Der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel hat mit Beschluss vom 02.10.2020 zum Aktenzeichen 2 B 2369/20 entschieden, dass eine Sitzblockade auf der Dannenröder Straße gegen die Rodung des Dannenröder Waldes nicht generell verboten werden darf.
Pressemitteilung des Hess. VGH Nr. 33/2020 vom 02.10.2020 ergibt sich:
Angemeldet wurde eine für den Zeitraum ab sofort bis zum 01.03.2021 tägliche Sitzblockade für eine Dauer von ca. 2 – 3 Stunden auf der Landesstraße L 3343 (Dannenröder Straße). Die Blockade soll Teil der sog. Mahnwachen „Zwerg Pack´s Mahnwache gegen die Räumung und Rodung des Dannenröder Waldes“, sein.
Der VGH Kassel hat der Beschwerde des Antragstellers gegen eine anders lautende Entscheidung des VG Gießen stattgegeben.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ergeben sich nach den Angaben des Antragstellers im bisherigen Verfahren keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich um eine sog. unerlaubte Verhinderungsblockade handelt.
Zweck der Demonstration sei der Protest gegen den Weiterbau der A 49 und die damit im Zusammenhang stehende drohende Räumung der Waldbesetzung im Dannenröder Wald sowie die drohende Rodung von Herrenwald, Maulbacher Wald und Dannenröder Wald. Der Antragsteller setze sich für eine sozial-ökologische Verkehrswende einschließlich eines Verkehrswendeplans für Stadtallendorf und Umgebung ein. Dafür solle u.a. ein tägliches mehrstündiges Kundgebungs- und Kulturprogramm eingesetzt werden und eben auch die tägliche Blockadeaktion auf der Fahrbahn der L 3343. Sie solle auch der Mobilisierung der Bevölkerung gegen die geplante Räumung und Rodung des Waldes dienen.
Alleine das tägliche Sitzen auf der L 3343 sei aber nicht dazu geeignet, die kritisierten künftigen Ereignisse zu verhindern und solle nach der insoweit maßgeblichen Planung des Antragstellers auch nicht dafür genutzt werden.
Die Blockadetrainings seien durch das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit geschützt. Die tatsächliche Ausgestaltung müsse jedoch so erfolgen, dass eine unverhältnismäßige Belastung Dritter vermieden werde. Das Selbstbestimmungsrecht des Veranstalters einer Demonstration habe unter Umständen hinter kollidierenden Rechten Dritter und gewichtigen Sicherheitsbelangen zurückzutreten.
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei die in der Verfügung des Regierungspräsidiums vom 16.09.2020 als Auflage bezeichnete vollständige Untersagung der Blockadeaktionen nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.
Ein Ausgleich der widerstreitenden Interessen des Antragstellers bzw. der Versammlungsteilnehmer und den Interessen aller übrigen Verkehrsteilnehmer, die die L 3343 befahren möchten, könnte etwa dergestalt erfolgen, dass Sitzblockaden täglich für einen Zeitraum von etwa 30 min außerhalb der Schul- und Berufsverkehrszeit zugelassen würden. Die Sitzblockaden sollten auch jeweils zur vorher festgelegten gleichen Zeit stattfinden, damit sich die Verkehrsteilnehmer darauf einrichten könnten.
Die konkrete Ausgestaltung obliege der pflichtgemäßen Ermessensentscheidung des Landes Hessen. Zuvor werde allerdings ein erneutes sog. versammlungsrechtliches Kooperationsgespräch stattzufinden haben, bei dem der Antragsteller konkrete Zeiten für die Sitzblockaden benennen müsse.
Dem Regierungspräsidium Gießen wurde vom VGH Kassel bis zum 08.10.2020 Zeit gegeben, um das Kooperationsgespräch durchzuführen und ggf. neu zu entscheiden.
Diese Entscheidung ist rechtskräftig.