Negativ-Bewertung eines Arztes

30. Juli 2024 -

Das Landgericht Koblenz hat mit Urteil vom 29.05.2024 zum Aktenzeichen 3 O 46/23 entschieden, dass ein Arzt gegen den Betreiber eines Online-Portals einen Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Veröffentlichung einer von einem Dritten abgegebenen negativen Bewertung seiner Praxis hat.

Zum Sachverhalt:

Bei dem Kläger handelt es sich um einen Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie mit einer von ihm betriebenen Arztpraxis. Die Beklagte betreibt ein Internet-Portal, in dem Patienten nach Ärzten suchen und diese bewerten sowie Ärzte sich selbst präsentieren können.

Auf der Internetseite der Beklagten wurde eine mit nur einem Stern benotete Bewertung eines anonymen Verfassers veröffentlicht. Dem Kläger wurde in der Bewertung u.a. vorgeworfen, keine Interessen an den Beschwerden des Verfassers gehabt und innerhalb weniger Minuten ein MRT für notwendig befunden zu haben, ohne sich für die beim Verfasser vorhandene Klaustrophobie zu interessieren. Der Kläger habe auch nicht nach Aufnahmen der letzten zwei Jahren gefragt. Der Kläger forderte daraufhin die Beklagte dazu auf, die Bewertung von ihrem Portal zu entfernen. Die Beklagte hörte hierzu den bei ihr nur mit einer E-Mail-Adresse registrierten Verfasser der Bewertung an und lehnte danach die Entfernung der Bewertung ab.

In dem vorliegenden Verfahren beantragte der Kläger sodann, die Beklagte zu verurteilen, eine Veröffentlichung der oben dargestellten Bewertung auf ihrem Portal zu unterlassen. Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen.

Streitig zwischen den Parteien war, ob es überhaupt einen Patientenkontakt gegeben habe, bzw. ob der Kläger in der Lage war einen entsprechenden Patientenkontakt zuzuordnen oder ob es an entsprechenden Anhaltspunkten sowohl in der Bewertung selbst als auch im Vortrag der Beklagten fehlte.

Der Kläger war zudem der Meinung, dass die abgegebene Bewertung gegen sein Persönlichkeitsrecht verstoße und er daher gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung habe.  Die Beklagte vertrat die Auffassung, dass kein Unterlassungsanspruch bestehe, weil sie keiner Störerhaftung unterliege. Sie habe weder Prüfpflichten verletzt noch in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers eingegriffen.

Die Entscheidung:

Die 3. Zivilkammer hat die Klage abgewiesen. Hostprovider wie die Beklagte könnten zwar grundsätzlich als Störer auf Unterlassung bzw. Beseitigung gem. § 1044 Abs. 1 BGB analog haften, weil diese eine Plattform zur Verfügung stellen, auf der anonyme Bewertungen abgegeben werden können. Wer – ohne selbst Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Gutes beitrage, könne als mittelbarer Störer für die Unterlassung einer Schutzrechtsverletzung in Anspruch genommen werden. Die Haftung als mittelbarer Störer dürfe aber nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, welche die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben. Sie setze deshalb die Verletzung von Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfpflichten, voraus. Deren Umfang bestimme sich danach, ob und inwieweit dem als mittelbaren Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen des Einzelfalls eine Verhinderung der Verletzung zuzumuten sei.

Da die Beklagte unstreitig auf die Beschwerde des Klägers ein Überprüfungsverfahren eingeleitet, eine Stellungnahme durch den Verfasser der Bewertung eingeholt und diese der Klägerin zur Stellungnahme weitergeleitet habe, habe sie ihre Prüfpflicht nicht verletzt.

Soweit der Kläger behauptete, dass überhaupt kein Patientenkontakt zwischen ihm und dem Verfasser der Bewertung stattgefunden habe und die Beklagte bereits deshalb ihre Prüfpflicht verletzt habe, vermochte dies die Kammer nicht zu überzeugen. Zwar komme grundsätzlich eine Verletzung des Klägers in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht in Betracht, wenn der in der angegriffenen Äußerung enthaltene tatsächliche Bestandteil unrichtig gewesen sei und dem Werturteil damit jegliche Tatsachengrundlage fehle. Darlegungs- und beweisbelastet für das Fehlen eines Behandlungskontakts sei jedoch insoweit der Kläger. Die Beklagte treffe hinsichtlich des Behandlungskontakts lediglich eine sekundäre Darlegungslast.

Dieser sekundären Darlegungslast sei die Beklagte hinreichend nachgekommen. Die Beklagte habe sowohl eine Stellungnahme des Verfassers der Bewertung angefordert, als auch einen ungefähren Behandlungszeitraum angegeben. Weiter habe die Beklagte ausreichend ermittelt, dass beim Verfasser der Bewertung keine weiteren Unterlagen mehr zu der Behandlung existieren. Es sei nicht ersichtlich welche weiteren Nachforschungen die Beklagte hätte anstellen können, um unter Wahrung der Anonymität des Verfassers der Bewertung den Sachverhalt weiter aufzuklären.

Das Vorbringen des Klägers, dass kein Patientenkontakt stattgefunden habe, sei hingegen bereits unsubstantiiert. Dieses beschränke sich im Wesentlichen darauf, dass es an Hand der Stellungnahmen und der Bewertung weder dem Kläger, noch dem Praxisteam möglich sei, die Beschwerden und das Vorbringen einem konkreten Patientenkontakt zuzuordnen. Hinsichtlich des Inhalts der Bewertung sei bereits nach dem Klagevortag nicht ersichtlich, dass die in der Bewertung geäußerten Tatsachen nicht der Wahrheit entsprechen. Es könne daher auch diesbezüglich keine Pflichtverletzung der Beklagten festgestellt werden.