die verspätete Aufklärung der Patientin jedoch nicht als grober Behandlungsfehler zu bewerten.
Das unbemerkte Zurücklassen der Nadel habe bei der Klägerin zu einem Schaden geführt. Sie sei nicht nur durch die regelmäßigen Lagekontrollen der Nadel, sondern auch durch das Wissen um die Nadel im Körper und die Ungewissheit über die Erforderlichkeit einer Operation zu deren Entfernung belastet. Das Berufungsgericht hält daher ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000,- € für angemessen und ausreichend. Weiter erhält die Klägerin ihre bisherigen materiellen Schäden in Höhe von rund 2.000,- € erstattet. Im Übrigen stellte der Senat fest, dass der Krankenhausträger verpflichtet ist, der Klägerin alle weiteren materiellen und nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden aus dem Behandlungsfehler zu ersetzen.
Rechtsanwalt Dipl.-Jur. Jens Usebach, LL.M. vertritt Sie im Arzthaftungsrecht und bei Behandlungsfehlern.