Neue Leitlinien des Bundeskartellamtes zum Kronzeugenprogramm und zur Bußgeldzumessung

11. Oktober 2021 -

Das Bundeskartellamt hat neue Leitlinien für das Kronzeugenprogramm und für die Bußgeldzumessung in Kartellverfahren veröffentlicht.

Aus der Pressemitteilung des BKartA vom 11.10.2021 ergibt sich:

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Kronzeugen spielen bei der Aufdeckung und Verfolgung von illegalen Kartellen nach wie vor eine ganz entscheidende Rolle. Unternehmen, die in ein Kartell verstrickt sind, können mit Hilfe der Leitlinien zum Kronzeugenprogramm leichter einschätzen, was auf sie zukommt und unter welchen Voraussetzungen eine Befreiung vom Bußgeld oder eine erhebliche Reduktion der Strafe in Betracht kommt.

Mit den neuen Leitlinien zur Bußgeldbemessung modernisiert das Bundeskartellamt seine Bußgeldzumessung. Geändert hat sich vor allem die Zumessungsmethodik, die sich noch mehr an der gerichtlichen Praxis orientiert. Maßgeblicher Gesichtspunkt bleibt aber der von dem Kartellverstoß betroffene Umsatz. Insgesamt wird sich daher das Bußgeldniveau nicht wesentlich ändern. In den Leitlinien erläutern wir auch die mit der 10. GWB-Novelle in das Gesetz aufgenommene Möglichkeit, bestehende Compliance-Maßnahmen mildernd zu berücksichtigen, obwohl es zu einem Verstoß gekommen ist.“

Kronzeugenprogramme zeichnen sich dadurch aus, dass Kartellbeteiligten die Geldbuße vollständig erlassen oder ermäßigt werden kann, wenn sie dazu beitragen, ein Kartell zwischen Wettbewerbern aufzudecken. Kronzeugenprogramme werden schon seit Jahrzehnten weltweit im Kartellrecht eingesetzt. Sie sind für die Kartellbekämpfung von zentraler Bedeutung, da Kartelle typischerweise nur von innen heraus aufgedeckt werden können. In Deutschland hat das Bundeskartellamt dazu bereits im Jahr 2000 allgemeine Verwaltungsgrundsätze erlassen und 2006 überarbeitet (sog. „“Bonusregelung”). Seitdem konnten zahlreiche Kartelle in den unterschiedlichsten Branchen mit der Unterstützung von Kronzeugen aufgedeckt werden.

Anfang 2021 wurde im Zuge der 10. GWB-Novelle das Kronzeugenprogramm erstmals im Gesetz verankert und hierbei auch Vorgaben der europäischen ECN+-Richtlinie umgesetzt. Diese stimmen im Wesentlichen mit der früheren Bonusregelung des Bundeskartellamtes überein. In den ergänzenden Leitlinien hat das Bundeskartellamt wie bereits in der Bonusregelung Konkretisierungen zur Gestaltung des Verfahrens und zur getroffen Ermessensausübung, u.a. zur Höhe der Ermäßigung, getroffen.

Höhe der Bußgelder

Im Rahmen der Novelle wurden außerdem eine Reihe von Kriterien für die Zumessung der Bußgeldhöhe gesetzlich verankert. Zum Beispiel ist der tatbezogene Umsatz – also der Umsatz, der mit den von den Absprachen betroffenen Produkten bzw. Dienstleistungen erzielt wurde – nun als Kriterium gesetzlich verankert. Darüber hinaus können vor und nach der Tat getroffene Vorkehrungen eines Unternehmens zur Vermeidung und Aufdeckung von entsprechenden Zuwiderhandlungen (Compliance) unter bestimmten Voraussetzungen berücksichtigt werden.

Mit der Überarbeitung der Bußgeldleitlinien trägt das Bundeskartellamt über die Gesetzesänderungen hinaus auch der Praxis der deutschen Gerichte verstärkt dadurch Rechnung, dass künftig anhand des tatbezogenen Umsatzes und der Unternehmensgröße ein Ausgangswert der Bußgeldzumessung bestimmt wird.

Im Ergebnis ist mit den Änderungen ein Zugewinn an Flexibilität im Einzelfall, aber keine wesentliche Veränderung des Bußgeldniveaus zu erwarten.

Weitere Informationen

Leitlinien zum Kronzeugenprogramm (PDF, 207 KB)
Merkblatt über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen für Kartellbeteiligte – Kronzeugenprogramm – (PDF, 175 KB)
Leitlinien für die Bußgeldzumessung in Kartellordnungswidrigkeitenverfahren (PDF, 282 KB)