Das Amtsgericht München hat am 17.12.2021 zum Aktenzeichen 271 C 8389/21 entschieden, dass ein Fahrzeug, das als Ausstellungsstück beim Händler stand, nicht mehr als Neuwagen bezeichnet werden darf.
Aus der Pressemitteilung des AG München Nr. 8/2022 vom 25.02.2022 ergibt sich:
Die Klägerin erwarb Ende des Jahres 2019 in einer Münchner Niederlassung des Autoherstellers einen Sportwagen mit einem Listenpreis von 61.788,90 € für 54.604,10 €. Der Pkw, der bereits 2018 produziert worden war, befand sich zur Zeit des Kaufes in einer anderen Niederlassung des Autoherstellers. Dort war das Sportwagen ausgestellt und konnte von Besuchern besichtigt werden. Zugelassen oder gefahren worden war das Fahrzeug nicht. Nur etwa einen Monat nachdem die Klägerin ihren Wagen erhalten hatte musste sie die Pannenhilfe in Anspruch nehmen, weil die Batterie defekt war. Zudem stellte sie Kratzer, kleinere Dellen und Abschürfungen, etwa an den Einstiegsleisten fest.
Die Klägerin meint sie habe anstatt eines fabrikneuen ein gebrauchtes Fahrzeug erhalten. Der ihr übergebene Wagen sei bereits benutzt und darüber hinaus auch beschädigt gewesen. Man habe ihr beim Kauf gesagt, dass sie ein Lagerfahrzeug kaufe, das aus einer anderen Niederlassung überführt werden müsse. Davon, dass dieses dort auch ausgestellt worden sei, habe sie jedoch nichts gewusst. Sie forderte daher eine Minderung des Kaufpreises in Höhe von 5.000 €. Die Beklagte war der Ansicht, es handle sich trotz der vorherigen Ausstellung des Pkws noch um ein Neufahrzeug, denn schließlich sei dieses erstmals auf die Klägerin zugelassen worden. Es seien auch keine Probefahrten damit durchgeführt worden. Daher sei das Auto neu und kein Vorführwagen. Die beschädigte Batterie ersetzte die Beklagte bereits vor Prozessbeginn.
Das AG München hat der Klägerin grundsätzlich Recht gegeben und den Automobilhersteller verurteilt, im Wege der Minderung 1.000 Euro des bereits gezahlten Kaufpreises an die Klägerin wieder zurück zu zahlen.
Der gegenständliche Pkw war nach Wertung der hier konkret vorliegenden Umstände kein Neuwagen. Ein Fahrzeug ist dann ein Neuwagen, wenn es unbenutzt ist, das Modell des Fahrzeugs unverändert weitergebaut wird, es keine durch längere Standzeit bedingten Mängel aufweist und wenn zwischen Herstellung des Fahrzeugs und Abschluss des Kaufvertrages nicht mehr als 12 Monate liegen. Das Gericht geht davon aus, dass ein „unbenutztes“ Kraftfahrzeug nicht nur bedeutet, dass es – wie hier – noch nicht zugelassen bzw. noch nicht gefahren wurde, sondern dass auch eine anderweitige Benutzung des Fahrzeugs dazu führen kann, dass es nicht mehr als „unbenutzt“ im Sinne der Neuwagendefinition des BGH gilt.
Bei Ausstellung eines Fahrzeugs in einer Niederlassung wird es jedenfalls von einer unbestimmten Anzahl von Personen innen und außen angefasst, Türen und Kofferraum werden vielfach geöffnet, es wird probegesessen, Sitze werden verstellt etc. Ein Ausstellungsfahrzeug in einer Niederlassung eines Automobilherstellers unterliegt somit einer wiederholten körperlichen Nutzung und ist daher nach Überzeugung des Gerichts nicht mehr ungenutzt.“
Lediglich in der Höhe ihrer Forderung musste die Klägerin Abstriche machen: Die klägerische Bezifferung der Minderung im Gerichtsverfahren mit 5.000 € erscheint dem Gericht überhöht. Bei der Minderung ist der Kaufpreis in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde; die Minderung ist, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln (§ 441 Abs. 3 BGB). Das Gericht schätzt vorliegend gem. § 287 ZPO den Minderungsbetrag hier auf 1.000 €. In die Schätzung ließ die Vorsitzende unter anderem einfließen, dass einerseits „die Vereinbarung „Neuwagen“ ein feststehender Begriff mit besonderer Relevanz beim Autokauf“ sei, andererseits jedoch „bei Vertragsschluss bereits ein erheblicher Abschlag vom Listenpreis gewährt worden“ sei.
Das Urteil ist rechtskräftig.