Notwehrrecht bei Provokation des Geschädigten zu Angriff?

31. August 2021 -

Das Amtsgericht Frankfurt hat am 08.07.2021 zum Aktenzeichen 980 Ds 858 Js 24821/20 einen Angeklagten wegen Körperverletzung verurteilt, nachdem er nach vorausgegangenem Streit den Geschädigten zu einem Angriff auf sich provozierte.

Aus der Pressemitteilung des AG Frankfurt Nr. 11/2021 vom 31.08.2021 ergibt sich:

Nach den Feststellungen des Gerichts kam es am 24.01.2020 zu einem Streit zwischen dem Angeklagten zu 2), drei Zeugen und dem Nebenkläger über eine verspätet ausgelieferte Pizza-Bestellung, woraufhin der Angeklagte zu 2) seinen Bruder, den Angeklagten zu 1) hinzurief. In der Folge kam es zu Handgreiflichkeiten ungeklärten Ausgangs. Als der Angeklagte zu 2) sich anschließend bereits ca. 20 m vom Geschehen entfernte, rief er dem erkennbar betrunkenen und körperlich unterlegenen Nebenkläger zu, „komm doch!“ und „wehr dich!“. Als dieser Folge leistete und, jedenfalls nicht ausschließbar, zu einem Schlag ausholte, schlug der Angeklagte zu 2) gegen den Kopf des Nebenklägers derart, dass dieser zu Boden ging und mit dem Kopf auf den Asphalt aufschlug.

Das Amtsgericht Frankfurt am Main verurteilte den Angeklagten zu 2) nach umfangreicher Beweisaufnahme wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe.

Obschon nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht auszuschließen war, dass der Nebenkläger zuerst zu einem Schlag gegen den Angeklagten zu 2) ausgeholt habe, sah das Gericht die Grenzen der rechtfertigenden Notwehr im konkreten Fall überschritten. Das Gericht wertete die Aufforderung, zu kommen und sich zu wehren, als vorwerfbare Provokation des Angeklagten zu 2), weshalb dieser gehalten gewesen sei, sich zunächst auf bloße Schutzwehr zu beschränken und dem Angriff habe ausweichen müssen. Da im Übrigen sich der Hergang der Auseinandersetzungen nicht habe zweifelsfrei aufklären lassen, sprach das Gericht den Angeklagten zu 1) frei.