Maskenpflicht und Kontaktbeschränkungen in Baden-Württemberg rechtmäßig

14. Mai 2020 -

Der Verwaltungsgerichtshof des Landes Baden-Württemberg in Mannheim hat mit Beschluss vom 13.05.2020 zum Aktenzeichen 1 S 1314/20 entschieden, dass sowohl die Maskenpflicht als auch die Kontaktbeschränkungen verfassungsrechtlich gerechtfertigt und derzeit verhältnismäßig sind.

Aus der Pressemitteilung des VGH BW Nr. 20/2020 vom 13.05.2020 ergibt sich:

Die in Baden-Württemberg wohnhafte Antragstellerin wendet sich zum einen gegen die Pflicht zur Tragung einer nicht-medizinischen Alltagsmaske oder einer vergleichbaren Mund-Nasen-Bedeckung (sog. Maskenpflicht), die nach der Corona-Veordnung im öffentlichen Personenverkehr, an Bahn- und Bussteigen sowie in Flughafengebäuden und in den Verkaufsräumen von Ladengeschäften und allgemein in Einkaufszentren gilt. Sie beanstandet zum anderen die Vorschriften aus der Verordnung, wonach der Aufenthalt im öffentlichen Raum grundsätzlich nur alleine oder im Kreis der Angehörigen des eigenen sowie eines weiteren Haushalts gestattet ist und wonach Ansammlungen außerhalb des öffentlichen Raums von jeweils mehr als fünf Personen grundsätzlich verboten sind. Die Antragstellerin macht geltend, die genannten Vorschriften verletzten ihre Grundrechte, insbesondere ihre Menschenwürde, ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht, ihr Recht auf körperliche Unversehrtheit und ihre allgemeine Handlungsfreiheit. Durch das Tragen einer Maske fühle sie sich der Lächerlichkeit preisgegeben. Die Verbreitung des Coronavirus werde dadurch auch nicht verhindert, sondern im Gegenteil noch gefördert, weil das Tragen einer Maske u.a. ein trügerisches Sicherheitsgefühl schaffe. Es bestehe zudem die Gefahr, dass bei unsachgemäßem Gebrauch der Maske das Virus weiterverbreitet werde und andere Krankheitsherde geschaffen würden. Auch die schon seit dem 16.03.2020 andauernden Kontaktbeschränkungen seien unverhältnismäßig.

Der VGH Mannheim hat den Antrag abgelehnt.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Maskenpflicht verfassungsrechtlich gerechtfertigt, insbesondere derzeit verhältnismäßig. Sie bezwecke, die Verbreitung des Coronavirus durch Unterbrechung der Infektionsketten zu verlangsamen. Sie könne dazu beitragen, Tröpfcheninfektionen in öffentlichen Bereichen, in denen Menschen typischerweise gehäuft und eng aufeinanderträfen, zu vermeiden. Auch das Robert-Koch-Institut gehe davon aus, dass ein situationsbedingtes Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen in der Bevölkerung ein Baustein sei, um Übertragungen zu reduzieren. Bedenken der Antragstellerin zu Nachteilen, die bei einem unsachgemäßen Gebrauch der Maske entstehen könnten, könne durch die bereits stattfindende Aufklärung über den sachgemäßen Gebrauch begegnet werden. Es sei den Normadressaten möglich und zumutbar, sich über die richtige Handhabung zu informieren. Die Menschenwürde der Antragstellerin werde durch die Vorschrift zur Maskenpflicht nicht verletzt.

Beeinträchtigungen ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) und der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) habe die Antragstellerin wegen des hohen Gewichts des Gesundheitsschutzes hinzunehmen. Das gelte umso mehr, als die nachteiligen Folgen dadurch etwas abgemildert würden, dass die Vorschrift zur Maskenpflicht eine Ausnahmebestimmung u.a. für Fälle enthalte, in denen die Maskentragung aus medizinischen Gründen oder aus sonstigen zwingenden Gründen unzumutbar sei. Hinzu komme, dass die Maßnahme nur einen räumlich und zeitlich beschränkten Teilbereich des öffentlichen Lebens betreffe und die Betroffenen den Eingriffen in gewissem Umfang auf zumutbare Weise ausweichen könnten, etwa indem sie auf die Nutzung des öffentlichen Personenverkehrs einstweilen zugunsten von anderen Verkehrsmitteln verzichteten.

Die Kontaktbeschränkungen im öffentlichen und nicht-öffentlichen Raum seien derzeit ebenfalls gerechtfertigt. Es begründe auch keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG), dass der Verordnungsgeber Ansammlungen außerhalb des öffentlichen Raums von jeweils mehr als fünf Personen grundsätzlich verboten und kleinere Ansammlungen erlaubt habe. Diese Differenzierungen seien durch Sachgründe gerechtfertigt. Der Verordnungsgeber verfolge mit dem grundsätzlichen Verbot von Zusammenkünften innerhalb und außerhalb des öffentlichen Bereichs den Zweck, die Zahl der Neuinfektionen auf einem möglichst niedrigen Niveau zu halten und das Infektionsgeschehen zu verlangsamen. In diesem Rahmen verfolge er mit der Differenzierung zwischen kleinen und größeren Gruppen das Ziel, die mit einem Kontaktverbot verbundenen Eingriffe in die allgemeine Handlungsfreiheit der Beteiligten abzumildern, ohne hierbei die bei einer sofortigen und schrankenlosen Freigabe der Kontaktmöglichkeiten drohende Gefahr zu schaffen, dass die Infektionszahlen in kurzer Zeit wieder in die Höhe schnellten und Leib und Leben einer Vielzahl von Menschen bedroht würden. Der Grund für eine Differenzierung zwischen kleinen und großen Personenansammlungen sei mithin infektionsschutzrechtlich sowie grundrechtlich begründet und beruhe damit insgesamt auf sachlichen Erwägungen. Dass der Verordnungsgeber die Grenze für diese Differenzierung bei fünf Personen gezogen habe, bewege sich im Rahmen seiner Befugnis zur Schaffung generalisierender und typisierender Regelungen.

Der Beschluss ist unanfechtbar.