Das Bundessozialgericht hat am 19.09.2024 entschieden, dass Hilfe zur Pflege beziehende Heimbewohner, die infolge ihrer Schwerbehinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind, Anspruch auf unentgeltliche Beförderung im ÖPNV haben.
Aus der Pressemitteilung des BSG Nr. 26/2024 vom 19.09.2024 ergibt sich:
Die in einem Pflegeheim wohnende Klägerin erfüllte wegen ihrer Schwerbehinderung und der Zuerkennung des Merkzeichens G die Grundvoraussetzungen für die unentgeltliche Beförderung im ÖPNV. Durch eigenes Einkommen verfügte sie zwar über hinreichende Mittel, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Die Heimkosten zahlte jedoch nach Anrechnung des noch verbleibenden aber unzureichenden Einkommens der Sozialhilfeträger. Die Klägerin verwendete die ihr noch verfügbaren Eigenmittel zur Beschaffung der ein Jahr gültigen Wertmarke in Höhe von 91 Euro, die ihr nunmehr von dem Beklagten zu erstatten sind.
Zwar erfasst der Befreiungstatbestand des § 228 Absatz 4 Nummer 2 SGB IX seinem Wortlaut nach unter anderem nur Bezieher von den Lebensunterhalt sichernden laufenden Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Trotzdem genügt als Anspruchsvoraussetzung über den Wortlaut hinaus auch der Erhalt von Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII, jedenfalls soweit Anspruch auf Hilfe zur Pflege in einem Alten- und Pflegeheim besteht. Dies folgt aus einer analogen Anwendung der Norm auf hilfebedürftige Heimbewohner, die durch den Bezug von Hilfe zur Pflege dem Existenzsicherungssystem der Sozialhilfe zugehörig sind. Durch den Systemwechsel vom Bundessozialhilfegesetz zum SGB XII im Jahr 2005 ist insoweit eine planwidrige Regelungslücke im SGB IX entstanden, indem die lediglich Hilfe zur Pflege beziehenden Heimbewohner aus dem Befreiungstatbestand herausgefallen sind, ohne dass ersichtlich ist, dass diese Rechtsfolge vom Gesetzgeber beabsichtigt war. Ein sachlicher Grund für den Ausschluss dieser hilfebedürftigen Heimbewohner erschließt sich nicht.