Das Bundeskartellamt hat keine durchgreifenden kartellrechtlichen Bedenken gegen die von der Tank & Rast GmbH, Bonn, für die kommenden fünf Jahre geplante Vergabe der Einlieferungs- und Vertriebsrechte für Kraftstoffe an Autobahntankstellen („Vergabemodell 2023“).
Aus der Pressemitteilung des BKartA vom 09.03.2022 ergibt sich:
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Tank & Rast hat in den 1990er Jahren auf der Grundlage vom Bund vergebener langjähriger Konzessionen die Bewirtschaftung der meisten Bundesautobahntankstellen übernommen. Rund 90 Prozent der Rechte für die Einlieferung und den Vertrieb von Kraftstoffen an diesen Tankstellen vergibt Tank & Rast an Mineralölunternehmen. Das Unternehmen hat uns um eine Einschätzung gebeten, ob das für die kommenden fünf Jahre geplante Vergabemodell mit dem Kartellrecht vereinbar ist. Anhaltspunkte für einen Verstoß haben sich jedoch nicht ergeben. Die vorgenommenen Anpassungen des Vergabemodells beinhalten zumindest einen gewissen Anreiz für die Mineralölkonzerne, über niedrigere Preise den Absatz zu steigern. Allerdings wird es sich auch in Zukunft lohnen, mit den Daten der Markttransparenzstelle für Kraftstoffe die Preise zu vergleichen und gezielt preiswertere Alternativen anzusteuern. Bislang sind Benzin und Diesel an der Autobahn bis zu 20 Cent teurer als an den Straßentankstellen.“
Nachdem die Vergabe ursprünglich ausschließlich im Rahmen eines Quotenmodells entsprechend der Marktanteile der Mineralölunternehmen an den Straßentankstellen erfolgte, bewirkte das Bundeskartellamt 2011 eine Öffnung dieses Systems (siehe Beschluss vom 14. Januar 2011). In der Folge wurden seit 2013 nur noch maximal 65 Prozent der Rechte über das Quotenmodell vergeben, für den Fünfjahreszeitraum seit 2018 schließlich nur noch 49 Prozent. Die übrigen von Tank & Rast nicht selbst gehaltenen Vertriebsrechte werden im Rahmen einer Auktion versteigert. Das Modell berücksichtigt seitdem auch stärker die Interessen der mittelständischen Mineralölwirtschaft.
Wie bereits für den vergangenen Vergabezeitraum werden auch für die Fünfjahresperiode ab 2023 41 Prozent der Vertriebsrechte für die von Tank & Rast betriebenen Autobahntankstellen im Rahmen einer Auktion vergeben. Die Vergabe von 49 Prozent der Vertriebsrechte erfolgt weiterhin auf der Grundlage des Quotenmodells. Tank & Rast hat für den kommenden Vergabezeitraum wesentliche Grundlagen für die Entgeltberechnung angepasst. Diese Anpassungen bewirken, dass das von den Mineralölgesellschaften an Tank & Rast zu zahlende durchschnittliche Entgelt in einem stärkeren Maße als bisher bei einer steigenden Absatzmenge sinkt. Dadurch wird tendenziell der Anreiz der Mineralölunternehmen gestärkt, die Absatzmengen an den Autobahntankstellen zu steigern. Das Modell sieht zudem vertragliche Vorkehrungen für unerwartete Absatzrückgänge aufgrund einer Pandemie vor.
Die konkreten Modalitäten der Vergabe der Vetriebsrechte müssen vom Bundeskartellamt nicht förmlich genehmigt werden. Die Ausgestaltung des Vergabemodells unterliegt vielmehr der kartellrechtlichen Selbsteinschätzung durch die Tank & Rast GmbH. Aufgrund der Bedeutung der Vergabe für die Branche hat das Bundeskartellamt jedoch – wie bereits für vorangegangene Vergabezeiträume – die Vergabemodalitäten und die maßgeblichen kartellrechtlichen Rahmenbedingungen mit den betroffenen Wirtschaftskreisen im Rahmen einer Konsultation erörtert. Aufgrund der im Zuge der Konsultation eingegangenen Stellungnahmen hat Tank & Rast weitere Modifikationen des vorgesehenen Vergabemodells vorgenommen. Unter anderem wird nun sichergestellt, dass die Höhe der Entgelte für die nach der Quote vergebenen Vetriebsrechte das im Rahmen der Auktion ermittelte durchschnittliche Entgelt nicht überschreiten werden. Zudem werden erstmals E-Fuels in die Vergabe einbezogen.