Der Bayerische Anwaltsgerichtshof hat mit Urteil vom 16.11.2023 zum Aktenzeichen III-4-6/23 entschieden, dass der Rechtsanwalt, der als Fachanwalt keine verpflichtenden Fortbildungsnachweise einreicht, regelmäßig der Titel entzogen werden muss.
Aus der Mitteilung der BRAK vom 06.02.2024 ergibt sich:
Wer keine Fortbildungsbescheinigungen nach § 15 Fachanwaltsordnung (FAO) vorlegt, verliert in der Regel seinen Fachanwaltstitel, so der Anwaltsgerichtshof (AGH) Bayern. Hier bestehe eine Ermessensreduzierung der Kammer auf Null, den Titel zu widerrufen (Urteil vom 16.11.2023, Az. BayAGH III-4-6/23).
Ein 81-jähriger Anwalt war nicht nur als Fachanwalt für Steuerrecht, sondern auch als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer tätig. Seit Beginn der Pandemie hatte er jedoch keine Fortbildungsnachweise mehr eingereicht, zunächst für 2020 und 2021. Die Kammer hörte ihn dazu an und gab ihm Gelegenheit, die erforderlichen Nachweise nachzureichen. Dies tat er jedoch nicht – nicht einmal während des laufenden Verfahrens für 2022. Er begründete die fehlenden Nachweise damit, dass coronabedingt zahlreiche Präsenzveranstaltungen abgesagt worden seien und er nicht an Online-Veranstaltungen habe teilnehmen können. Das aktuelle Fachwissen habe er durch die regelmäßige Lektüre der relevanten Fachzeitschriften erworben. Auch verfüge er über erhebliche Berufserfahrung. Schließlich müsse er sich als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater ebenfalls regelmäßig fortbilden und die dortigen Anforderungen gingen über die Fortbildungspflicht für den Fachanwalt hinaus. Der Bundesgerichtshof (BGH) habe es zudem zugelassen, im Einzelfall von der Vorlage eines förmlichen Fortbildungsnachweises abzusehen. Dennoch widerrief die Kammer seine Zulassung als Fachanwalt für Steuerrecht. Die dagegen erhobene Klage blieb ohne Erfolg.
AGH: Fortbildungspflicht gilt für alle
Der AGH Bayern bestätigte die Entscheidung der Kammer, den Fachanwaltstitel gem. § 43c Abs. 4 Satz 2 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) zu entziehen. Zwar ließen sich fünf der erforderlichen 15 Zeitstunden durch die Lektüre von Fachzeitschriften abdecken. Jedoch habe der Anwalt keinen dementsprechenden Leistungsnachweis vorgelegt. Zudem habe er auch keine Nachweise für die Fortbildungen als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater erbracht. Diese deckten sich überdies nur teilweise mit dem Berufsfeld des Fachanwalts für Steuerrecht.
Fehlten die Fortbildungsnachweise, sei das Ermessen der Kammer regelmäßig sogar auf Null reduziert, sofern – wie hier – keine besonderen Gründe vorliegen, die einen Verstoß gegen die Fortbildungspflicht entschuldigten. Triftige Hinderungsgründe habe der Anwalt nicht dargelegt. Insbesondere wäre es ihm zumutbar gewesen, das technische Knowhow zu schaffen, um gegebenenfalls auch online an Fortbildungen teilzunehmen.
Erschwerend sei auch zu berücksichtigen, dass er auch 2022 seiner Fortbildungsverpflichtung überhaupt nicht nachgekommen sei, obwohl das Verfahren bereits im April 2022 eingeleitet worden war.
Schließlich könne er sich auch nicht auf die BGH-Rechtsprechung berufen, in dem ein Professor für Steuerrecht Lehrveranstaltungen abgehalten hatte, die möglicherweise gleichwertig zu einer Fortbildung anzusehen seien. Schließlich mache der Kläger hier nicht geltend, in der Fortbildung, wissenschaftlich oder publizierend tätig gewesen zu sein.