Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat am 26.05.2021 zum Aktenzeichen 8 C 11151/20.OVG entschieden, dass die Konzentrationsflächenplanung in Bezug auf die Windenergienutzung im Flächennutzungsplan der Verbandsgemeinde Zweibrücken-Land fehlerhaft ist, sodass ihr keine Ausschlusswirkung zukommt.
Aus der Pressemitteilung des OVG RP Nr. 19/2021 vom 16.06.2021 ergibt sich:
Die Antragstellerin plant im Gebiet der Verbandsgemeinde Zweibrücken-Land die Errichtung von Windenergieanlagen (WEA) in den Gemarkungen Großbundenbach und Käshofen. Der im Jahre 2006 aufgestellte Flächennutzungsplan der Verbandsgemeinde wies je ein Sondergebiet für die Windenergie in den Ortsgemeinden Riedelberg und Walshausen mit Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 Baugesetzbuch (BauGB) an allen anderen Standorten aus, d.h. die Darstellung der Konzentrationsflächen verhinderte zugleich die Errichtung von WEA an anderer Stelle. Im September 2015 beschloss der Rat der Verbandsgemeinde die Aufstellung einer Teiländerung des Flächennutzungsplans in Bezug auf die Windenergienutzung. Nach dem Ergebnis einer Windpotentialstudie ergaben sich Flächenpotentiale in drei Gemeinden und zwar je eine Fläche in Käshofen (52 ha) und in Großbundenbach (108 ha) sowie zwei weitere Flächen in Riedelberg (26 ha – in direkter Nachbarschaft zur bereits dargestellten Konzentrationsfläche – und 61 ha). Zwei zunächst ebenfalls in Betracht gezogene Flächen in den Gemeinden Dellfeld (51 ha) und Contwig (40 ha) waren bereits im Rahmen der Potentialstudie wegen großen Untersuchungsaufwands ausgeschieden worden. Nachdem vor allem die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises Südwestpfalz, der Naturschutzbund (Nabu) Zweibrücken und der Landesjagdverband artenschutzrechtliche Bedenken in Bezug auf die Potentialflächen in Großbundenbach und in Käshofen vorgebracht hatten, wurde der Planentwurf dahin geändert, dass diese zwei Potentialflächen nicht weiterverfolgt wurden. Im April 2018 beschloss der Rat der Antragsgegnerin entsprechend diesem Planentwurf die Teiländerung „Windenergie“ des Flächennutzungsplans, die von der Kreisverwaltung Südwestpfalz 2019 genehmigt wurde.
Der von der Antragstellerin gegen die Ausschlusswirkung dieser Teiländerung des Flächennutzungsplans gestellte Normenkontrollantrag hatte Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht erklärte die Änderung insoweit für unwirksam.
Die angegriffene Änderung des Flächennutzungsplans der Antragsgegnerin leide an beachtlichen Abwägungsfehlern mit der Folge, dass ihr die angestrebte Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nicht zukomme. Sie genüge nicht den in der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen an ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept.
Die Ausarbeitung des Planungskonzepts habe sich abschnittsweise zu vollziehen: Im ersten Abschnitt seien diejenigen Bereiche als „Tabuzonen“ zu ermitteln, die für die Windenergienutzung nicht in Frage kämen. Dabei müsse zwischen Zonen unterschieden werden, in denen die Errichtung und der Betrieb von WEA aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen schlechthin ausgeschlossen seien („harte Tabuzonen“), und Zonen, in denen die Errichtung von WEA nach den städtebaulichen Vorstellungen der Gemeinde ausgeschlossen werden sollte („weiche Tabuzonen“). Die Gemeinden müssten sich den Unterschied zwischen den beiden Arten der Tabuzonen bewusstmachen und ihn dokumentieren; denn bei den harten Tabuzonen bestehe kein Spielraum für eine Abwägung, wohingegen der Plangeber eine Entscheidung für weiche Tabuzonen rechtfertigen müsse. Als Ergebnis müsse der Windenergie in substanzieller Weise Raum geschaffen und das Auswahlkonzept eventuell nochmals überprüft werden.
Die angegriffene Teiländerung genüge bereits nicht dem Erfordernis, die Erwägungen für das Ausscheiden von Flächen für die Windenergienutzung in der Begründung des Flächennutzungsplans zu dokumentieren. Zudem begegne die Vorgehensweise auch in zahleichen Einzelpunkten im Hinblick auf die Abgrenzung „harter“ von „weichen“ Tabuzonen durchgreifenden Bedenken. Die Vermischung von tatsächlich bestehenden Siedungsflächen und lediglich im Flächennutzungsplan dargestellten „Siedlungserweiterungsflächen“ in einer einheitlichen Ausschlusskategorie sei nicht zulässig. Fehlerhaft sei darüber hinaus der Ausschluss von Potentialflächen in den beiden Ortsgemeinden Dellfeld und Contwig, ohne dass dafür im Gutachten oder in der Planbegründung nachvollziehbare Gründe genannt worden seien. Außerdem erweise sich auch der Ausschluss der Potentialflächen in den Gemeinden Käshofen und Großbundenbach als fehlerhaft. Es sei bereits grundsätzlich unzulässig, Außenbereichsflächen aufgrund der möglichen Erfüllung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände bei dem Betrieb von WEA den harten Tabuflächen zuzuordnen. Wegen der Dynamik der Natur, aufgrund deren ein Revier, das aktuell von Rotmilanen besetzt sei, im nachfolgenden Jahr jedoch frei von Rotmilanen sein könne, sei eine Prognose, dass wegen aktuell besetzter Horste der Betrieb in einem Umkreis von 1.000 m auf unabsehbare Zeit am artenschutzrechtlichen Tötungsverbot scheitern müsse, nicht möglich. Der Begründung lasse sich schließlich auch nicht hinreichend entnehmen, dass die Antragsgegnerin ihr Auswahlkonzept und die sich aus dessen Anwendung ergebende Flächenbilanz noch einmal anhand der Maßgabe, der Windenergie „substanziell Raum zu geben“, überprüft habe. Es fehle an einer vergleichenden Gegenüberstellung der Größe der ausgewiesenen Konzentrationsflächen zu der Größe der Potentialflächen. Eine hinreichende Auseinandersetzung etwa mit dem 2-%-Kriterium des Landesentwicklungsprogramms IV finde in diesem Zusammenhang nicht statt.