Das Oberverwaltungsgericht NRW in Münster hat mit Urteil vom 12.03.2019 zum Aktenzeichen 5 A 1210/17 entschieden, dass ein Hund der Rasse „Old English Bulldog“ nicht automatisch eine Kreuzung von Hunden bestimmter Rassen nach dem Landeshundegesetz anzunehmen ist.
Der Hund „Kalle“ aus Sankt Augustin weist keine wesentlichen Züge eines „American Bulldog“ auf und ist deshalb keine Kreuzung von sogenannten Hunden bestimmter Rasse, die besonderen Anforderungen unterliegen. Dies hat das Oberverwaltungsgericht mit heute verkündetem Urteil entschieden und damit anders als in erster Instanz das Verwaltungsgericht Köln der Klage der Klägerin stattgegeben.
Die Klägerin und die beklagte Stadt Sankt Augustin stritten um die Frage, ob es sich bei dem Hund „Kalle“, den die Klägerin von den Züchtern als „Old English Bulldog“ erworben hat, um einen Hund bestimmter Rasse im Sinne des Landeshundegesetzes handelt. Hunde bestimmter Rasse weisen aufgrund ihrer rassespezifischen Merkmale ein im Vergleich zu anderen großen Hunden höheres Gefährdungspotential auf. Für ihre Haltung und den Umgang mit ihnen gelten deshalb besondere gesetzliche Anforderungen (etwa Erlaubnisbedürftigkeit der Haltung, erweiterte Leinenpflicht, Maulkorbzwang). Zu den Hunden bestimmter Rasse gehören unter anderem Hunde der Rassen „Bullmastiff“ und „American Bulldog“ und deren Kreuzungen. Nachdem die Klägerin den Erwerb des Hundes bei der Stadt Sankt Augustin angezeigt hatte, stufte diese das Tier als Hund bestimmter Rasse ein. Hunde vom Typ „Old English Bulldog“ seien als Kreuzung aus den Rassen „English Bulldog“, „Bullmastiff“, „American Bulldog“ und „Pitbull Terrier“ hervorgegangen. Da der Hund der Klägerin nach den Feststellungen des Kreisveterinäramtes wesentliche äußere Merkmale eines „American Bulldog“ aufweise, handele es sich um einen Mischling dieser Rasse. Demgegenüber war die Klägerin der Auffassung, Hunde der Züchtung „Old English Bulldog“ bildeten eine eigenständige Rasse und könnten daher nicht mehr als Kreuzung anderer Rassen angesehen werden.
Das Oberverwaltungsgericht hat im Ergebnis der Klägerin recht gegeben. Zur Begründung hat der 5. Senat im Wesentlichen ausgeführt: Die im Berufungsverfahren durchgeführte Beweisaufnahme habe ergeben, dass der Hund der Klägerin keine wesentlichen Züge eines „American Bulldog“ aufweise. Dies sei erforderlich, um von einer Kreuzung von Hunden bestimmter Rassen nach dem Landeshundegesetz auszugehen. Dahinstehen könne hingegen, ob Hunde der Züchtung „Old English Bulldog“ nach heutigem Stand von Wissenschaft und Praxis eine eigenständige Rasse im biologisch-zoologischen Sinn darstellten. Der „Old English Bulldog“ sei jedenfalls keine eigenständige Rasse im Sinne des Landeshundegesetzes NRW. Zwar sei es grundsätzlich ausgeschlossen, reinrassige Hunde einer bestimmten Rasse gleichzeitig als Kreuzungen anderer Rassen anzusehen und nach den für diese maßgeblichen Vorschriften zu behandeln. Das gelte aber nicht für solche Rassen, die der Landesgesetzgeber bei Inkrafttreten des Landeshundegesetzes im Jahr 2003 nicht als eigenständige Rasse eingeordnet habe. Anderenfalls entschiede letztlich die Definition neuer Rassen durch private Interessenverbände über die Anwendungsreichweite des Gesetzes. Die im Gesetz zugrunde gelegte Unterscheidbarkeit von Hunden nach Rassezugehörigkeit sei nicht dynamisch zu verstehen, sondern knüpfe statisch an einen vom Gesetzgeber vorgefundenen Bestand an Hunderassen an. Dabei definiere das Gesetz die in ihm genannten Rassen nicht selbst, sondern greife auf allgemein anerkannte Rassedefinitionen insbesondere durch Zuchtverbände zurück. Die Züchtung „Old English Bulldog“ sei relativ neu und verfüge erst seit dem 1. Januar 2014 über eine Rasseanerkennung durch den amerikanischen Zuchtverband United Kennel Club. Angesichts dessen sei nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber diese Hunde bei Inkrafttreten des Landeshundegesetzes bereits als eigene Rasse wahrgenommen habe.