Die vom Bundesrat am 15.05.2020 angenommene Entschließung zur wirksamen Minderung und Kontrolle von Motorradlärm stößt im Verkehrsausschuss auf breite Kritik.
Aus hib – heute im bundestag Nr. 1158 vom 28.10.2020 ergibt sich:
Anträge der Fraktionen der AfD (BT-Drs. 19/22553 – PDF, 252 KB) und der FDP (BT-Drs. 19/20778 – PDF, 260 KB), in denen die Bundesregierung aufgefordert wird, der Entschließung der Länderkammer nicht nachzukommen, fanden bei der Sitzung am 28.10.2020 dennoch keine Mehrheit.
Der Bundesrat fordert in seiner Entschließung eine Begrenzung der Geräuschemissionen in allen Fahrzuständen auf einen Grenzwert von maximal 80 dB(A) bei neuzugelassenen Motorrädern sowie die Ermöglichung von zeitlich beschränkten Verkehrsverboten an Sonn- und Feiertagen aus Gründen des Lärmschutzes. Die Bundesregierung wird zudem aufgefordert, die Möglichkeit der Einführung einer Regelung zur unmittelbaren Haftung, „bei der das Schuldprinzip nicht zur Anwendung kommt“ (Halterhaftung), unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen und die Führung eines Fahrtenbuchs nach Rechtsverstößen nicht ermittelbarer Fahrer verpflichtend einzuführen.
Seine Fraktion sehe die Entschließung des Bundesrates „äußerst kritisch“, sagte ein Vertreter der SPD-Fraktion. Streckensperrungen seien keine Lösung gegen das Lärmproblem, weil sie das Problem lediglich auf andere Streckenabschnitte verlagern würden. Begrüßt werden von der SPD-Fraktion die Bemühungen des Bundes, eine Klärung auf europäischer Ebene zu erzielen, um Geräuschsenkungen bei Neufahrzeugen durch Änderungen der Konstruktion zu erreichen. Gegenüber Verkehrssündern, die sich auch heute schon illegal verhielten, muss aus Sicht des Fraktionsvertreters ein ausreichender Kontrolldruck der Behörden vorhanden sein. Die vorgelegten Anträge lehnte die SPD-Fraktion ab.
Bestraft werden müssten die „schwarzen Schafe“, die sich nicht an die Regeln hielten, sagte der Vertreter der Unionsfraktion. Dazu müssten der Polizei bessere Instrumentarien an die Hand gegeben werden. Die Koalitionsfraktionen, so kündigte der Unionsvertreter an, würden in den kommenden Wochen gemeinsame Vorschläge erarbeiten. Generelle Fahrverbote aber lehne die Union ab. Positiv bewertete der Fraktionsvertreter die Bemühungen der Bundesregierung auf internationaler Ebene. Dies werde in den Anträgen nicht anerkannt, weshalb diese abzulehnen seien.
Die Initiative des Bundesrates sei fehlgeleitet, befand der AfD-Vertreter. Der Bundestag solle daher deutlich dagegen Stellung beziehen. Mit den weitreichenden Einschränkungen würde das Motorradfahren „faktisch unmöglich“ werden, befürchtete er. Die Entschließung des Bundesrates ist aus Sicht der AfD-Fraktion „ein rein ideologisch motiviertes verschleiertes Verbot für Motorräder mit Verbrennungsmotor“. Dadurch solle ein Technologiewechsel erzwungen werden, der ohne dieses Verbot nicht erreichbar sei.
Auch der FDP-Fraktion ist die Bundesrats-Entschließung zu weitgehend. Am kritischsten sehe er die Forderung nach der Begrenzung der Geräuschemissionen „in allen Fahrzuständen“ auf einen Grenzwert von maximal 80 dB(A), sagte der Fraktionsvertreter. Dies würde einen Technologiewechsel erzwingen und sei falsch. Sinnvoll sei es hingegen, eine Datenbank für Motorradzubehörteile zu schaffen, die der Polizei als Unterstützung bei Kontrollen dienen könne. Auch die „Vorbeifahrmessung“, die bei der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) in der Entwicklung sei, müsse zeitnah umgesetzt werden, verlangte er.
Zustimmung zum Antrag der FDP-Fraktion gab es von der Fraktion Die Linke. Zwar gebe es in der Tat schwarze Schafe unter den Motorradfahrern, doch existierten diese auch unter Autofahrern, sagte der Fraktionsvertreter. Da komme auch keiner auf die Idee, „grundsätzliche Verbote zu verhängen“. Das müsse anders gelöst werden, verlangte er.
In ihren Anträgen suggerierten AfD- und FDP-Fraktion, es handle sich um flächendeckende Fahrverbote, die dazu führen würden, dass der überwiegende Teil der Motorradfahrer sein Hobby aufgeben müsse, sagte die Vertreterin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Das sei aber der Bundesratsinitiative so nicht zu entnehmen und sei auch nicht den Vorstellungen ihrer Fraktion entsprechend, sagte sie. AfD- und FDP-Fraktion stellten die Dinge auf den Kopf. Sie machten das Hobby einzelner Menschen zum Maß aller Dinge und würden billigend in Kauf nehmen, dass dies für andere Menschen zu unerträglichen Situationen führe, kritisierte sie.