Die Leopold Kostal GmbH & Co. KG ist die Konzernmutter der Kostal Gruppe.
Kostal ist ein Familienunternehmen mit Stammsitz in Lüdenscheid, das elektronische und mechatronische Produkte entwickelt und produziert.
An 46 Standorten in 20 Ländern arbeiten rund 18.000 Mitarbeiter für die Unternehmensgruppe, die insbesondere Automobilhersteller und deren Zulieferer sowie Unternehmen aus der Photovoltaik-Branche beliefert.
In Deutschland sind 3.200 Arbeitnehmer beschäftigt.
Im Geschäftsbereich Automobilelektrik entwickelt und produziert Kostal Produkte für die Fahrzeugkarosserieelektrik, unter anderem Lenksäulenmodule, Bedienelemente und Schalter, Bordnetzsteuergeräte und Türsteuergeräte.
Dieser Geschäftsbereich beschäftigt in Deutschland 2.350 Arbeitnehmer.
In der Kostal-Zentrale in Lüdenscheid sollen bald alle Arbeitnehmer entlassen sein.
Und auch an den Produktionsstandorten in Halver, Lüdenscheid und Meinerzhagen sollen bis Ende 2024 alle Arbeitnehmer entlassen werden; die Produktion soll auf andere Standorte im Ausland verlagert werden.
In Ungarn wurde gerade ein neues Werk mit 360 Arbeitnehmer eröffnet.
Der Stellenabbau von Kostal ist damit sehr groß.
Der Betriebsrat von Kostal rechnet mit bis zu 950 Arbeitsplätzen, die abgebaut oder ins Ausland verlagert werden.
Laut dem Betriebsrat von Kostal sind die Arbeitnehmer geschockt und haben teilweise nach der Information geweint.
Der Betriebsrat bemängelt die mangelnde Information und die fehlende vorherige Beratung mit der IG Metall zur Suche nach Lösungen.
Auch die IG Metall hat mit Bestürzung auf die Nachricht von Kostal reagiert.
Kostal begründet den Schritt damit, dass nur so ein Schaden von der gesamten Kostal-Gruppe abgewendet und der Fortbestand als unabhängiges Familienunternehmen gewährleistet werden kann.
Der Preis- und Wettbewerbsdruck, die Pandemie und der Krieg in der Ukraine setzten Kostal stark zu.
Kostal will nun mit dem Betriebsrat in Beratungen über Sozialplan und Interessenausgleich sprechen und anschließend die Arbeitnehmer informieren.
Kostal hat derzeit den Plan auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten – dass es auch so kommt, ist unwahrscheinlich, denn nur mit einem Freiwilligenprogramm, der Nichtverlängerung von befristeten Arbeitsverhältnissen und Eigenkündigungen wird der massive Stellenabbau nicht gelingen können.
Der Geschäftsführer Hansjörg Herrmannteilt zum Stellenabbau mit:
Jedem von uns tut es leid, dass wir nicht alle unsere Beschäftigten bis zum Renteneintritt bei uns beschäftigen können. Das ist allerdings keine Frage mangelnder Loyalität, sondern eine der wirtschaftlichen Notwendigkeit. Die KAE Deutschland kann keine Sonderrolle einnehmen und unterliegt den gleichen Anforderungen an Nachhaltigkeit und Profitabilität wie unsere Standorte in anderen Ländern.
Am Ende müssen wir diesen Schritt gehen, um die Arbeitsplätze von 18.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weltweit aus unternehmerischer Verantwortung nachhaltig zu sichern. Wir wissen, dass diese Veränderungen harte Einschnitte bedeuten. Mit unseren Beschäftigten werden wir respektvoll umgehen und sie schnellstmöglich über geplante Veränderungen informieren. Sobald wir mit dem Betriebsrat einig sind, werden wir mit unseren Mitarbeitern das Gespräch suchen.
Die IG Metall erklärt:
Der geplante Arbeitsplatz-Abbau wäre ein schwerer Schlag für die ohnehin gebeutelte Industrieregion. Die Fertigung im Bereich der Automobil-Elektrik bei Kostal gehört zur DNA der heimischen Industrieregion. Über Generationen hinweg haben Menschen aller Herkunft und Bildungsgeschichte hier die Möglichkeit gefunden, ihr Leben über ihre Arbeit selbstbestimmt zu gestalten.
Der komplette Wegfall der Produktion in dem Sektor würde unwiderruflich sein. Betriebsrat und IG Metall werden deswegen gemeinsam mit den vom Betriebsrat beauftragten Partnern nach Vorlage aller hierfür notwendigen Unterlagen durch die Kostal-Gruppe alles dafür tun, dass dieser angekündigte Einschnitt verhindert werden kann. Schon vor einiger Zeit hat der Betriebsrat die Rechtsanwaltskanzlei silberberger.lorenz aus Düsseldorf sowie die Unternehmensberatung PCG aus Essen beauftragt, die Beschäftigtenvertretung in Zeiten des industriellen Wandels zu begleiten.
Wir werden auf unsere Kolleginnen und Kollegen in den Betriebs- und Aufsichtsräten bei den Automobilherstellern zugehen. Der Wegfall der Produktion in der Zulieferbranche muss gestoppt werden. Es drohen ein Kompetenzverlust und in der Folge auch der Verlust weiterer Arbeitsplätze für die gesamte deutsche Autoindustrie sowie die schleichende De-Industrialisierung in Südwestfalen. Insbesondere in der Autoindustrie standen in den letzten zwei Jahren mehrfach wegen gebrochener Lieferketten die Bänder still. Durch die Stilllegung der Fertigung werden Lieferketten noch unsicherer.
Die beabsichtigte Eröffnung des Kostal Business Centers in Ungarn und auch der übrige branchenweite Prozess der Aus- und Verlagerung von Jobs nach Osteuropa zeigt, dass nicht nur Kolleginnen und Kollegen in der Produktion betroffen sind.
Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat erst spät über das Vorhaben informiert, konkrete Zeitschienen und Maßnahmenvorschläge liegen noch nicht auf dem Tisch. Hierbei ist unnötig Zeit verloren gegangen. Dennoch wollen wir jede Minute nutzen, um von einem anderen Konzept zu überzeugen, wie uns das schon in anderen Unternehmen der Region gelungen ist. Der Arbeitgeber muss nun die notwendigen Unterlagen zur Verfügung stellen, damit alle Maßnahmen diskutiert werden können, die Arbeitsplätze erhalten. Dazu gehören ganz sicher auch freie Plätze in den anderen Unternehmensbereichen, die Weiterbildung von Beschäftigten und tarifpolitische Möglichkeiten, die einen Aufbau einer emissionsarmen Fertigung unterstützen könnten.
Eine Platzierung möglicher neuer Aufträge an den heimischen Standorten sei aufgrund der Einkaufspolitik der Hersteller kaum möglich, heißt es. Wir werden dies in unseren Gesprächen mit Politik und Unternehmen aufgreifen. Die internationalen Konflikte wie der Angriffskrieg gegen die Ukraine, die Erfahrungen der Corona-Pandemie und die Knappheit von Ressourcen zeigen, wie fragil Lieferketten geworden sind. Gleichzeitig zeigt sich, dass die Expansion deutscher Unternehmen in Regionen, in denen Rechtsstaatlichkeit und demokratische Bewegungen verhindert beziehungsweise verboten werden, zu keinem Wandel geführt haben. Deswegen muss es auch in der Industrie zu einem Umdenken kommen.
Der vom geplanten Produktionsschluss unabhängige Schritt der Kostal-Gruppe, Dienstleistungen nach Ungarn zu verlagern, ist angesichts der Äußerungen der Orban-Administration gegen die ukrainische Führung und der bekannten fragwürdigen Praktiken gegen demokratische Bewegungen und Mitbestimmung, nicht nachzuvollziehen.
Die IG Metall fordert von Kostal nun die Zurverfügungstellung der notwendigen Unterlagen damit alle Maßnahmen diskutiert werden können, die Arbeitsplätze erhalten.