Mutterschutz ist ein wichtiger Bestandteil des Arbeitsrechts, um schwangere Frauen vor gesundheitlichen Risiken zu schützen und ihnen die nötige Zeit zur Erholung und Vorbereitung auf die Geburt ihres Kindes zu ermöglichen. Doch was passiert im Falle einer Fehlgeburt? Sollte auch hier Mutterschutz gewährt werden?
Dieser Frage hat sich der Bundesrat in seiner Entschließung 289/24 vom 5.7.2024 angenommen und die Bundesregierung aufgefordert, einen gestaffelten Mutterschutz bei Fehlgeburten einzuführen. Dies würde eine Änderung des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) sowie des Personenstandsrechts (PStG und PStV) und des Aufwendungsausgleichsgesetzes (AAG) erforderlich machen. Die Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung sieht bereits vor, den Mutterschutz auch nach einer Fehlgeburt nach der 20. Schwangerschaftswoche einzuführen. Trotzdem steht eine gesetzliche Änderung bisher aus.
Die Petition 136221 vom 15.7.2022, die Expertinnen im Fachgespräch mit dem Ausschuss für Familie und Jugend des Bundestags am 10.5.2023 sowie die Verfassungsbeschwerden beim Bundesverfassungsgericht seit November 2022 unterstreichen die Dringlichkeit einer Regelung zum Mutterschutz bei Fehlgeburten. Auch das Bundesfamilienministerium hat eine umfassende Prüfung zugesagt. Die bisherige Rechtslage sieht vor, dass der Mutterschutz nach der Geburt eines Kindes gilt und an die „Entbindung“ anknüpft, ohne jedoch Fehlgeburten explizit zu berücksichtigen.
Eine Fehlgeburt wird vom Personenstandsrecht klar von einer Totgeburt abgegrenzt. Während eine Totgeburt im Geburtenregister eingetragen wird, gibt es für eine Fehlgeburt keine Beurkundungspflicht. Betroffene Eltern können lediglich eine Bescheinigung vom Standesamt erhalten. Die arbeitsrechtlichen Folgen einer Fehlgeburt sind bisher nur beim Kündigungsschutz im Mutterschutzgesetz geregelt, nicht jedoch in Bezug auf die Mutterschutzfrist nach der Geburt.
Frauen, die eine Fehlgeburt erlitten haben, müssen nach der Geburt wieder arbeiten und sind auf eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung angewiesen. Dies führt dazu, dass sie nach dem Ende des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nur Krankengeld erhalten, was zu einer wirtschaftlichen Benachteiligung im Vergleich zu Frauen mit einer Totgeburt führt. Dies steht im Widerspruch zum Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes und dem Schutzanspruch einer jeden Mutter.
Der Bundesratsbeschluss fordert daher eine einführende Gestaltung des Mutterschutzes bei Fehlgeburten, die sich an der Dauer der Schwangerschaft orientiert. Es wird diskutiert, ob es sinnvoll wäre, die Mutterschutzfrist nach einer Fehlgeburt an die Mutterschutzfrist nach der Geburt anzupassen, um Brüche im Gesetz zu vermeiden. Eine verfassungskonforme Regelung im Mutterschutzgesetz mit einem arbeitgeberseitigen Erstattungsanspruch der Mutterschutzkosten im AAG ist erforderlich.
Die Differenzierung zwischen Fehl- und Totgeburten im Personenstandsrecht muss angepasst werden, um eine einheitliche Regelung zu schaffen. Es wird vorgeschlagen, sich an der Stichtagsregelung des Kündigungsschutzes nach einer Fehlgeburt bis zur zwölften Schwangerschaftswoche zu orientieren.
Insgesamt ist eine gesetzliche Regelung zum Mutterschutz bei Fehlgeburten dringend erforderlich, um den Schutz und die Fürsorge für betroffene Frauen zu gewährleisten. Es ist wichtig, dass Frauen, die eine Fehlgeburt erleiden, die notwendige Zeit zur Erholung und Verarbeitung bekommen und nicht in eine finanzielle Notlage geraten. Die Bundesregierung ist nun gefordert, aktiv zu werden und eine entsprechende gesetzliche
Das Bundesverfassungsgericht hat dazu in seinem Beschluss vom 21. August 2024 – 1 BvR 2106/22 entschieden:
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen § 3 Abs. 2 bis Abs. 4 des Gesetzes zum Schutz von Müttern bei der Arbeit, in der Ausbildung und im Studium (Mutterschutzgesetz – MuSchG), zuletzt geändert durch Art. 57 Abs. 8 des Gesetzes zur Regelung des Sozialen Entschädigungsrechts vom 12. Dezember 2019 (BGBl I S. 2652 <2721>). § 3 Abs. 2 bis Abs. 4 MuSchG traten in der Fassung vom 23. Mai 2017 durch Art. 10 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Mutterschutzrechts (BGBl I S. 1228 <1244>) zum 1. Januar 2018 in Kraft. Sie lauten wie folgt:
§ 3 Schutzfristen vor und nach der Entbindung
(1) 1 Der Arbeitgeber darf eine schwangere Frau in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung nicht beschäftigen (Schutzfrist vor der Entbindung), soweit sie sich nicht zur Arbeitsleistung ausdrücklich bereit erklärt. 2 Sie kann die Erklärung nach Satz 1 jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. 3 Für die Berechnung der Schutzfrist vor der Entbindung ist der voraussichtliche Tag der Entbindung maßgeblich, wie er sich aus dem ärztlichen Zeugnis oder dem Zeugnis einer Hebamme oder eines Entbindungspflegers ergibt. 4 Entbindet eine Frau nicht am voraussichtlichen Tag, verkürzt oder verlängert sich die Schutzfrist vor der Entbindung entsprechend.
(2) 1 Der Arbeitgeber darf eine Frau bis zum Ablauf von acht Wochen nach der Entbindung nicht beschäftigen (Schutzfrist nach der Entbindung). 2 Die Schutzfrist nach der Entbindung verlängert sich auf zwölf Wochen
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- bei Frühgeburten,
- bei Mehrlingsgeburten und,
- wenn vor Ablauf von acht Wochen nach der Entbindung bei dem Kind eine Behinderung im Sinne von § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch ärztlich festgestellt wird. 3 Bei vorzeitiger Entbindung verlängert sich die Schutzfrist nach der Entbindung nach Satz 1 oder nach Satz 2 um den Zeitraum der Verkürzung der Schutzfrist vor der Entbindung nach Absatz 1 Satz 4. 4 Nach Satz 2 Nummer 3 verlängert sich die Schutzfrist nach der Entbindung nur, wenn die Frau dies beantragt.
(3) 1 Die Ausbildungsstelle darf eine Frau im Sinne von § 1 Absatz 2 Satz 2 Nummer 8 bereits in der Schutzfrist nach der Entbindung im Rahmen der schulischen oder hochschulischen Ausbildung tätig werden lassen, wenn die Frau dies ausdrücklich gegenüber ihrer Ausbildungsstelle verlangt. 2 Die Frau kann ihre Erklärung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen.
(4) 1 Der Arbeitgeber darf eine Frau nach dem Tod ihres Kindes bereits nach Ablauf der ersten zwei Wochen nach der Entbindung beschäftigen, wenn
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- die Frau dies ausdrücklich verlangt und
- nach ärztlichem Zeugnis nichts dagegen spricht.
2 Sie kann ihre Erklärung nach Satz 1 Nummer 1 jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen.
Die Beschwerdeführerinnen zu 1. bis 4. sind angestellte beziehungsweise verbeamtete Frauen, deren Schwangerschaften zwischen August 2019 und Februar 2022 jeweils nach der 12., aber vor der 24. Schwangerschaftswoche endeten. Sie ließen sich infolge der erlittenen Fehlgeburten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausstellen und blieben der Arbeit fern.
Die Beschwerdeführerinnen rügen, dass die angegriffenen Regelungen mit Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 4 GG unvereinbar seien. Schwangere Frauen, die zwischen der 12. und der 24. Schwangerschaftswoche eine Fehlgeburt mit einem weniger als 500 Gramm schweren Kind erlitten, seien aus verfassungsrechtlichen Gründen wie Entbindende zu behandeln, die in den Anwendungsbereich der angegriffenen Regelungen fielen.
Soweit sich die Rechtssatzverfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerinnen zu 1. bis 4. gegen § 3 Abs. 2 bis Abs. 4 MuSchG richtet, ist sie bereits verfristet.
Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist auch keine andere Bewertung deshalb geboten, weil die Beschwerdeführerinnen zu 1. bis 4. die Fehlgeburten erst im Zeitraum August 2019 bis Februar 2022 erlitten haben. Für den Fristbeginn ist der Zeitpunkt der erstmaligen Beschwer durch eine Norm grundsätzlich unerheblich (vgl. BVerfGE 23, 153 <164>; 30, 112 <126>). Bei der Jahresfrist des § 93 Abs. 3 Alt. 1 BVerfGG handelt es sich um eine Ausschlussfrist, deren Zweck es ist, Rechtssicherheit zu schaffen (vgl. BVerfGE 11, 255 <260>).
Ob für den Fristlauf ausnahmsweise auf den Zeitpunkt der erstmaligen Beschwer abzustellen ist, bedarf hier keiner Entscheidung. Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerinnen zu 2. bis 4. wäre auch in diesem Fall verfristet. Sie haben die Fehlgeburten im Zeitraum August 2019 bis Oktober 2020 erlitten. Bei Erhebung der Verfassungsbeschwerde am 4. November 2022 war die Jahresfrist des § 93 Abs. 3 Alt. 1 BVerfGG danach abgelaufen. Im Übrigen droht bei Anwendung des § 93 Abs. 3 Alt. 1 BVerfGG auch kein Rechtsschutzdefizit. Die Beschwerdeführerinnen zu 1. bis 4. haben von der Möglichkeit, die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Regelungen inzidenter im fachgerichtlichen Rechtsschutz prüfen zu lassen, keinen Gebrauch gemacht.
Der Grundsatz der Subsidiarität ist nicht gewahrt. Die Beschwerdeführerinnen zu 1. bis 4. haben keinen fachgerichtlichen Rechtsschutz ersucht, ohne dass erkennbar wäre, weshalb ihnen dies unzumutbar gewesen sein soll. Sie hätten, jedenfalls soweit sie Mitglieder der gesetzlichen Krankenkasse sind, gegen die Krankenkassen einen Anspruch auf Mutterschaftsgeld beziehungsweise gegen ihre Arbeitgeber einen Anspruch auf Zuschuss zum Mutterschaftsgeld geltend machen können.
Anspruch auf Mutterschaftsgeld nach § 24i Abs. 1 SGB V haben weibliche Mitglieder einer gesetzlichen Krankenkasse, die bei Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Krankengeld haben oder denen wegen der Schutzfristen des § 3 MuSchG kein Arbeitsentgelt gezahlt wird. Der Anspruch besteht für die letzten sechs Wochen vor dem voraussichtlichen Tag der Entbindung, dem Entbindungstag und für die ersten acht Wochen, bei Früh- und Mehrlingsgeburten für die ersten zwölf Wochen nach der Entbindung (§ 24i Abs. 3 Satz 1, Satz 2 SGB V). Mutterschaftsgeld wird nicht von Amts wegen gezahlt, sondern bedarf nach § 19 Satz 1 SGB IV eines Antrages (vgl. Knorr/Krasney, in: Entgeltfortzahlung-Krankengeld-Mutterschaftsgeld, 2024, § 24i SGB V Rn. 91). Verweigert die Krankenkasse die Auszahlung, weil sie die Voraussetzungen für nicht gegeben erachtet, hat sie der Frau einen formellen Bescheid zu erteilen, gegen den Widerspruch erhoben werden kann.
Der Anspruch auf Mutterschaftsgeld knüpft bei den Anspruchsvoraussetzungen des § 24i Abs. 1 SGB V an die gesetzlichen Schutzfristen des § 3 MuSchG und damit an die „Entbindung“ an; dasselbe gilt für die in § 24i Abs. 3 SGB V geregelte Anspruchsdauer. Wann eine Entbindung im Sinne des § 24i Abs. 1, Abs. 3 SGB V bzw. § 3 Abs. 2 bis Abs. 4 MuSchG vorliegt, ist dem Gesetzestext, insbesondere den Begriffsbestimmungen in § 2 MuSchG nicht zu entnehmen. Als maßgebend wurde insofern bisher die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts herangezogen, die unter Entbindung die „Trennung der Leibesfrucht vom Mutterleib“ verstand und zur Begriffsbestimmung dabei auf die Verordnung zur Ausführung des Personenstandsgesetzes (in der Folge: PStV) zurückgriff (vgl. BAG, Urteil vom 12. Dezember 2013 – 8 AZR 838/12 -, BAGE 147,50 <56 Rn. 28> mit Verweis auf BAG, Urteil vom 15. Dezember 2005 – 2 AZR 462/04 -, juris). Eine Entbindung war nach dieser Auslegung nur dann gegeben, wenn ein Kind lebend oder tot nach der 24. Schwangerschaftswoche beziehungsweise mit einem Gewicht der Leibesfrucht von mehr als 500 Gramm geboren wurde.
Die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes war den Beschwerdeführerinnen zu 1. bis 4. bei dieser Ausgangslage nicht unzumutbar. Dass sich die Sozialgerichte bei der Beurteilung etwaiger Zahlungsklagen auf Mutterschaftsgeld der vom Bundesarbeitsgericht in der Vergangenheit vorgenommenen Auslegung anschließen, wonach eine Fehlgeburt keine Entbindung darstellt, ist entgegen der pauschalen Annahme der Beschwerdeführerinnen zu 1. bis 4. nicht offensichtlich.
Der Begriff der Entbindung wurde durch den Gesetzgeber weder im Mutterschutzrecht noch in den zugehörigen sozialrechtlichen Bestimmungen konkretisiert. Dass der Gesetzgeber unter Entbindung im Sinne der § 3 Abs. 2 bis Abs. 4 MuSchG nur die Fälle fassen wollte, bei denen nach Maßgabe der Personenstandsverordnung eine Lebendgeburt (§ 31 Abs. 1) beziehungsweise eine Totgeburt (§ 31 Abs. 2) vorliegt, wird weder aus dem Wortlaut der Regelungen noch der Systematik des Mutterschutzgesetzes ersichtlich. Dass der Gesetzgeber im Zuge der Reform des Mutterschutzgesetzes zum 1. Januar 2018 bei Frauen, die eine Fehlgeburt erlitten haben, für einen bestimmten Zeitraum ein Kündigungsverbot normiert hat (§ 17 Abs. 1 Nr. 2 MuSchG), setzt für die Auslegung des Begriffs „Entbindung“ im Rahmen der Schutzfristenregelungen keine verbindlichen Maßstäbe. Denn der Gesetzgeber stellte bei Einführung des mutterschutzrechtlichen Kündigungsverbots bei Fehlgeburten ausdrücklich klar, dass er die durch die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Auslegung des Begriffs „Entbindung“ vorgenommene Bezugnahme auf die Personenstandsverordnung aus medizinischer Sicht und nach Intention des Mutterschutzgesetzes für nicht sachgerecht erachtet (vgl. BTDrucks 18/8963, S. 87 f.; vgl. BRDrucks 230/16, S. 99). Dass der Gesetzgeber die fachgerichtliche Auslegung hingegen bei den Schutzfristen für überzeugend hält, wird weder aus der Gesetzesbegründung ersichtlich, noch erscheint dies mit Blick auf die einheitliche Intention des Mutterschutzgesetzes plausibel.
Dass die Gerichte bei dieser Ausgangslage gleichwohl an ihrer bisherigen Rechtsprechung zur Auslegung des Begriffs der „Entbindung“ festhalten würden, haben die Beschwerdeführerinnen nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Sie setzen sich mit den bisherigen Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts aus den Jahren 2005 beziehungsweise 2013, die nicht spezifisch zu den angegriffenen gesetzlichen Schutzfristenregelungen, sondern zu (Vorgänger-)Regelungen der kündigungsrechtlichen Bestimmung im Mutterschutzgesetz (§ 9 a. F. MuSchG) und zu einer anders gestalteten personenstandsrechtlichen Regelung ergangen sind, nicht hinreichend substantiiert auseinander. Sie übersehen weiter, dass das Bundesarbeitsgericht die Auslegung des Begriffs „Entbindung“ an die vormalige medizinische Erkenntnislage knüpfte. Dass die damaligen Erkenntnisse in der Geburtshilfe unverändert gelten, behaupten die Beschwerdeführerinnen zu 1. bis 4. aber nicht. Die Verfassungsbeschwerde befasst sich auch nicht mit der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, die die gesetzgeberischen Entwicklungen bei Fehlgeburten im Mutterschutzrecht bei der Auslegung des Begriffs der „Schwangerschaft“ im Rahmen des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz – BEEG) berücksichtigt (vgl. BSG, Urteil vom 16. März 2017 – B 10 EG 9/15 R -, juris, Rn. 25).
Die durch das Bundesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung des Begriffs „Entbindung“ ist auch nicht zwingend. Die durch das Gericht bei Erörterung der „Entbindung“ in Bezug genommene Personenstandsverordnung diente bei Einführung dem Zweck, die dem Personenstandsrecht entsprechenden Regelungen zur familien- und namensrechtlichen Beurkundung von Geburten, Eheschließungen, Begründungen von Lebenspartnerschaften und Sterbefällen auszuführen (vgl. BRDrucks 713/08, S. 1.). Sie enthält verfahrensrechtliche Normen ohne sachlichrechtliche Wirkungen für die Frage, ab wann ein Mensch lebensfähig ist. Die Zwecksetzung der Personenstandsverordnung unterscheidet sich damit grundsätzlich von den Regelungen der § 3 Abs. 2 bis Abs. 4 MuSchG, die eine störungsfreie Regeneration der nach der Entbindung in besonderer Weise schonungs- und pflegebedürftigen Frau sowie eine Intensivierung des Kontakts zum neu geborenen Kind ermöglichen sollen. Es ist mit Blick auf diese unterschiedlichen Zielsetzungen nicht ausgeschlossen, dass die Gerichte bei Auslegung der mutterschutzrechtlichen Bestimmungen unter Berücksichtigung der Interessenlage eine „Entbindung“ auch im Falle einer Fehlgeburt annehmen oder im Lichte des Art. 6 Abs. 4 GG für geboten erachten.
Zahlungsklagen gegen die Krankenkassen wären entgegen der Behauptungen der Beschwerdeführerinnen zu 1. bis 4. auch nicht offensichtlich aussichtslos, weil es den Klagen an einem Rechtsschutzbedürfnis fehlte. Das Mutterschaftsgeld unterscheidet sich wesentlich von der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Die Beschwerdeführerinnen setzten sich mit den unterschiedlich ausgestalteten Regelungen nicht hinreichend auseinander.
Die Beschwerdeführerinnen zu 1. bis 4. hätten neben dem Mutterschaftsgeld auch den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld gegen ihre Arbeitgeber vor den Arbeitsgerichten einklagen können. Diese Klagen hätten gemeinsam mit einer Feststellungsklage gerichtet auf Feststellung eines Beschäftigungsverbots erhoben werden können. Mit diesen Rechtsschutzmöglichkeiten befasst sich die Beschwerde aber nicht. Die Beschwerdeführerinnen zu 1. bis 4. tragen lediglich zu einer ihnen nicht zumutbaren erzwungenen Kündigungssituation vor, die aber einfachrechtlich anders ausgestaltet ist und für ihr offenkundiges Ziel, tatsächlich und wirtschaftlich mit Frauen, die unter die Schutzfristen fallen, gleichgestellt zu werden, nicht sachdienlich ist.
Die Verfassungsbeschwerde ist auch nicht ausnahmsweise vor Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes zulässig. Sie wirft nicht allein verfassungsrechtliche Fragen auf, die ohne Aufbereitung der tatsächlichen und rechtlichen Entscheidungsgrundlagen zu beantworten wären. Bei der „Entbindung“, die für das Beschäftigungsverbot maßgebend ist, sind medizinische Wertungen zu berücksichtigen. Solche Erkenntnisse sind vorrangig im fachgerichtlichen Verfahren zu gewinnen, um eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu ermöglichen.