Künstliche Intelligenz (KI) im Arbeitsverhältnis – das müssen Arbeitnehmer & Arbeitgeber wissen

30. Dezember 2024 -

Direktionsrecht

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) bietet die Möglichkeit, dass Maschinen einen Teil der traditionellen Aufgaben des Arbeitgebers übernehmen, wie beispielsweise die Anweisung zur Ausführung bestimmter Verhaltensweisen durch die Arbeitnehmer. Das bedeutet, dass es technisch möglich ist, dass KI das Verhalten der Arbeitnehmer lenkt und diesen Anweisungen gibt. Dieser Bereich, in dem KI das Verhalten der Arbeitnehmer steuert, wird in der Literatur als „algorithmisches Management“ bezeichnet.

Es ist durchaus denkbar, dass das Direktionsrecht des Arbeitgebers an einen Algorithmus übertragen wird. Allerdings muss diese Übertragung auch den gesetzlichen Anforderungen gemäß § 106 der Gewerbeordnung (GewO) genügen, insbesondere bezüglich der Verhältnismäßigkeit. Das bedeutet, dass der Einsatz von KI zur Steuerung des Arbeitnehmerverhaltens im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben stehen muss, um Rechtskonformität sicherzustellen. Es ist wichtig, sicherzustellen, dass die Verwendung von KI zur Lenkung des Verhaltens der Arbeitnehmer ethisch und rechtlich vertretbar ist.

Datenschutz

Der verstärkte Einsatz von KI in Unternehmen führt zwangsläufig zu einer verstärkten Verarbeitung von personenbezogenen Daten der Mitarbeiter. Während ein Arbeitgeber technische und organisatorische Maßnahmen für die Arbeit vor Ort relativ problemlos umsetzen kann, erfordert die Arbeit im mobilen Umfeld eine entsprechende Anpassung dieser Maßnahmen. Darüber hinaus muss der Arbeitgeber angemessene Maßnahmen zur Datensicherheit gemäß dem aktuellen Stand der Technik ergreifen.

Im Zuge des KI-Einsatzes muss auch die Frage der datenschutzrechtlichen Verantwortlichkeit geklärt werden. Die Verantwortlichkeit kann je nach technischer Ausgestaltung gemeinsam mit dem KI-Anbieter und dem Arbeitgeber liegen, oder es kann sich um einen Fall von Auftragsdatenverarbeitung handeln, bei dem der Arbeitgeber allein verantwortlich ist. Die konkrete Zuordnung ist nicht pauschal vorherzusagen, sondern hängt von individuellen Faktoren ab.

Des Weiteren muss geprüft werden, ob eine Datenschutzfolgeabschätzung erforderlich ist. Die globale Verteilung der Mitarbeiter und Serverstandorte wirft auch die Frage nach der Zulässigkeit von Datenübermittlungen in Drittstaaten auf. Im Rahmen des Datenschutzes von Beschäftigten muss zudem die Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung geklärt werden.

Beim Einsatz von künstlicher Intelligenz im Arbeitsrecht spielt der Datenschutz eine entscheidende Rolle. KI-Systeme verarbeiten oft eine Vielzahl an personenbezogenen Daten, sei es bei der Analyse von Bewerbungen, der Verwaltung von Arbeitszeiten oder der Überwachung von Mitarbeiterleistungen. Unternehmen stehen vor der Aufgabe sicherzustellen, dass die Verwendung dieser Daten im Einklang mit den Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), dem neuen EU-AI-Act und nationalen Gesetzen wie dem Bundesdatenschutzgesetz erfolgt.

Besondere Beachtung sollte der Aspekt der Transparenz erhalten. Angestellte und Bewerber sollten darüber informiert werden, welche Daten die KI-Systeme erfassen und zu welchem Zweck sie genutzt werden. Zudem muss eine rechtliche Grundlage für die Verarbeitung der Daten vorhanden sein – sei es die Erfüllung eines Arbeitsvertrags, das berechtigte Interesse des Arbeitgebers oder die Einwilligung der betroffenen Personen. Vor der Einführung von KI-Systemen ist in vielen Fällen eine Datenschutz-Folgenabschätzung erforderlich, um potenzielle Risiken frühzeitig zu identifizieren und zu beheben.

Arbeitgeber-Entscheidungen durch KI

Ein weiterer wichtiger Punkt, den es zu beachten gilt, ist die Anwendung der Verordnung über künstliche Intelligenz (KI-VO), die am 1. August 2024 in Kraft getreten ist. Diese Verordnung ähnelt dem Konzept der DSGVO und verfolgt einen risikobasierten Ansatz. Gemäß diesem Ansatz gliedert die KI-VO die verschiedenen KI-Systeme je nach dem Risiko, das sie für die Grundrechte und die Sicherheit der Arbeitnehmer darstellen, in verschiedene Kategorien wie verbotene KI-Systeme/KI-Praktiken, Hochrisikosysteme, Systeme mit geringem Risiko und andere Systeme.

Besonders relevant aus arbeitsrechtlicher Sicht ist Artikel 6 Absatz 2 der KI-VO in Verbindung mit Anhang III Nummer 4, der besagt, dass KI immer dann als Hochrisiko-KI eingestuft wird, wenn sie zur Einstellung oder Auswahl von Personen verwendet wird, beispielsweise für gezielte Stellenanzeigen, die Analyse und Filterung von Bewerbungen oder die Bewertung von Bewerbern. Ebenso gilt eine KI als Hochrisiko, wenn sie Entscheidungen trifft, die sich auf Arbeitsverhältnisse auswirken, Aufgaben basierend auf individuellem Verhalten oder persönlichen Eigenschaften zuweist oder das Verhalten von Personen überwacht und bewertet.

Artikel 6 Absatz 3 der KI-VO sieht jedoch eine Ausnahmeregelung für Hochrisiko-KI-Systeme vor, die nicht als risikoreich gelten, wenn sie keine erhebliche Beeinträchtigung der Gesundheit, Sicherheit oder Grundrechte von Personen verursachen und das Ergebnis der Entscheidungsfindung nicht wesentlich beeinflussen. Arbeitgeber müssen im Einzelfall prüfen, ob ihre KI als Hochrisiko eingestuft wird. Wenn dies der Fall ist, müssen sie unter anderem ein Risikomanagementsystem implementieren und die technische Belastbarkeit sowie die Cybersicherheit der KI sicherstellen.

Arbeitgeber-Haftung

Angesichts der Tatsache, dass der Einsatz von KI im Arbeitsverhältnis als Hochrisiko eingestuft werden kann, drohen gemäß den Bestimmungen der KI-Verordnung Art. 99-101 Sanktionen, individuelle Geldbußen und Schadensersatzansprüche bei Verstößen gegen die Vorschriften. Insbesondere bei der rechtswidrigen Verarbeitung personenbezogener Daten gemäß der DSGVO können erhebliche Konsequenzen auf Arbeitgeber zukommen. Es liegt daher in der Verantwortung der Geschäftsleitung, die Einhaltung interner und externer Vorgaben sicherzustellen.

Es ist daher ratsam, dass Arbeitgeber die Erfüllung dieser Pflichten als festen Bestandteil der Unternehmenskultur betrachten und sicherstellen, dass alle Mitarbeiter regelkonform handeln. Um eine entsprechende Compliance-Kultur zu etablieren, ist es wichtig, die Mitarbeiter entsprechend zu sensibilisieren. Dies erfolgt in der Praxis häufig durch die Implementierung eines Verhaltenskodex, der auf Verhaltensrichtlinien basiert und Schulungen für die Belegschaft einschließt.

Die konkreten Regelungen können je nach Umfang variieren. Unternehmen setzen in der Regel einen allgemeinen Verhaltenskodex ein, der Grundsätze zur Unternehmenskultur und Zusammenarbeit festlegt und so eine gemeinsame Identität schafft. Unterhalb des Verhaltenskodex werden spezifische Verhaltensrichtlinien implementiert, die den Mitarbeitern konkrete Handlungsanweisungen geben und sich hauptsächlich auf gesetzliche Bestimmungen beziehen.

Gesundheitliche Folgen durch KI-Nutzung

Arbeitgeber haben die Pflicht, ihre Mitarbeiter vor den Auswirkungen einer ständigen Erreichbarkeit durch KI zu schützen. Diese kann dazu führen, dass eine Grenze zwischen Arbeitszeit und Freizeit verschwimmt, was in der Literatur als „Entgrenzung des Arbeitsverhältnisses“ diskutiert wird. Um diesem Problem entgegenzuwirken, legen Unternehmen interne Verhaltensrichtlinien fest, die konkrete Vorgaben zur Zeit und Nutzung von KI machen. Wenn die Einführung neuer Technologien oder die Überwachung von Mitarbeitern zu Veränderungen im Arbeitsablauf führen, müssen die Arbeitnehmer auch in diesem Prozess mitbestimmen können.

Die ständige Erreichbarkeit und die intensive Nutzung von Bildschirmen können sich negativ auf die Gesundheit der Beschäftigten auswirken. Diese potenziellen Folgen müssen daher in die Gefährdungsbeurteilung am Arbeitsplatz einbezogen werden. Darüber hinaus muss der Arbeitgeber kontinuierlich die Anpassung von Technologien sicherstellen, um den Arbeits- und Gesundheitsschutz zu verbessern und zu gewährleisten.

Persönliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers bei KI

Es ist zu erwarten, dass der vermehrte Einsatz von künstlicher Intelligenz dazu führen wird, dass die traditionelle Unterscheidung zwischen abhängiger Beschäftigung und Selbstständigkeit immer mehr verschwimmt. Es ist anzunehmen, dass die rechtliche Einordnung und damit auch die Bewertung von Arbeitsverhältnissen in ihrer bisherigen Form zunehmend schwieriger wird.

Ein Beispiel dafür ist, dass Maschinen immer mehr Aufgaben übernehmen, während Arbeitnehmer dennoch gemäß § 613 BGB persönlich für die Erbringung ihrer Arbeitsleistung verantwortlich sind. Die Digitalisierung der Arbeitswelt, mit Trends wie der ortsunabhängigen Arbeit und der Entstehung von Plattformarbeit, trägt zu dieser Entwicklung bei. In Zukunft könnten Arbeitgeber und Arbeitnehmer vor der Herausforderung stehen, die rechtliche Einordnung ihrer Arbeitsverhältnisse neu zu überdenken und anzupassen.

Arbeitnehmer-Überwachung durch KI

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) zur Überwachung von Mitarbeitern ist ein äußerst brisantes Thema, das eine gründliche Betrachtung erfordert. Arbeitgeber haben durch die Analyse von Arbeitszeiten, Leistung und Verhalten die Möglichkeit, eine neue Form der Kontrolle über ihre Arbeitnehmer auszuüben. Es ist jedoch von größter Bedeutung, hier mit äußerster Vorsicht vorzugehen. Die Überwachung von Arbeitnehmern muss immer in einem angemessenen Verhältnis stehen und erfordert eine eingehende Abwägung der unterschiedlichen Interessen unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Falls.

Ein zentraler Punkt bei der Betrachtung der Zulässigkeit solcher Maßnahmen ist die Art der verarbeiteten Daten. Die Erlaubtheit von Überwachungsmaßnahmen hängt entscheidend davon ab, ob das Interesse des Arbeitgebers an der Überwachung die schutzwürdigen Interessen des Arbeitnehmers überwiegt.

Besondere Sensibilität ist geboten, wenn KI zum Beispiel zur automatisierten Analyse von Videoaufzeichnungen durch Sprach- oder Gesichtserkennung eingesetzt wird. Eine solche Verarbeitung personenbezogener Daten ist in der Regel nur dann erlaubt, wenn eine wirksame Einwilligung des betroffenen Mitarbeiters vorliegt. Alternativ kann eine Verarbeitung auch unter strengen Voraussetzungen des Bundesdatenschutzgesetzes gerechtfertigt sein, wenn sie zur Erfüllung des Arbeitsverhältnisses notwendig ist und keine milderen Mittel zur Verfügung stehen.

Eine andere Situation ergibt sich, wenn KI im Rahmen von „Predictive Policing“ verwendet wird, also zur Vorhersage und Verhinderung möglicher Regelverstöße oder Fehlverhalten. In einem solchen Fall ist eine Einwilligung der Mitarbeiter grundsätzlich nicht möglich, da die Maßnahme keinen erkennbaren Vorteil für den Arbeitnehmer bietet und eher dazu dient, präventiv zu überwachen. Die rechtlichen Anforderungen für einen solchen Einsatz sind dementsprechend hoch, und die Maßnahme muss besonders sorgfältig auf ihre Verhältnismäßigkeit geprüft werden. Unternehmen müssen in jedem Fall sicherstellen, dass die eingesetzten Überwachungsmaßnahmen transparent sind und den gesetzlichen Anforderungen entsprechen.