Das Verwaltungsgericht Greifswald hat mit Beschluss vom 18.02.2021 zum Aktenzeichen 4 B 283/21 HGW entschieden, dass das mit Allgemeinverfügung des Landrates des Landkreises Vorpommern-Greifswald vom 08.02.2021 angeordnete Verbot der Einreise in das Gebiet des Landkreises Vorpommern-Greifswald aus nicht beruflichen Gründen für Zweitwohnungsbesitzer rechtmäßig ist.
Aus der Pressemitteilung des VG Greifswald Nr. 3/2021 vom 19.02.2021 ergibt sich:
Das Verwaltungsgericht hat einen einstweiligen Rechtsschutzantrag eines Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen das in Ziffer 1 der Allgemeinverfügung des Landrates des Landkreises Vorpommern-Greifswald zur Anordnung von Schutzmaßnahmen durch das Gesundheitsamt des Landkreises Vorpommern-Greifswald wegen der Überschreitung des lnzidenzwertes von 150 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb von 7 Tagen im Landkreis Vorpommern-Greifswald vom 8. Februar 2021 angeordnete Einreiseverbot für den Besuch der Zweitwohnung aus nicht beruflichen Gründen abgelehnt.
Mit vorgenannter Allgemeinverfügung hat der Landrat des Landkreises Vorpommern-Greifswald aus infektionsschutzrechtlichen Gründen beginnend ab dem 9. Februar 2021 für einen unbestimmten Zeitraum angeordnet, dass die Einreise in das Gebiet des Landkreises Vorpommern-Greifswald ohne triftigen Grund untersagt ist. Der Besuch der Zweitwohnung aus nicht beruflichen Gründen ist nach der getroffenen Regelung explizit kein triftiger Grund. Für eine Übergangsfrist von 10 Tagen dürfen Zweitwohnungen aus nicht beruflichen Gründen aufgesucht werden.
Der Antragsteller, der seinen Erstwohnsitz in Berlin hat und Eigentümer einer Wohnung im Seebad Ahlbeck auf Usedom ist, die er auch als Zweitwohnung nutzt, hat bei dem Landrat des Landkreises Vorpommern-Greifswald Widerspruch gegen das in der Allgemeinverfügung enthaltene Verbot der Einreise zum Zwecke der Nutzung der Zweitwohnung aus nicht beruflichen Gründen eingelegt und am 11. Februar 2021 um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht.
In seinem Beschluss hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass sich die Allgemeinverfügung des Landrates des Landkreises-Vorpommern-Greifswald vom 8. Februar 2021 mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als rechtmäßig erweisen werde.
Nach der Änderung des § 13 Corona-Landesverordnung Mecklenburg-Vorpommern am 5. Februar 2021 sei nunmehr die Befugnis für die Landkreise und kreisfreien Städte geschaffen, eine Anordnung wie die streitgegenständliche in der Form der Allgemeinverfügung zu erlassen. Mit dem Einreiseverbot werde ein konkreter Lebenssachverhalt geregelt, wobei der betroffene Personenkreis und mit dem Gebiet des Landkreises Vorpommern-Greifswald auch das Regelungsgebiet eindeutig bestimmbar sei.
Aufgrund der rechtlichen Vorgaben des Bundesinfektionsschutzgesetzes wie auch der Corona-Landesverordnung M-V sei der Landrat wegen der Inzidenz von über 150 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohnern in 7 Tagen verpflichtet gewesen, Maßnahmen zu ergreifen. Er sei bei der Bestimmung des Inzidenzwertes nach § 28 Abs. 3 Infektionsschutzgesetz an die vom Robert-Koch-Institut veröffentlichen Zahlen gebunden.
Das Einreiseverbot sei auch verhältnismäßig. Es diene dem legitimen Ziel, die Zahl der Neuinfektionen deutlich zu reduzieren, die weitere Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus zu verhindern und der Aufrechterhaltung des Gesundheitssystems. Es führe zu Kontaktbeschränkungen und beuge damit der abstrakten Gefahr vor, noch nicht festgestellte Infektionen an einen anderen Ort zu tragen und das Virus dort zu verbreiten.
Das Einreiseverbot sei auch in der Sache erforderlich. Ein Zuwarten, bis das Infektionsgeschehen – auch im Hinblick auf die nach derzeitiger Erkenntnis noch wesentlich ansteckenderen Mutationen – vor Ort derart eskaliere, dass noch drastischere Maßnahmen wie zum Beispiel eine Ausgangssperre ergriffen werden müssten, sei nicht angezeigt. Vor dem Hintergrund, dass innerhalb eines Zeitraumes von ca. 6 Wochen im Landkreisgebiet gleichbleibend hohe Infektionszahlen verzeichnet wurden, sei das Einreiseverbot zumindest als „Schritt in die richtige Richtung“ zu betrachten.
Es sei nicht offensichtlich, dass sich die hohen Inzidenzwerte im Landkreis Vorpommern-Greifswald aufgrund lokal begrenzter Corona-Ausbrüche (in Pflegeheimen) ergäben. Es bestehe derzeit vielmehr eine nicht auf bestimmte Personengruppen oder Örtlichkeiten begrenzte, sondern eine über das Landkreisgebiet verteilte diffuse Infektionslage.
Das angeordnete Einreiseverbot bilde in der Gesamtschau mit den anderen Maßnahmen, wie zum Beispiel der Schließung der Schulen und Kindertagesstätten, ein Maßnahmenbündel, bei dem nicht jede Einzelmaßnahme unmittelbar hinsichtlich ihrer quantitativen Auswirkungen auf die Senkung des Infektionsgeschehens überprüft werden könne. Es sei die Gesamtwirkung aller Maßnahmen in den Blick zu nehmen. Dementsprechend dürften die Anforderungen an die Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit im engeren Sinne bei jeder Einzelmaßnahme nicht überhöht werden. Gegenüber den Gefahren für Leib und Leben, auch im Hinblick auf eine mögliche Überlastung des Gesundheitssystems, wiege die Einschränkung der persönlichen Freiheit sowie der Freiheit zur Nutzung des Eigentums weniger schwer. Dies gelte insbesondere, weil die Allgemeinverfügung zwar nicht konkret zeitlich befristet sei, jedoch zumindest auf das Vorliegen eines entsprechenden Inzidenz-Grenzwertes begrenzt sei und sich die Erreichung dieses Grenzwertes bei Einhaltung der aktuellen Corona-Maßnahmen zeitnah einstellen dürfte.
Der Antragsteller hat die Möglichkeit, binnen einer Frist von zwei Wochen gegen den Beschluss Beschwerde einzulegen, über die das OVG Greifswald zu befinden hätte.