Mehr Ausbildung, mehr Personal, mehr Geld: Konzertierte Aktion Pflege legt Umsetzungsbericht vor

13. November 2020 -

Schrittweise werden die Arbeitsbedingungen für die Pflegekräfte verbessert: Das ist das Ergebnis eines ersten Umsetzungsberichts zur Konzertierten Aktion Pflege (KAP), der von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey, Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am 13.11.2020 vorgestellt wurde.

Aus der Pressemitteilung des BMAS vom 13.11.2020 ergibt sich:

Danach konnten bereits wichtige Maßnahmen für eine bessere Entlohnung, für mehr Auszubildende und mehr Kolleginnen und Kollegen an der Seite der Pflegekräfte umgesetzt werden.

Im Juni 2019 haben sich Bund, Länder und alle relevanten Akteure in der Pflege verbindlich auf Ziele und konkrete Maßnahmen für bessere Arbeitsbedingungen, eine bessere Entlohnung, mehr Ausbildungsplätze und mehr Eigenverantwortung für Pflegekräfte verständigt. Der heute vorgelegte Bericht zeigt, wie weit die Maßnahmen bereits umgesetzt wurden.

Die Ergebnisse im Detail

Mehr Personal

Eine Entlastung und Verbesserung der Arbeitsbedingungen erfordert mehr Personal. Folgende Maßnahmen wurden bereits auf den Weg gebracht:
• Das Personalbemessungsverfahren für vollstationäre Pflegeeinrichtungen soll in Kürze gesetzlich verankert werden. Die Mitglieder der Konzertierten Aktion Pflege haben hierfür in einem begleitenden Roadmap-Prozess die wesentlichen Schritte beraten. Als erster Schritt werden ab dem 01.01.2021 mit dem Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz 20.000 zusätzliche Stellen für Pflegehilfskräfte geschaffen. Die Stellen werden vollständig durch die Pflegeversicherung finanziert; der Eigenanteil der Pflegebedürftigen wird dadurch nicht steigen.
• Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen werden bei der Gewinnung internationaler Pflegekräfte unterstützt. Dazu wurde 2019 die Deutsche Fachkräfteagentur für Gesundheits- und Pflegeberufe (DeFa) eingerichtet. Sie übernimmt für die Herkunftsländer Philippinen, Mexiko und später Brasilien die Anträge auf Einreise, Berufsanerkennung und Beschäftigungserlaubnis für Pflegekräften aus Drittstaaten, damit diese schneller nach Deutschland einreisen und arbeiten können. Das Auslandsgeschäft der Bundesagentur für Arbeit (BA) bleibt davon unberührt.
• Es wurde eine Zentrale Servicestelle Berufsanerkennung (ZBSA) für Fachkräfte im Ausland geschaffen, die Anerkennungssuchende zu den Möglichkeiten der Anerkennung ihrer ausländischen Berufsabschlüsse berät, sie über die damit zusammenhängenden aufenthaltsrechtlichen Fragen informiert und durch das Anerkennungsverfahren begleitet (Lotsenfunktion). Die ZSBA ist bei der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der BA in Bonn angesiedelt und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung als Modellvorhaben zunächst für vier Jahre gefördert.
• Integraler Bestandteil der Fachkräftegewinnung sind Regeln für eine ethisch hochwertige Anwerbung und den Schutz der Pflegekräfte sowie umfassende Maßnahmen für die betriebliche und soziale Integration. Das im Jahr 2019 gegründete Deutsche Kompetenzzentrum für internationale Fachkräfte in den Gesundheits- und Pflegeberufen (DKF) entwickelt dafür ein Gütesiegel und einen Werkzeugkoffer für die betriebliche und soziale Integration. Das DKF unterstützt die Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen auch bei deren Umsetzung.
• Die Corona-Pandemie hat deutliche Auswirkungen auf die Unterstützung der Fach- und Sprachausbildung für ausländische Pflegekräfte in den Herkunftsländern. Die Goethe-Institute bemühen sich unter Einhaltung der jeweils vor Ort gültigen Hygiene- und Sicherheitsvorschriften, weiterhin Angebote der Sprachförderung aufrechtzuerhalten.

Mehr Geld

Pflegekräfte, insbesondere in der Altenpflege, sollen regelhaft besser entlohnt werden. Folgende Maßnahmen wurden bereits auf den Weg gebracht:
• Mit dem am 29.11.2019 in Kraft getretenen Gesetz für bessere Löhne in der Pflege wurde die rechtliche Grundlage für das Tätigwerden der Pflegekommission novelliert. Damit kann die Pflegekommission nun – als ständige Kommission – auf verbesserter Grundlage Empfehlungen für die Festlegung von Mindestlöhnen und Mindesturlaub in der Pflege abgeben.
• Mit der Vierten Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen in der Pflegebranche wird der Mindestlohn für Pflegehilfskräfte bis zum 01.04.2022 in vier Schritten spürbar auf 12,55 Euro in Ost- und Westdeutschland angehoben. Ab 01.07.2021 gibt es zudem erstmals einen Mindestlohn für Pflegefachkräfte von 15 Euro. Vom neuen Pflegemindestlohn profitieren insbesondere Pflegekräfte in Ostdeutschland. Im Vergleich zum Jahr 2012 sind die Entgelte von Vollzeitbeschäftigten in der Alten-pflege um über 20% angestiegen.
• Auch die tarifliche Entlohnung soll weiter gestärkt werden:
• Künftig sollen Pflegeeinrichtungen nur noch für die Versorgung zugelassen werden, wenn diese ihre Beschäftigten nach Tarif bezahlen. Ein entsprechender Gesetzentwurf wird derzeit vorbereitet.
• Die Gewerkschaft ver.di und die Bundesvereinigung der Arbeitgeber in der Pflegebranche (BVAP) haben den Entwurf eines bundesweiten Tarifvertrags für die Altenpflege erarbeitet. Derzeit läuft das gesetzlich vorgesehene Anhörungsverfahren, in welchem kirchliche Kommissionen zu dem Entwurf Stellung nehmen können.
• Die Finanzierung höherer Pflegelöhne kostet Geld. Damit die Pflegebedürftigen und ihre Familien nicht überfordert werden, prüft das BMG derzeit verschiedene Optionen zur Begrenzung der Eigenanteile.

Mehr Aus- und Weiterbildung

Die neuen Pflegeausbildungen starteten zum 01.01.2020. Ihre Einführung wird begleitet durch die „Ausbildungsoffensive Pflege“ (2019 – 2023). Folgende Maßnahmen wurden bereits auf den Weg gebracht:
• Abschließende Zahlen zu den neuen Pflegeausbildungen liegen erstmals 2021 vor. Einzelne Bundesländer haben jedoch bereits einen deutlichen Anstieg gemeldet. Insgesamt deutet sich trotz der Belastungen durch die Corona-Pandemie eine positive Entwicklung der Ausbildungszahlen und damit ein guter Start der neuen beruflichen Pflegeausbildung an.
• Auch die neu eingeführte hochschulische Pflegeausbildung ist bereits mit rund 30 Studiengängen gestartet. Damit werden neue Ausbildungspotentiale erschlossen und neue Entwicklungsperspektiven für die Pflege geschaffen.
• Mit der Informations- und Öffentlichkeitskampagne „Mach Karriere als Mensch“ wird über die Chancen der neuen Pflege-ausbildung informiert. Hohe Zugriffszahlen auf die weiterführenden Informationsangebote unter www.pflegeausbildung.net sprechen für ein großes Interesse bei jungen Menschen wie auch möglichen Umschülerinnen und Umschülern an der Ausbildung.
• Im Rahmen der neuen generalistischen Pflegeausbildung ist eine engere Zusammenarbeit der verschiedenen Ausbildungsstätten erforderlich.
• Um die Länder bei der Umsetzung der Pflegeausbildung zu unterstützten, haben BMFSFJ und BMG dazu ein Förderpro-gramm im Umfang von bis zu 19 Mio. Euro aufgelegt.
• In zahlreichen Ländern haben die durch den DigitalPakt Schule und das daran anschließende „Sofortausstattungsprogramm“ zur Verfügung gestellten Fördermittel zu einer besseren Ausstattung der Pflegeschulen mit digitaler Technik geführt.
• In der Weiterbildung gab es 2019 einen signifikanten Anstieg bei der Ausbildung zur Altenpflegefachkraft.

Der vollständige Bericht zur Ausbildungsoffensive Pflege ist unter https://www.pflegeausbildung.net/ausbildungsoffensive-und-kampagne/erster-bericht.html verfügbar.

Mehr Eigenverantwortung

Die Befugnisse der Pflegefachkräfte sollen gestärkt und ausgeweitet werden. Folgende Maßnahmen wurden bereits auf den Weg gebracht:
• Für die interprofessionelle Zusammenarbeit im Gesundheits- und Pflegebereich wurde ein Strategieprozess eingeleitet. Der Prozess wird durch ein Expertengremium begleitet. Gemeinsam wird die Rolle der Pflege in der interprofessionellen Zusammenarbeit untersucht.
• Aktuell wird eine Erweiterung der Versorgungsbefugnisse für Pflegefachkräfte, etwa im Rahmen des Wundmanagements, der häuslichen Krankenpflege und der Verordnung von bestimmten Hilfsmitteln vorgeschlagen.
• Im Strategieprozess wurde auch geklärt, wie Modellvorhaben zur selbständigen und eigenverantwortlichen Ausübung von Heilkunde durch Pflegefachpersonen einfacher und attraktiver werden und bei erfolgreicher Durchführung zügiger in der Regelversorgung ankommen können. Ergebnisse der Beratungen sollen noch in dieser Legislaturperiode gesetzlich umgesetzt werden.

Mehr Digitales

Die Arbeit von Pflegekräften soll durch Digitalisierung erleichtert werden. Folgende Maßnahmen wurden bereits auf den Weg gebracht:
• Durch gesetzliche Regelungen zur Kostenübernahme von Investitionen in Digitales wurden deutliche Fortschritte bei der Digitalisierung der Pflege erzielt. Pflegeeinrichtungen nutzen die Fördermöglichkeiten für die elektronische Dokumentation und Tourenplanung, aber auch Schulungen der Pflegekräfte.
• Die Anbindung der Langzeitpflege an die Telematikinfrastruktur (TI) wurde vorangetrieben. Pflegeeinrichtungen können sich freiwillig an die TI anschließen lassen; die Kosten hierfür werden vergütet. Die elektronische Pflegeakte wird Bestandteil der elektronischen Patientenakte, dabei sollen beruflich Pflegende weitgehende Zugriffsrechte im Rahmen der TI erhalten, sofern der Patient oder die Patientin dem zustimmt.
• Der künftige Zugang der Pflegeeinrichtungen zur TI wird jedoch entscheidend davon abhängen, wann die Länder die elektronischen Heilberufs- und Berufsausweise sowie die Praxisausweise zur Verfügung stellen. Bis dahin können die Pflegeeinrichtungen über Institutionenkarten, die von der Gematik ausgegeben werden, vorübergehend auf auswählte Dienste der TI zugreifen.
• Die Regelungen des Digitale-Versorgung-Gesetzes zu elektronischen Verordnungen in der häuslichen Krankenpflege zeigen Wirkung: durch die Öffnung des Rechtsrahmens etablieren sich mehr Unternehmen am Markt, die entsprechende Dienste anbieten. Verschiedene Krankenkassen haben bereits erste Erfahrungen mit elektronischen Verordnungen in der häuslichen Krankenpflege gesammelt.
• Mit Hilfe des Krankenhauszukunftsfonds und des Krankenhausstrukturfonds werden Investitionen in die digitale Infrastruktur von Krankenhäusern gefördert.

Im Jahr 2021 soll über den weiteren Fortschritt der Konzertierten Aktion Pflege berichtet werden.

Hintergrund

Um den Arbeitsalltag von Pflegekräften spürbar zu verbessern, haben das Bundesgesundheits-, das Bundesfamilien- und das Bundesarbeitsministerium im Juli 2018 die Konzertierte Aktion Pflege ins Leben gerufen. Zusammen mit den Ländern, Pflegeberufs- und Pflegeberufsausbildungsverbänden, Verbänden der Pflegeeinrichtungen und Kranken-häuser, den Kirchen, Pflege- und Krankenkassen, Betroffenenverbänden, der Berufsgenossenschaft, der Bundesagentur für Arbeit sowie den Sozialpartnern wurden fünf Arbeitsgruppen eingerichtet, um konkrete Schritte festzulegen:
• Arbeitsgruppe 1: Ausbildung und Qualifizierung
• Arbeitsgruppe 2: Personalmanagement, Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung
• Arbeitsgruppe 3: Innovative Versorgungsansätze und Digitalisierung
• Arbeitsgruppe 4: Pflegekräfte aus dem Ausland
• Arbeitsgruppe 5: Entlohnungsbedingungen in der Pflege.