Klage gegen pandemiebedingte Veranstaltungsbeschränkungen in Würzburg erfolglos

28. Januar 2021 -

Das Verwaltungsgericht Würzburg hat am 22.01.2021 zum Aktenzeichen W 8 K 20.519 die Klage einer Hotelbetreiberin gegen eine Allgemeinverfügung der Stadt Würzburg nach dem Infektionsschutzgesetz als unzulässig abgewiesen, weil diese nicht selbst von der Allgemeinverfügung in ihren subjektiven Rechten betroffen war.

Aus der Pressemitteilung des VG Würzburg vom 27.01.2021 ergibt sich:

Die Allgemeinverfügung der Stadt Würzburg vom 11.03.2020 sah u.a. einschränkende Vorgaben hinsichtlich Platz, Bestuhlung und Interaktion zu Veranstaltungen ab 500 Teilnehmern in geschlossenen Räumen, eine Verpflichtung zur aktiven Information über allgemeine Schutz- und Hygienemaßnahmen sowie eine eigenständige Risikobewertung des Veranstalters anhand der Kriterien des Robert-Koch-Instituts und des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit vor. Auch bei Veranstaltungen mit einer Teilnehmerzahl von bis zu 499 Personen sollte eine solche Risikobewertung vorgenommen werden. Die Allgemeinverfügung war bis zum 19.04.2020 befristet. Die Klägerin hatte dagegen am 08.04.2020 Klage erhoben und im Wesentlichen vorgetragen, die Allgemeinverfügung sei nicht auf die zutreffende Rechtsgrundlage im Infektionsschutzgesetz gestützt. Angesichts des Umstandes, dass die eine Ermächtigungsgrundlage zu einer im selben Gesetz ausdrücklich geregelten Entschädigung führe, die andere aber nicht, sei ein solcher Austausch eine wesentliche Änderung der mit der Allgemeinverfügung getroffenen Regelungen. Sie habe Umsatzeinbußen erlitten, weil im Geltungszeitraum der Allgemeinverfügung zahlreiche Veranstaltungen abgesagt bzw. verschoben worden seien, die typischerweise mit Hotelübernachtungen verbunden seien. Dies führe zu einem Sonderopfer für Hoteliers, das ohne Entschädigung nicht verhältnismäßig sei. Es handele es um ein faktisches Betriebsverbot. Allein am von der Allgemeinverfügung betroffenen Standort seien 90 Mitarbeiter von einem Arbeitsplatzverlust bedroht. Auch nach zeitlichem Ablauf der Allgemeinverfügung habe die Klägerin ein berechtigte Interesse daran, dass die Rechtswidrigkeit der Maßnahmen gerichtlich festgestellt werde, weil sie beabsichtige, wegen der Beeinträchtigungen Schadensersatz einzufordern.
Die beklagte Stadt erwiderte darauf, dass der Hotel- und Beherbergungsbetrieb von der Allgemeinverfügung gar nicht erfasst worden sei. Es sei nicht glaubhaft, dass im Geltungszeitraum der Allgemeinverfügung überhaupt Veranstaltungen mit mehr als 500 Personen geplant gewesen seien, die aufgrund der Allgemeinverfügung abgesagt worden seien. Im Übrigen seien mit Allgemeinverfügung des Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege vom 16.03.2020 und mit der Bayerischen Infektionsschutzverordnung vom 27.03.2020 alle Veranstaltungen mit mehr als 500 Teilnehmern landesweit untersagt worden, so dass ab dem 17.03.2020 keine eigenständige Beschwer mehr von der städtischen Allgemeinverfügung ausgegangen sei. Diese sei im Übrigen auch zu recht ergangen, denn die Reproduktionszahl der Covid-19-Infektionen sei bei Erlass der städtischen Allgemeinverfügung sowohl vor Ort als auch deutschlandweit sehr hoch gewesen.

Das VG Würzburg hat die Klage abgewiesen.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die Klage bereits unzulässig. Die Klägerin sei nicht klagebefugt. Die Allgemeinverfügung habe sich mit ihren Vorgaben nur an Veranstalter gerichtet. Die Klägerin habe nicht nachvollziehbar dargelegt, dass sie selbst Veranstaltungen geplant habe. Das bloße Vorbringen, weniger Übernachtungen und dadurch weniger Umsatz gehabt zu haben, genüge dafür nicht. Sie sei dadurch lediglich reflexhaft betroffen. Die städtische Allgemeinverfügung habe Veranstaltungen mit einer Teilnehmerzahl ab 500 auch nicht verboten, sondern lediglich infektionsschutzrechtliche Vorgaben für deren Durchführung gemacht. Zudem habe die Klägerin nicht glaubhaft gemacht, dass mögliche Stornierungen wegen konkret abgesagter Veranstaltungen in dieser Größenordnung im fraglichen Zeitraum – wenn überhaupt – infolge der städtischen Allgemeinverfügung erfolgt sein könnten und bei ihr gerade deshalb mögliche Umsatzeinbußen eingetreten seien. Dass bei kleineren Veranstaltungen allein das angeordnete Erfordernis eines Hygienekonzepts zu Absagen und Stornierungen geführt haben sollte, ist ebenfalls nicht hinreichend dargelegt worden. Im Übrigen sei die städtische Allgemeinverfügung mit dem Inkrafttreten der landesweiten Allgemeinverfügung am 17.03.2020 auch für solche Veranstaltungen inhaltlich überholt und hinfällig gewesen. Ab diesem Zeitpunkt habe von ihr gar keine eigenständige Beschwer mehr ausgehen können.

Lediglich vollständigkeitshalber führt das Gericht weiter aus, dass die Klage auch unbegründet wäre, weil die Regelungen der Allgemeinverfügung rechtmäßig seien. Die beklagte Stadt habe die richtige Rechtsgrundlage gewählt. Es sei um Schutzmaßnahmen zur Bekämpfung einer übertragbaren Krankheit gegangen. Da es bei Erlass der Allgemeinverfügung bereits zu Covid-19-Infektionen gekommen sei, sei es nicht nur um allgemeine Maßnahmen zur Prävention vor Auftreten einer übertragbaren Krankheit gegangen. Die Allgemeinverfügung sei in dem dafür vorgesehen Verfahren ordnungsgemäß erlassen und bekannt gemacht worden. Auch inhaltlich sei sie nicht zu beanstanden. Es komme insbesondere nicht darauf an, ob im Hotel der Klägerin bereits Covid-19-Fälle aufgetreten seien. Soweit streitig gewesen sei, auf welche Vorschrift des Infektionsschutzgesetzes die einzelnen Regelungen konkret gestützt werden können, sei jedenfalls die Generalklausel des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG einschlägig. Es sei auch nicht um ein Betriebsverbot des klägerischen Hotels gegangen, sondern lediglich um Einschränkungen bei der Durchführung von Veranstaltungen. Ermessensfehler seien bei der Ausgestaltung der Allgemeinverfügung nicht ersichtlich. Bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit gelte, dass an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist. Es seien hochrangige Gemeinschaftsgüter wie der Schutz der Gesundheit der Bevölkerung und ein funktionsfähiges Gesundheitsweisen in Rede gestanden. Es habe sich mithin um notwendige Schutzmaßnahmen gehandelt, die zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie auch geeignet und erforderlich gewesen seien. Die Klägerin sei durch die städtische Allgemeinverfügung weder in ihren Eigentumsrechten noch in ihrer Berufsausübungsfreiheit verletzt gewesen.