Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster hat mit Beschluss vom 19.05.2020 zum Aktenzeichen 13 B 557/20.NE entschieden, dass sowohl die Maskenpflicht als auch die Kontaktbeschränkungen nach der nordrhein-westfälischen Coronaschutzverordnung derzeit voraussichtlich rechtmäßig sind.
Aus der Pressemitteilung des OVG NRW vom 19.05.2020 ergibt sich:
Die in Bonn lebende Antragstellerin wendet sich zum einen gegen die Pflicht, in bestimmten sozialen Situationen, etwa beim Einkaufen, in Arztpraxen oder während des Benutzens öffentlicher Verkehrsmittel, eine textile Mund-Nase-Bedeckung zu tragen. Sie beanstandet zum anderen die geltenden Kontaktbeschränkungen. Danach dürfen mehrere Personen im öffentlichen Raum nur zusammentreffen, wenn es sich um Verwandte in gerader Linie, Geschwister, Ehegatten, Lebenspartner, Personen aus maximal zwei verschiedenen häuslichen Gemeinschaften, die Begleitung minderjähriger und unterstützungsbedürftiger Personen sowie zwingend notwendige Zusammenkünfte aus betreuungsrelevanten Gründen handelt. Weitere Ausnahmen betreffen lediglich nach anderen Bestimmungen zulässige Ansammlungen und Zusammenkünfte (z. B. bei der Nutzung von Beförderungsleistungen im Personenverkehr oder der Teilnahme an kontaktfreien sportlichen Betätigungen). Außerhalb dieser zulässigen Gruppen ist im öffentlichen Raum zu allen anderen Personen grundsätzlich ein Mindestabstand von 1,5 Metern einzuhalten. Die Antragstellerin macht unter anderem geltend, diese Vorschriften seien unverhältnismäßig. Aufgrund der Regelungen sei es ihr nur noch eingeschränkt möglich, soziale Kontakte zu pflegen. Insbesondere könne sie sich nicht wie früher mit mehreren Freundinnen in der Öffentlichkeit treffen, was sie psychisch schwer belaste. Die Maskenpflicht sei darüber hinaus weder geeignet noch erforderlich.
Das OVG Münster hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts sind die angegriffene Beschränkung von Zusammenkünften und Ansammlungen von Personen im öffentlichen Raum und das damit im Zusammenhang stehende Gebot zur Einhaltung eines Mindestabstands von 1,5 Metern derzeit voraussichtlich verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Verordnungsgeber verfolge mit diesen Regelungen den legitimen Zweck, die Ansteckungsgefahr trotz der stufenweisen (Wiederer-)Öffnung nahezu aller Bereiche des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens weiterhin einzudämmen. Dem liege die nach derzeitigem Erkenntnisstand tragfähige Annahme zugrunde, dass durch eine Reduzierung unmittelbarer persönlicher Kontakte und die Einhaltung bestimmter Abstände zu anderen Personen die Ausbreitung des sich primär im Wege einer Tröpfcheninfektion besonders leicht von Mensch zu Mensch übertragbaren neuartigen Coronavirus verlangsamt und die Infektionsdynamik verzögert werden könne. Vor diesem Hintergrund sei der mit den Bestimmungen verbundene Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit und gegebenenfalls in das allgemeine Persönlichkeitsrecht gerechtfertigt. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass sowohl die Kontaktbeschränkungen als auch das Abstandsgebot nur Zusammenkünfte und Ansammlungen im öffentlichen Raum beträfen, während Treffen in häuslicher Umgebung hingegen nicht verboten seien. Aufgrund der bestehenden Ausnahmen bleibe zudem neben der im häuslichen Bereich weiterhin möglichen Pflege sozialer oder persönlicher Kontakte ein nicht unerhebliches Maß an Kontaktmöglichkeiten auch in der Öffentlichkeit gewahrt.
Entsprechendes gelte im Ergebnis für die Maskenpflicht. Es sei weiterhin unbedenklich, wenn der Verordnungsgeber gestützt auf die aktuelle Empfehlung des Robert Koch-Instituts davon ausgehe, dass das Tragen auch sog. Behelfs- oder Alltagsmasken dazu beitragen könne, Übertragungen des Virus im Sinne eines Fremdschutzes zu reduzieren. Grundrechtliche Beeinträchtigungen durch das Maskentragen seien angesichts dessen vorübergehend gerechtfertigt. Das Oberverwaltungsgericht hat damit seine bisherige Rechtsprechung bestätigt. Soweit die Antragstellerin demgegenüber vorschlage, vorrangig Risikogruppen mit FFP2- oder FFP3-Masken auszustatten, müsse dies schon daran scheitern, dass solche Masken nicht ansatzweise in ausreichender Zahl zur Verfügung stünden; denn allein diejenigen, die 60 Jahre oder älter seien, machten etwa 30% der Gesamtbevölkerung aus. Im Übrigen sei der Staat nach der Freiheitsordnung des Grundgesetzes nicht darauf beschränkt, den Schutz besonders gesundheits- und lebensgefährdeter Menschen allein durch Beschränkungen ihrer eigenen Freiheit zu bewerkstelligen.
Der Beschluss ist unanfechtbar.