Das Bundeskabinett hat am 18.12.2019 dem Entwurf eines „Gesetzes zum Schutz vor Konversionsbehandlungen“ zugestimmt, wonach medizinische Interventionen, die darauf gerichtet sind, die sexuelle Orientierung oder die selbstempfundene geschlechtliche Identität einer Person gezielt zu verändern oder zu unterdrücken (sogenannte Konversionstherapien), künftig verboten werden sollen.
Aus der Pressemitteilung des BMG Nr. 49/2019 vom 18.12.2019 ergibt sich:
Verstöße sollen mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder einem hohen Bußgeld geahndet werden.
Was soll verboten werden?
- Konversionsbehandlungen an Minderjährigen generell sowie
- Konversionsbehandlungen an Volljährigen, deren Einwilligung auf einem Willensmangel (z.B. Zwang, Drohung, Täuschung, Irrtum) beruht
Was soll darüber hinaus verboten werden?
- Das öffentliche Bewerben, Anbieten und Vermitteln solcher Behandlungen
- Bei Behandlungen an Personen unter 18 Jahren auch das nichtöffentliche Werben, Anbieten und Vermitteln.
Was droht bei Verstößen?
- Verstöße gegen das Verbot von Konversionsbehandlungen werden mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr bestraft
- Verstöße gegen das Verbot der Werbung, des Anbietens und Vermittelns werden mit einem Bußgeld von bis zu 30.000 Euro geahndet
Für wen gilt das Verbot?
- Für alle Personen, nicht nur für Personen, die berufsmäßig handeln
- Auch Eltern oder andere Fürsorge- oder Erziehungsberechtigte können bei gröblicher Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht bestraft werden
Für welche Behandlungen gilt das Verbot nicht?
- Behandlungen bei Störungen der Sexualpräferenz (z.B. Exhibitionismus, Pädophilie)
- Behandlungen, die der selbstempfundenen geschlechtlichen Identität einer Person oder ihrem Wunsch nach einem eher weiblichen oder eher männlichen Körperbild zum Ausdruck verhelfen
Gilt das Verbot auch für seelsorgerische und psychotherapeutische Gespräche?
- Das Verbot gilt nur dann, wenn der Gesprächspartner zielgerichtet Einfluss zu nehmen versucht auf die sexuelle Orientierung oder die selbstempfundene geschlechtliche Identität eines Betroffenen
Welche Regelungen enthält der Gesetzentwurf neben dem Verbot?
- Ein Beratungsangebot der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) für alle betroffenen Personen, Angehörige und z.B. Personen, die sich beruflich mit dem Thema befassen und dazu beraten
- Die Beratung soll kostenfrei, mehrsprachig und anonym erfolgen, als Telefon- und Onlineberatung
Warum brauchen wir ein Verbot sog. Konversionstherapien?
In Deutschland gibt es Organisationen, die immer noch die Überzeugung vertreten und verbreiten, nicht heterosexuelle Orientierungen (z.B. Homo- oder Bisexualität) oder abweichende Geschlechtsidentitäten (z.B. Transgeschlechtlichkeit) seien eine Krankheit und behandlungsbedürftig. Sie bieten sog. Konversionstherapien an, die darauf abzielen, die sexuelle Orientierung oder die selbstempfundene geschlechtliche Identität einer Person gezielt zu verändern oder zu unterdrücken.
Die Weltgesundheitsorganisation hat erklärt, dass Homosexualität und Transgeschlechtlichkeit keine Krankheit sind und keine Indikation für eine „Therapie“ besteht. Der Weltärztebund hat 2013 sog. Konversionstherapien als Menschenrechtsverletzung und als mit der Ethik ärztlichen Handelns unvereinbar verurteilt und der Deutsche Ärztebund hat 2014 vor den negativen Auswirkungen auf die Gesundheit gewarnt.
Warum sind sog. Konversionstherapien (KT) gefährlich?
Keine der bekannten Studien lässt den Schluss zu, dass die sexuelle Orientierung dauerhaft verändert werden kann. Wissenschaftlich nachgewiesen sind aber schwerwiegende gesundheitliche Schäden durch solche „Therapien“ wie Depressionen, Angsterkrankungen, Verlust sexueller Gefühle und ein erhöhtes Suizidrisiko. Nachgewiesen sind zudem Stigmatisierungs- und Diskriminierungseffekte auf Dritte in Form von Minderheitenstress.
Warum ein eigenständiges Gesetz und keine Regelung im Strafgesetzbuch (StGB)?
Das spezifische Unrecht sog. Konversionstherapien liegt vor allem in der Beeinträchtigung der sexuellen und geschlechtlichen Selbstbestimmung und der Gesundheit der Betroffenen, meistens durch psychische Einwirkungen. Das gegenwärtige Strafrecht trägt dem nicht ausreichend Rechnung. Ein eigenständiges Gesetz ermöglicht, die Straf- und Bußgeldvorschriften und das Beratungsangebot in einem Gesetz zu bündeln, andernfalls hätten die Regelungen auf verschiedene Gesetze verteilt werden müssen.
Das Gesetz soll voraussichtlich Mitte 2020 in Kraft treten. Der Bundesrat muss dem Gesetz nicht zustimmen.