Kompromiss zum EU-Haushalt: 16 Milliarden Euro mehr für EU-Programme

11. November 2020 -

Das Verhandlungsteam des Europäischen Parlaments für den EU-Haushalt und die Ratspräsidentschaft haben eine vorläufige politische Einigung über die künftige EU-Finanzierung erzielt.

Aus der Pressemitteilung des Europäischen Parlaments vom 11.11.2020 ergibt sich:

Nach zehn Wochen intensiver Verhandlungen einigten sich am 10.11.2020 das Verhandlungsteam des Europäischen Parlaments mit der deutschen Ratspräsidentschaft auf eine vorläufige Vereinbarung über den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen (MFR 2021-2027) und neue EU-Eigenmittel. Der Kompromiss muss noch von beiden Institutionen gebilligt werden.

Das Parlament konnte mit dieser Vereinbarung 16 Mrd. Euro zusätzlich zu dem von den Staats- und Regierungschefs auf ihrem Gipfeltreffen im Juli 2020 vereinbarten Paket durchsetzen. 15 Mrd. Euro werden die Schlüsselprogramme zum Schutz der Bürger vor der Corona-Pandemie verstärken, Chancen für die nächste Generation schaffen und die europäischen Werte schützen. Eine Milliarde Euro werden zusätzlich flexibel zur Verfügung stehen, um auf künftige Bedürfnisse und Krisen reagieren zu können.

Oberste Priorität des Parlaments war es, eine Aufstockung der Mittel für die Schlüsselprogramme zu erzielen, bei denen die Gefahr bestand, dass sie im Rahmen der Vereinbarung des Europäischen Rates vom Juli 2020 unterfinanziert sein werden, was die Verpflichtungen und Prioritäten der EU, insbesondere den Green Deal und die Digitale Agenda, gefährden würde.

Die zusätzlichen Mittel stammen hauptsächlich aus den von der EU eingenommenen Geldbußen für Wettbewerbsverstöße (die Unternehmen zahlen müssen, wenn sie die EU-Vorschriften nicht einhalten), entsprechend der langjährigen Forderung des Parlaments, dass von der EU eingenommene Gelder im EU-Haushalt verbleiben sollten.

Dank dieses Kompromisses verdreifacht das Europäische Parlament u.a. in realen Werten die Mittelausstattung des Programms „EU4Health“, stellt den Gegenwert eines zusätzlichen Jahres der Finanzierung von Erasmus+ sicher und sorgt dafür, dass die Forschungsfinanzierung weiter steigt.

Neue Eigenmittel

Die Unterhändler einigten sich auf den Grundsatz, dass die mittel- bis langfristigen Kosten für die Rückzahlung der Schulden für die Finanzierung des Aufbaufonds weder zu Lasten gut etablierter Investitionsprogramme im MFR gehen noch zu wesentlich höheren BNE-basierten EU-Beiträgen der Mitgliedstaaten führen sollten. Daher hat das Verhandlungsteam des Europäischen Parlaments einen Fahrplan für die Einführung neuer EU-Eigenmittel für die nächsten sieben Jahre ausgearbeitet. Dieser Fahrplan ist in der „Interinstitutionellen Vereinbarung“, einem rechtsverbindlichen Text, enthalten. Zusätzlich zu dem auf nicht-recyceltem Plastik gründenden Beitrag ab 2021 umfasst der Fahrplan eine auf dem Emissionshandelssystem (ETS) basierende Eigenmittelquelle (ab 2023, möglicherweise verbunden mit einem CO2-Grenzausgleichssystem), eine Digitalabgabe (ab 2023) und ein FTS-Eigenmittel sowie einen finanziellen Beitrag im Zusammenhang mit dem Unternehmenssektor oder eine neue gemeinsame Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (ab 2026).

Prüfung der Verwendung von EU-Mitteln für den Aufbauplan: Verbesserung der Haushaltskontrolle

Was die Ausgaben im Rahmen des Aufbauplans betreffen, so hat das Parlament sichergestellt, dass die drei Institutionen regelmäßig zusammenkommen, um die Umsetzung der auf der Rechtsgrundlage von Art. 122 aufgenommenen Mittel zu bewerten. Die Ausgaben werden in transparenter Weise getätigt, und das Parlament wird zusammen mit dem Rat jede Abweichung von zuvor vereinbarten Plänen überprüfen.

Der Aufbauplan („Next Generation EU“) fußt auf einem Artikel des EU-Vertrags (Art. 122 AEUV), der keine Rolle für das Europäischen Parlaments vorsieht. Die Verhandlungsführer des Europäischen Parlaments haben ebenfalls ein Verfahren durchgesetzt, das einen „konstruktiven Dialog“ zwischen Parlament und Rat auf der Grundlage einer Bewertung durch die EU-Kommission vorsieht, um sich auf die Haushaltsauswirkungen jedes neuen im Rahmen von Art. 122 vorgeschlagenen Rechtsakts zu einigen.

Horizontale Themen: Biodiversitätsziele, Gender und Chancengleichheit

Der Kompromiss sieht die verbesserte Verfolgung klima- bzw. biodiversitätsbezogener Ausgaben vor, um sicherzustellen, dass mindestens 30% des Gesamtbetrags des Unionshaushalts und des Aufbauplans die Klimaziele unterstützen, und um zu gewährleisten, dass ab 2024 7,5% und ab 2026 10% der jährlichen Ausgaben für die Ziele der Union im Bereich der biologischen Vielfalt aufgewendet werden.

Eine weiterer horizontaler Schwerpunkt im MFR wird die Förderung der die Gleichstellung und die durchgängige Berücksichtigung der Geschlechter sein, begleitet von einer gründlichen geschlechtsspezifischen Folgenabschätzung und Überwachung der Programme.

Hintergrund

Diese vorläufige politische Einigung zwischen dem Verhandlungsteam des Europäischen Parlaments und der Ratspräsidentschaft muss noch vom Rat, dem Parlamentspräsidenten und den Fraktionsvorsitzenden gebilligt werden und wird Gegenstand von Abstimmungen im Haushaltsausschuss und im Plenum sein.