Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein hat am 03.11.2020 zum Aktenzeichen 11 U 61/20 entschieden, dass bei dem Angriff eines Wolfes auf eine Schafherde, in dessen Folge es zu Fehlgeburten bei trächtigen Schafen kommt, die Schafhalter für diese Folgen des Angriffs keinen Schadensersatz vom Land Schleswig-Holstein verlangen können.
Aus der Pressemitteilung des OLG Schleswig Nr. 11/2020 vom 19.11.2020 ergibt sich:
Die Kläger sind landwirtschaftliche Schafhalter und -züchter. Im Spätherbst 2018 griff ein Wolf mehrfach eine Schafherde der Kläger an. Die Angriffe führten zum Verlust von insgesamt zwölf Schafen. Bei weiteren 140 trächtigen Schafen soll es durch die Wolfsangriffe zum „Verlammen“ (Abort) gekommen sein. Ende November 2018 überwand der Wolf dann bei einem anderen Schafhalter eine als wolfsicher eingestufte Einzäunung. Im Januar 2019 erteilte das beklagte Land eine Genehmigung zur Tötung des Tieres. Der Wolf wurde im Januar 2020 in Niedersachsen überfahren. Für die gerissenen Schafe beantragten die Kläger bei dem beklagten Land Schleswig-Holstein Zuwendungen nach der sog. Wolfsrichtlinie. Im vorliegenden Verfahren verlangen die Kläger darüber hinaus Schadensersatz wegen der behaupteten Aborte bei den 140 trächtigen Schafen und wollen festgestellt wissen, dass das beklagte Land zum Ersatz von Schäden durch Wolfsangriffe auf ihre Herden verpflichtet ist. Die Kläger sind der Auffassung, das Land müsse einen absoluten Schutz vor Übergriffen durch Wölfe in Schafherden sicherstellen. Es sei verpflichtet, durch geeignete Maßnahmen, wie beispielsweise einen Zaun an der dänischen Grenze, ein Eindringen von Wölfen in Schleswig-Holstein zu unterbinden und Wölfe sofort einzufangen.
Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen.
Das OLG Schleswig hat die Berufung zurückgewiesen.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts steht den Klägern der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht zu, denn es fehlt an einer gesetzlichen Grundlage für einen derartigen Anspruch. Eine Amtspflichtverletzung durch Beamte des beklagten Landes liege nicht vor. Es gebe kein Gesetz, wonach das Land Schleswig-Holstein verpflichtet sei, die Anwesenheit von Wölfen in Schafzuchtgebieten im Land zu verhindern. Das gelte sowohl für die von den Klägern vorgeschlagene Einzäunung der Staatsgrenze als auch für die Betäubung und Verbringung der Wölfe. Die in § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 Bundesnaturschutzgesetz vorgesehene Genehmigung zum Abschuss des Wolfes habe das beklagte Land zutreffend erteilt, nachdem der Wolf die als wolfsicher geltenden Schutzmaßnahmen überwunden hat.
Auch soweit das beklagte Land verpflichtet sei, das Eigentum und die Berufsfreiheit der Kläger zu schützen, stünden den Klägern keine Entschädigungsansprüche zu. So habe das beklagte Land bereits Verwaltungsvorschriften zur Entschädigung von Landwirten für Wolfsangriffe erlassen. Weiterhin habe es Regelungen geschaffen, nach denen den Landwirten Unterstützung bei der Schaffung von Schutzmaßnahmen gegen Wölfe geleistet werde. Es liege deshalb kein Unterlassen des Gesetz- oder Verordnungsgebers vor, das zu einer Entschädigungspflicht des beklagten Landes führen könnte. Weitergehende Entschädigungsregelungen könnten nicht durch die Rechtsprechung geschaffen werden. Dies sei die Aufgabe des Gesetzgebers.