Der Europäische Gerichtshof hat am 17.09.2020 zum Aktenzeichen C-449/18 und C-474/18 entschieden, dass Fußballstar Messi seinen Namen als Marke nutzen darf.
Aus der Pressemitteilung des EuGH Nr. 108/2020 vom 17.09.2020 ergibt sich:
Der EuGH hat die Rechtsmittel zurückgewiesen, die das EUIPO und ein spanisches Unternehmen gegen das Urteil des EuG eingelegt haben, mit dem dem Fußballspieler Lionel Messi die Eintragung der Marke „MESSI“ für Sportartikel und Sportbekleidung gestattet wurde.
Im August 2011 meldete der Fußballspieler Lionel Andrés Messi Cuccittini beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) ein Bildzeichen zur Eintragung als Marke u.a. für Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Turn- und Sportartikel an. Im November 2011 legte Herr Jaime Masferrer Coma Widerspruch gegen die Eintragung der von Herrn Messi Cuccittini angemeldeten Marke ein. Er berief sich auf die Gefahr einer Verwechslung mit den Unionswortmarken MASSI, die u.a. für Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Helme für Radfahrer, Schutzanzüge und Handschuhe eingetragen sind (die Rechte aus diesen Marken wurden im Mai 2012 auf das spanische Unternehmen J.M.-E.V. e hijos übertragen). Dieses Unternehmen obsiegte in einem anderen Markenrechtsstreit vor dem EuG. Die Entscheidung des EUIPO, mit der dem Antrag des italienischen Fahrradherstellers Masi auf Nichtigerklärung der Marke MASSI stattgegeben wurde, wurde aufgehoben (EuG, Urt. v. 03.05.2018 – T-2/17). Im Jahr 2013 gab das EUIPO dem Widerspruch statt. Herr Messi Cuccittini legte gegen diese Entscheidung beim EUIPO Beschwerde ein. Im April 2014 wies das EUIPO die Beschwerde zurück, was im Wesentlichen damit begründet wurde, dass die Gefahr einer Verwechslung zwischen den Zeichen MASSI und MESSI bestehe. Herr Messi Cuccittini erhob daraufhin Klage beim EuG und beantragte die Aufhebung der Entscheidung des EUIPO. Auch der brasilianische Fußballspieler Neymar obsiegte in einer anderen Markenrechtssache vor dem EuG (EuG, Urt. v. 14.05.2019 – T-795/17) Mit Urteil vom 26.04.2018 (T-554/14) hob das EuG die Entscheidung auf, da es der Ansicht war, dass die Bekanntheit des Fußballspielers die bildlichen und klanglichen Ähnlichkeiten zwischen den beiden Zeichen neutralisiere und jegliche Verwechslungsgefahr ausschließe. Das EUIPO und J.M.-E.V. e hijos haben gegen das Urteil des Gerichts Rechtsmittel eingelegt.
Der EuGH hat beide Rechtsmittel zurückgewiesen.
Das EUIPO (C-449/18 P) rügte, das EuG habe sich lediglich auf die Wahrnehmung eines bedeutenden Teils der maßgeblichen Verkehrskreise gestützt, um das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr auszuschließen. Der EuGH ist hingegen der Auffassung, dass das EuG sehr wohl die Wahrnehmung der Marken MASSI und MESSI durch die maßgeblichen Verkehrskreise insgesamt berücksichtigt und sodann entschieden hat, dass das EUIPO zu Unrecht festgestellt habe, dass die Benutzung der Marke MESSI bei den maßgeblichen Verkehrskreisen die Gefahr einer Verwechslung mit den Marken MASSI begründen könne.
J.M.-E.V. e hijos (C-474/18 P) machten geltend, das EuG habe rechtsfehlerhaft entschieden, dass bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr die Bekanntheit der Person – im vorliegenden Fall Herr Messi Cuccittini – zu berücksichtigen sei, deren Name Gegenstand einer Anmeldung als Unionsmarke sei. Der EuGH weist darauf hin, dass die etwaige Bekanntheit der Person, die die Eintragung ihres Namens als Marke beantragt, ebenso wie die Bekanntheit der älteren Marke einer der maßgeblichen Faktoren für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr sei, da sich diese Bekanntheit darauf auswirken könne, wie die Marke von den maßgeblichen Verkehrskreisen wahrgenommen werde. Das EuG habe somit fehlerfrei angenommen, dass die Bekanntheit von Herrn Messi Cuccittini einen für die Feststellung eines begrifflichen Unterschieds zwischen den Begriffen „messi“ und „massi“ relevanten Faktor darstelle.
Der EuG weist des Weiteren darauf hin, dass die Frage der Bekanntheit von Herrn Messi Cuccittini entgegen der Behauptung des spanischen Unternehmens bereits Gegenstand des Rechtsstreits vor dem EUIPO war. Zudem seien die im Stadium der Klage vor dem EuG vorgebrachten Argumente, mit denen lediglich bekannte Tatsachen vorgetragen wurden, nicht als neu anzusehen, so dass das EuG zutreffend festgestellt habe, dass die Bekanntheit des Namens Messi als Familienname eines weltweit bekannten Fußballspielers und Person des öffentlichen Lebens eine allgemein bekannte Tatsache darstelle, d.h. eine Tatsache, die jeder kennen könne oder die allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden könne, und es sich bei diesen Quellen somit um Nachweise handle, über die das EUIPO zum Zeitpunkt des Erlasses seiner Entscheidung habe verfügen können und die es im Rahmen der Beurteilung der begrifflichen Ähnlichkeit der Zeichen MASSI und MESSI hätte berücksichtigen müssten.
Schließlich ist der EuGH der Auffassung, dass das Vorbringen von J.M.-E.V. e hijos, das EuG habe zu Unrecht die Rechtsprechung aus dem Urteil Ruiz Picasso u. a./HABM (EuGH, Urt. v. 12.01.2006 – C-361/04 P) angewandt, auf einem fehlerhaften Verständnis dieses Urteils beruht. Das Bestehen einer bekannten älteren Marke, das zur Stützung eines Widerspruchs geltend gemacht werde, sei nämlich keine Voraussetzung für die Anwendung dieser Rechtsprechung. Der EuGH weist darauf hin, dass sich die Beurteilung der Frage, ob ein Zeichen in der Wahrnehmung der Verkehrskreise eine eindeutige und bestimmte Bedeutung hat, daher sowohl auf das Zeichen beziehen kann, das die ältere Marke bildet (im vorliegenden Fall MASSI), als auch auf das Zeichen, das der angemeldeten Marke entspricht (im vorliegenden Fall MESSI). Folglich konnte das EuG diese Rechtsprechung, nachdem es darauf hingewiesen hatte, dass die maßgeblichen Verkehrskreise die Zeichen MASSI und MESSI als begrifflich unterschiedlich wahrnähmen, zu Recht anwenden.