Millionenhilfe für Alitalia war rechtswidrig

13. September 2021 -

Die EU-Kommission hat bekannt gegeben, dass zwei staatliche Darlehen in Höhe von insgesamt 900 Millionen Euro, die Italien Alitalia im Jahr 2017 gewährt hat, nach den EU-Beihilfevorschriften rechtswidrig sind.

Aus EU-Aktuell vom 10.09.2021 ergibt sich:

Diese Darlehen hätten dem Unternehmen einen ungerechtfertigten Vorteil gegenüber seinen Wettbewerbern verschafft, sagte die für Wettbewerbspolitik zuständige Exekutiv-Vizepräsidentin der Kommission Margrethe Vestager. „Italien muss diese Beihilfen nun von Alitalia zurückfordern, um zur Wiederherstellung fairer Wettbewerbsbedingungen in der europäischen Luftverkehrsbranche beizutragen.“ Außerdem hat die Europäische Kommission heute festgestellt, dass Italia Trasporto Aereo S.p.A. („ITA“) nicht der wirtschaftliche Nachfolger von Alitalia ist und daher rechtswidrige Beihilfen, die Alitalia gewährt wurden, nicht zurückzahlen muss. Sie stellte ferner fest, dass die Kapitalzuführungen Italiens in Höhe von 1,35 Mrd. Euro für das neue Unternehmen marktkonform sind und daher keine staatlichen Beihilfen im Sinne der EU-Vorschriften darstellen.

Alitalia ist eine italienische Fluggesellschaft, die inländische und internationale Luftverkehrsdienste, Wartungs-, Bodenabfertigungs- und Frachtverkehrsdienste anbietet. Seit 2008 verzeichnet sie Verluste. Anfang 2017 benötigte Alitalia dringend Liquidität, hatte jedoch aufgrund seiner schlechten Finanzlage keinen Zugang mehr zu den Kreditmärkten. Damit Alitalia seinen Betrieb aufrechterhalten konnte, gewährte Italien dem Unternehmen im Mai 2017 ein Darlehen in Höhe von 600 Mio. Euro und im Oktober desselben Jahres 2017 ein weiteres Darlehen in Höhe von 300 Mio. Euro. Gleichzeitig wurde nach italienischem Insolvenzrecht ein besonderes Insolvenzverfahren für die Gesellschaft eingeleitet.

Am 23. April 2018 leitete die Kommission ein förmliches Prüfverfahren ein, das zeigen sollte, ob die beiden Darlehen mit den EU-Beihilfevorschriften im Einklang stehen. Zuvor waren bei der Kommission eingegangen: i) im Jahr 2017 eine Reihe förmlicher Beschwerden konkurrierender Fluggesellschaften, denen zufolge Italien Alitalia eine rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe gewährt habe, und ii) im Januar 2018 die von Italien vorgenommene Anmeldung der staatlichen Darlehen als Rettungsbeihilfe gemäß den Leitlinien der Kommission für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen.

Nach den EU-Beihilfevorschriften können staatliche Maßnahmen zugunsten von Unternehmen als beihilfefrei angesehen werden, wenn der Staat nicht als Behörde handelt sondern wie ein privater Kapitalgeber, d. h. zu Bedingungen tätig wird, die für einen marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsbeteiligten annehmbar wären (sog. Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten).

Die Prüfung der Kommission ergab jedoch, dass Italien bei der Gewährung der beiden Darlehen an Alitalia nicht wie ein privater Kapitalgeber gehandelt hat, da die Wahrscheinlichkeit einer Rückzahlung der Darlehen zuzüglich Zinsen nicht im Voraus bewertet wurde. Die Kommission hat bei ihrer Analyse der damaligen Jahresabschlüsse von Alitalia festgestellt, dass Alitalia kaum in der Lage gewesen wäre, genügend Barmittel aufzubringen, um die staatlichen Darlehen zum Fälligkeitstermin zurückzuzahlen, und dass das Unternehmen auch keine Vermögenswerte hätte verkaufen können, um genügend Barmittel für die Rückzahlung der Schulden zu beschaffen.

Auf dieser Grundlage kam die Kommission zu dem Schluss, dass kein privater Kapitalgeber dem Unternehmen zum damaligen Zeitpunkt die Darlehen gewährt hätte und dass die beiden Darlehen daher eine staatliche Beihilfe im Sinne der EU-Beihilfevorschriften darstellen.

Ferner zeigte die Prüfung, dass die Beihilfe nicht, wie von Italien in der Anmeldung angegeben, nach den Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen als Rettungsbeihilfen genehmigt werden konnten. Die Darlehen wurden nicht innerhalb von sechs Monaten zurückgezahlt, Italien hat zu keinem Zeitpunkt einen Umstrukturierungsplan für die Wiederherstellung der Rentabilität des Unternehmens vorgelegt und das Unternehmen wurde auch nicht gemäß den in den Leitlinien festgelegten Bedingungen aufgelöst.

Daher gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass die Darlehen Alitalia einen ungerechtfertigten wirtschaftlichen Vorteil gegenüber seinen Wettbewerbern auf nationalen, europäischen und internationalen Strecken verschafft haben und damit mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfen darstellen. Italien muss die rechtswidrige Beihilfe in Höhe von 900 Mio. Euro nun zuzüglich Zinsen von Alitalia zurückfordern.

Hintergrund

Die Kommission hat heute einen weiteren Beschluss erlassen, in dem es um die Kapitalzuführungen Italiens zugunsten des neuen Luftverkehrsunternehmens ITA geht, und in dem festgestellt wird, dass zwischen ITA und Alitalia keine wirtschaftliche Kontinuität besteht. Alitalia ist eine italienische Fluggesellschaft mit Sitz in Fiumicino (Italien), die inländische und internationale Luftverkehrsdienste sowie Wartungs-, Bodenabfertigungs- und Frachtverkehrsdienste anbietet. Alitalia steht zu 49 Prozent im Eigentum der Etihad Investment Holding Company LLC und zu 51 Prozent im Eigentum der MIDCO S.p.A., deren Anteile wiederum zu 100 Prozent von der Compagnia Aerea Italiana S.p.A. gehalten werden, einem Konsortium aus italienischen Banken und anderen Unternehmen.

Am 28. Februar 2020 hat die Europäische Kommission ferner eine eingehende Prüfung eingeleitet, um festzustellen, ob ein Darlehen von 400 Mio. Euro, das Italien Alitalia 2019 gewährt hat, eine staatliche Beihilfe darstellt und gegebenenfalls mit den Beihilfevorschriften für Unternehmen in Schwierigkeiten im Einklang steht. Dieses Prüfverfahren ist noch nicht abgeschlossen.

Sobald alle Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz vertraulicher Daten geklärt sind, wird die nichtvertrauliche Fassung des Beschlusses über das Beihilfenregister auf der Website der GD Wettbewerb unter der Nummer SA.48171 zugänglich gemacht.