Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München hat mit Beschluss vom 17.11.2020 zum Aktenzeichen 4 B 19.1358 entschieden, dass die Landeshauptstadt München einem Münchner Bürger den städtischen Veranstaltungssaal zur Podiumsdiskussion zu der Boykottbewegung BDS („Boycott, Divestment and Sanctions“), die sich nach ihrem Selbstverständnis gegen den Staat Israel richtet, zur Verfügung stellen muss.
Aus der Pressemitteilung des Bay. VGH vom 19.11.2020 ergibt sich:
Den Antrag auf Überlassung einer geeigneten Räumlichkeit hatte die beklagte Landeshauptstadt unter Bezugnahme auf einen Grundsatzbeschluss ihres Stadtrats vom 13.12.2017 abgelehnt. Darin war festgelegt worden, dass städtische Einrichtungen nicht für Veranstaltungen zur Verfügung gestellt werden dürften, die sich mit den Inhalten, Themen und Zielen der BDS-Kampagne befassten oder diese unterstützten. Der Benutzungsausschluss wurde damit begründet, dass es sich um eine antisemitische Kampagne handle, die gegen die geltende Verfassungsordnung verstoße.
Der VGH München ist dieser Argumentation nicht gefolgt und hat dem Kläger ein Recht auf Benutzung der öffentlichen Einrichtung auch für Veranstaltungen dieser Art zugesprochen.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes darf die Stadt als Träger öffentlicher Einrichtungen zwar deren Zweck festlegen und auch bestimmte Arten von Nutzungen ausschließen. Sie müsse dabei aber das höherrangige Recht und insbesondere die Grundrechte beachten. Einem Bewerber allein wegen zu erwartender unerwünschter Meinungsäußerungen den Zugang zu einer öffentlichen Einrichtung zu verwehren, verstoße gegen das Grundrecht der Meinungsfreiheit. Etwaige antisemitische Äußerungen könnten nach der Rechtsprechung des BVerfG nicht bereits aufgrund ihres Inhalts einen Ausschluss rechtfertigen, sondern erst dann, wenn damit die Friedlichkeit der öffentlichen Auseinandersetzung gefährdet werde. Es sei gegenwärtig nicht ersichtlich, dass diese Gefahrenschwelle mit den Boykottaufrufen der Befürworter der BDS-Kampagne erreicht werde. Wenn eine öffentliche Einrichtung für Veranstaltungen zu allgemeinpolitischen Fragen zur Verfügung gestellt werde, dürften nicht nur die von dem Einrichtungsträger gebilligten Themen und Meinungen zugelassen werden.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat der VGH München die Revision zum BVerwG zugelassen.