Lebensnotwendige Medikamente auf Basis von Blutplasma: Bundeskartellamt gibt den Erwerb von Biotest durch Grifols frei

07. März 2022 -

Das Bundeskartellamt hat dem internationalen Pharmaunternehmen Grifols AS mit Sitz in Spanien erlaubt, die Biotest AG aus Dreieich (Hessen) zu erwerben.

Aus der Pressemitteilung des BKartA vom 07.03.2022 ergibt sich:

Biotest ist ein weltweit tätiges Pharmaunternehmen mit knapp 2.000 Beschäftigten, das bislang einem chinesischen Investor gehört. Beide Unternehmen stellen aus humanem Blutplasma flüssige Arzneimittel her, die sogenannten Plasmaderivate. Sie werden im Rahmen von Krebstherapien, bei der Behandlung von Immundefiziten, Gerinnungsstörungen und weiteren chronischen Erkrankungen, aber auch im Rahmen der Intensivmedizin eingesetzt.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Medikamente auf der Basis von Blutplasma sind für viele Therapien lebensnotwendig. Nur wenige Anbieter sind auf den Märkten aktiv, da Produktion und Zulassung der Präparate sehr zeitaufwändig und kostenintensiv sind. Vor allem sind die Hersteller auf Blutplasma-Spenden aus der Bevölkerung angewiesen, die in Europa insgesamt gesehen nicht ausreichend sind. Mit dem Kauf von Biotest durch Grifols verengt sich die Anbieterstruktur zwar weiter, trotzdem haben wir keine durchgreifenden wettbewerblichen Bedenken, da hinreichende Ausweichalternativen vorhanden sind. Zudem werden durch das Vorhaben neue Perspektiven eröffnet, das so wichtige Blutplasma zu generieren, auf das Patientinnen und Patienten angewiesen sind. Die Freigabe ist binnen Monatsfrist erfolgt.“

Medikamente auf der Basis von Blutplasma können nur in wenigen Fällen durch biotechnologisch hergestellte Arzneimittel ersetzt werden. Trotzdem bestehen nach der Fusion Ausweichalternativen, da neben Grifols und Biotest u.a. das führende Unternehmen CSL Behring (Australien/USA) oder auch Octapharma (Schweiz) und Takeda (Japan) auf den Märkten aktiv sind. Diese Unternehmen sind alle sowohl im EWR als auch in Deutschland tätig.

Da sie auf Blutplasma angewiesen sind, betreiben Plasmaderivatehersteller so wie Grifols vor allem in den USA eigene Spendezentren. In Europa ist das Spendenaufkommen begrenzt. Biotest war es bislang aufgrund seines chinesischen Investors verwehrt, in den USA Spendezentren zu betreiben. Die beteiligten Unternehmen sehen in dem Zusammenschluss eine Möglichkeit, nicht nur das Spendenaufkommen zu erhöhen, sondern auch die Menge der gewonnenen Arzneimittel aus dem gespendeten Plasma.

Hintergrund:

Blutplasma wird ähnlich wie Blut gespendet. Eine Spende ist allerdings deutlich häufiger möglich (in Deutschland bis zu 60-mal pro Jahr), da das Blut nach der Entnahme des Plasmas dem Körper wieder zugeführt wird. Das Spendenaufkommen ist in Europa relativ niedrig, was damit zusammenhängen mag, dass eine Aufwandsentschädigung für eine Spende (etwa zum Ausgleich für Anfahrtskosten oder dem Zeitaufwand) in vielen europäischen Ländern – anders als in den USA – aus ethischen Gründen nicht zulässig ist. Plasma aus den USA, dessen Sammlung von der dortigen Gesundheitsbehörde FDA überprüft wird, ist für die Herstellung von Plasmaderivaten für den US-Markt und den europäischen Markt zugelassen und daher bei Herstellern besonders begehrt.