Klimacamp vor Bremer Rathaus zulässig

29. April 2021 -

Das Verwaltungsgericht Bremen hat mit Beschluss vom 28.04.2021 zum Aktenzeichen 5 V 807/21 dem Eilantrag des Versammlungsleiters des seit dem 23.04.2021 vor dem Bremer Rathaus stattfindenden Klimacamps stattgegeben, mit dem dieser sich gegen die Untersagung des Aufstellens von Zelten, einer Bühne und weiteren Gegenständen wendete.

Aus der Pressemitteilung des VG Bremen vom 28.04.2021 ergibt sich:

Der Zusammenschluss mehrerer Klimaaktivisten möchte ein rund um die Uhr besetztes Klimacamp auf dem Grasmarkt vor dem Bremer Rathaus durchführen und mit ca. 30 Teilnehmern für eine klimagerechte Politik protestieren. Das Camp soll ungefähr ein Jahr andauern und u.a. aus Pavillons, einer kleinen Bühne, Sitzgelegenheiten und Zelten bestehen, in denen nachts einzeln Teilnehmer übernachten. Nachdem keine Einigung über einen alternativen Standort für das Protestcamp erzielt wurde, bestätigte die Versammlungsbehörde mit Bescheid vom 21.04.2021 die angemeldete Dauerversammlung zunächst bis zum 07.05.2021, untersagte aber das Aufstellen von Zelten zur Lagerung von Sachen und zum Aufenthalt von Personen sowie einer Bühne und weiterer Gegenstände. Diese Infrastruktureinrichtungen seien – anders als die jeweils geplanten Aktionen im Protestcamp – nicht von der Versammlungsfreiheit gedeckt. Einer dauerhaften Inanspruchnahme der Versammlungsfläche durch das Klimacamp stünden zudem widerstreitende Nutzungsinteressen Dritter entgegen. Der erst im Anschluss an die Kooperationsgespräche ins Feld geführte Charakter der Zelte bzw. schlafende Personen als Symbol für die Klimakrise verschlafende Institutionen bzw. Entscheidungsträger der Politik sei erkennbar vorgeschoben.

Der dagegen gerichtete Eilantrag hat Erfolg.

Die Kammer ist der Auffassung, dass das Protestcamp als solches von der Versammlungsfreiheit geschützt sei. Erstens sei das Protestcamp in seiner

Gesamtheit als neuartige Form der kollektiven Meinungskundgabe anzusehen, bei der konzeptionell gerade durch die dauerhafte Präsenz am Versammlungsort an der öffentlichen Meinungsbildung und -kundgabe teilgenommen werde. Zweitens hätten die Organisatoren durch die noch vor Bescheiderlass erfolgte Erweiterung des Versammlungsthemas („Die Klimakrise nicht verschlafen!“) und die beabsichtigte Symbolisierung der Zelte und schlafender Personen zusätzlich einen symbolischen Zusammenhang zum Versammlungsthema hergestellt, der von der Versammlungsbehörde berücksichtigt werden müsse.

Auflagen wie die vorliegend angegriffene setzten daher das Bestehen einer konkreten Gefahr für ein öffentliches Schutzgut voraus. Eine solche Gefahr lasse sich aus Sicht der Kammer bis zu dem allein in den Blick zu nehmenden Zeitraum bis zum 07.05.2021 derzeit nicht feststellen. Die Versammlungsbehörde habe keine widerstreitenden Nutzungsinteressen Dritter konkret darlegen können. Zudem beträfen die geltend gemachten Einwände der Versammlungsbehörde wie bereits erteilte Arbeitsaufträge für Reparaturen am Rathaus und an der Domfassade und Lärmbelästigungen vorrangig die angenommene fehlende Eignung des Versammlungsortes als solchen, nicht jedoch die Infrastruktureinrichtungen.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht erhoben werden.