Das Thema Gehalt ist in vielen Unternehmen ein heikles Thema. Viele Arbeitgeber wollen nicht, dass ihre Mitarbeitenden über ihre Gehälter sprechen, aus Angst vor Unzufriedenheit oder Missgunst unter den Kollegen. Manche gehen sogar so weit und verbieten es explizit im Arbeitsvertrag. Doch ist das überhaupt rechtlich zulässig?
Auf der Karriereplattform LinkedIn wurde kürzlich eine Anekdote geteilt, in der eine Arbeitnehmerin nach nur zwei Monaten gekündigt wurde, weil sie über ihr Gehalt gesprochen hatte. In den Arbeitsverträgen der Mitarbeiter stand eine Klausel, die das Sprechen über das Gehalt untersagte. Doch ist eine Kündigung aufgrund eines solchen Verstoßes überhaupt rechtens?
Nein, eine Kündigung aufgrund des Austauschs über Gehälter ist in den meisten Fällen nicht rechtens. Auch wenn eine Klausel im Arbeitsvertrag verankert ist, die dies verbietet, kann sich der Arbeitgeber in einem Rechtsstreit in der Regel nicht darauf berufen.
Arbeitgeber dürfen grundsätzlich niemanden wegen Gehaltsgesprächen vor die Tür setzen. Die Klausel dient meist dazu, Mitarbeiter abzuschrecken und sie daran zu hindern, über ihr Gehalt zu sprechen. Denn wie Steffen erklärt, wer nicht weiß, wie viel die Kollegen verdienen, verhandelt oftmals schlechter.
Trotz der Unwirksamkeit solcher Klauseln, sind sie nach wie vor in vielen Arbeitsverträgen zu finden. Arbeitgeber können jedoch in Fällen von Managerinnen und Managern, die je nach Umsatz des Unternehmens variable Bonuszahlungen erhalten, Verschwiegenheitsklauseln einsetzen. Auch aus Datenschutzgründen kann der Arbeitgeber das Sprechen über Gehälter untersagen, insbesondere wenn es sich um Mitarbeiter in der Personalabteilung oder Betriebsräte handelt, die die Gehälter ihrer Kollegen kennen.
Es empfiehlt sich jedoch vor Gehaltsgesprächen mit Kollegen die Risiken abzuwägen. Obwohl Arbeitnehmer in der Regel vor Gericht mit einer Kündigung wegen Gehaltsgesprächen Recht bekommen würden, müsse man sich überlegen, ob der Ärger und Stress einer Auseinandersetzung dies wert ist. Im Falle einer unrechtmäßigen Kündigung haben Arbeitnehmer drei Wochen Zeit, um vor das Arbeitsgericht zu ziehen und Kündigungsschutzklage zu erheben.
Die Frage, ob man einen Arbeitsvertrag unterschreiben sollte, der Gehaltsgespräche verbietet, lässt sich klar beantworten: Ja. Denn in den meisten Fällen sind solche Klauseln unwirksam und Arbeitnehmer sollten sich ihren Traumjob nicht entgehen lassen. Es empfiehlt sich dennoch, den eigenen Vertrag genau zu prüfen, um rechtliche Fallstricke zu vermeiden.
Was passiert, wenn man das Gefühl hat, dass Kollegen ungerechtfertigt mehr verdienen? Hier greift das Entgelttransparenzgesetz, das Unternehmen seit Januar 2017 verpflichtet, jedem Mitarbeiter Auskunft über sein Gehalt im Vergleich zu vergleichbaren Kollegen zu geben. Diese Transparenz soll für mehr Gerechtigkeit sorgen und Ungleichheiten aufdecken.
Zukünftig gibt es sogar eine neue EU-Richtlinie, die Arbeitgebern vorschreibt, Interessierte bereits vor dem Vorstellungsgespräch über die Spanne des Einstiegsgehalts zu informieren. Zudem müssen regelmäßige Berichte über vergleichbare Gehälter veröffentlicht werden. Dadurch wird es vielleicht bald zur Normalität, offen über Gehälter zu sprechen – möglicherweise sogar gesetzlich verankert.
Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat mit Urteil vom 21.10.2009 zum Aktenzeichen 2 Sa 237/09 einen ähnlichen Fall entschieden, in dem ein Arbeitnehmer eine Abmahnung erhielt, weil er über das Gehalt sprach.
In dem vorliegenden Fall geht es um eine Klausel in einem Anstellungsvertrag, die den Arbeitnehmer verpflichtet, über seine Arbeitsvergütung auch gegenüber Arbeitskollegen Verschwiegenheit zu bewahren. Diese Klausel wurde von dem Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern als unwirksam eingestuft, da sie den Arbeitnehmer daran hindert, Verstöße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz im Rahmen der Lohngestaltung gegenüber dem Arbeitgeber erfolgreich geltend zu machen.
Die Richter argumentierten, dass der Arbeitgeber auch bei der Lohngestaltung dem Grundsatz der Gleichbehandlung verpflichtet ist. Um festzustellen, ob Ansprüche aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz hinsichtlich der Lohnhöhe bestehen, ist es für den Arbeitnehmer notwendig, sich mit Arbeitskollegen über seine eigene Lohngestaltung auszutauschen. Eine Klausel, die solche Gespräche verbietet, würde dem Arbeitnehmer das effektive Durchsetzen seiner Rechte erschweren, da er nicht in der Lage wäre, Informationen über die Lohnstruktur im Unternehmen zu erhalten.
Des Weiteren stellte das Gericht fest, dass die Verschwiegenheitsklausel auch gegen die Koalitionsfreiheit gemäß Artikel 9 Absatz 3 des Grundgesetzes (GG) verstößt. Durch das Verbot, Informationen über die Lohnhöhe an Gewerkschaften weiterzugeben, würde die Möglichkeit von sinnvollen Arbeitskämpfen gegen das Unternehmen eingeschränkt, da die Gewerkschaft keine Einblicke in die Lohnstruktur des Unternehmens erhalten könnte.
Aufgrund dieser Argumentation wurde die Abmahnung des Klägers wegen Verstoßes gegen die Verschwiegenheitsklausel als ungerechtfertigt angesehen. Das Gericht ordnete die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte des Klägers an und wies die Berufung der Beklagten zurück. Die Revision wurde jedoch zugelassen, um die Möglichkeit einer weiteren rechtlichen Überprüfung zu gewähren.