Das Bundesverwaltungsgericht hat am 15.07.2020 zum Aktenzeichen 6 C 25.19 und 6 C 6.19 entschieden, dass eine Landesmedienanstalt sich nicht auf eine wehrfähige Rechtsposition berufen kann, um die Aufhebung einer Zulassung zu erreichen, die eine andere Landesmedienanstalt einem privaten Rundfunkveranstalter für ein bundesweit verbreitetes Fernsehprogramm auf der Grundlage einer Entscheidung der Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) erteilt hat.
Aus der Pressemitteilung des BVerwG Nr. 44/2020 vom 16.07.2020 ergibt sich:
Die Klägerinnen, die Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz (LMK) und die Hessische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (LPR Hessen), sind ebenso wie die Beklagte, die Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein (MA HSH), nach dem jeweiligen Landesrecht für die Zulassung privater Rundfunkveranstalter zuständig.
Die LMK hatte der Beigeladenen zu 2., einer Tochtergesellschaft der Beigeladenen zu 1., mit Bescheid vom 26.08.2008 die Zulassung zur Ausstrahlung des bundesweiten Fernsehprogramms „SAT.1“ ab dem 01.06.2010 erteilt. Im Hauptprogramm „SAT.1“ werden werktäglich Regionalfensterprogramme für die Länder Rheinland-Pfalz und Hessen gesendet. Hierfür haben die Klägerinnen einem Regionalfensterveranstalter jeweils die Zulassung erteilt. Am 02.04.2012 beantragte die Beigeladene zu 1. bei der Beklagten die Erteilung einer Zulassung zur bundesweiten Veranstaltung des Fernsehvollprogramms „SAT.1“. Auf der Grundlage eines entsprechenden Beschlusses der ZAK erteilte die Beklagte der Beigeladenen zu 1. mit Bescheid vom 11.07.2012 die beantragte Zulassung für die Dauer von zehn Jahren ab dem 01.06.2013. Die Zulassung ist insoweit eingeschränkt, als Regionalfensterprogramme bestehen oder organisiert werden; die gesetzliche Verpflichtung zur Aufnahme von Regionalfensterprogrammen im Programm „SAT.1“ bleibt unberührt. Die Zulassung wird erst wirksam, wenn die Zulassung der Beigeladenen zu 2. aus dem Jahr 2008 durch Rückgabe bis spätestens einen Monat nach Bestandskraft dieser Zulassung unwirksam geworden ist.
Die gegen den Bescheid der Beklagten vom 11.07.2012 erhobenen Anfechtungsklagen der LMK und der LPR Hessen waren in den Vorinstanzen erfolglos geblieben.
Das BVerwG hat die Revisionen der Klägerinnen zurückgewiesen.
Nach Auffassung des BVerwG sind die Klagen mangels Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) bereits unzulässig. Die Klägerinnen könnten sich nicht auf das Grundrecht der Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) berufen. Eine wehrfähige Rechtsposition der Klägerinnen gegenüber anderen Landesmedienanstalten ergebe sich auch nicht aus einer Letztverantwortung für die Rechtmäßigkeit der in ihrem Sendegebiet ausgestrahlten Rundfunkprogramme.
Zwar hatte das BVerwG in einer Entscheidung aus dem Jahr 1997 auf der Grundlage der damaligen Fassung des Rundfunkstaatsvertrages (RStV) sowie mit Blick auf durch Art. 5 Abs. 1 GG ausgelöste staatliche Schutzpflichten eine solche Letztverantwortung bestätigt und daraus ein Klagerecht hergeleitet. Hieran könne indes jedenfalls seit dem In-Kraft-Treten des 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrages im Jahr 2008 nicht mehr festgehalten werden. Nach der Neuregelung (vgl. §§ 35 ff. RStV) treffe nunmehr im Innenverhältnis allein die ZAK, die sich aus den gesetzlichen Vertretern der Landesmedienanstalten zusammensetze, die abschließenden Entscheidungen im Zusammenhang mit der Zulassung privater bundesweiter Rundfunkveranstalter und bei Aufsichtsmaßnahmen gegenüber solchen Veranstaltern, soweit nicht die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) zuständig sei. Die Aufgabe der zuständigen Landesmedienanstalt beschränke sich darauf, die Beschlüsse der ZAK zu vollziehen, d.h. in Form eines an den betroffenen Rundfunkveranstalter gerichteten Verwaltungsakts zu erlassen. Diese einfach-rechtliche Ausgestaltung stehe der Annahme einer Letztverantwortung der einzelnen Landesmedienanstalten im Bereich der Zulassung bundesweiter Rundfunkveranstalter entgegen.
Das geänderte Zulassungs- und Aufsichtsregime für bundesweite Rundfunkveranstalter unterliege auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Zwar fasse die ZAK ihre Beschlüsse mit der Mehrheit ihrer gesetzlichen Mitglieder. Diese seien an Weisungen nicht gebunden und unterliegen einer Verschwiegenheitspflicht. Dass hierdurch die pluralistisch zusammengesetzten Beschlussgremien der Landesmedienanstalten einen erheblichen Bedeutungsverlust erfahren, sei jedoch sowohl mit den Vorgaben aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG als auch mit dem Bundesstaats- und dem Demokratieprinzip vereinbar. Im Hinblick auf die im Bereich des Rundfunks offensichtlichen faktischen Grenzen einer isolierten Aufgabenerfüllung der Länder und die vom BVerfG dementsprechend angenommene Pflicht zur Kooperation der Länder bestehen objektiv gewichtige Sachgründe für die getroffenen Regelungen. Die Zusammensetzung der ZAK und die Rechtsstellung ihrer Mitglieder tragen dem grundrechtlichen Gebot der Staatsferne des Rundfunks Rechnung. Zudem verfüge die ZAK nur über einen eingeschränkten Entscheidungsspielraum. Solange die KEK keine vorherrschende Meinungsmacht festgestellt habe (vgl. § 26 RStV), bestehe bei Vorliegen der in § 20 a RStV geregelten persönlichen und sachlichen Voraussetzungen grundsätzlich ein Zulassungsanspruch des Bewerbers.
Schließlich ergeben sich auch aus der Aufsichtsverantwortung für die in Rheinland-Pfalz bzw. in Hessen verbreiteten Regionalfensterprogramme im Hauptprogramm „SAT.1“ keine wehrfähigen Rechtspositionen für die Klägerinnen. Die Zuständigkeit für die Zulassung von Regionalfensterprogrammveranstaltern und für die Aufsicht hierüber werde nicht dadurch berührt, dass der jeweilige Hauptprogrammveranstalter wechsele.