Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat mit Urteil vom 12.04.2021 zum Aktenzeichen 9 K 3203/19 eine Klage eines Anwohners gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für den Windpark Straubenhardt abgewiesen.
Aus der Pressemitteilung des VG Karlsruhe vom 20.05.2021 ergibt sich:
Das Landratsamt Enzkreis erteilte 2016 eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von elf Windenergieanlagen auf dem Gebiet der Gemeinde Straubenhardt. Das Regierungspräsidium Freiburg erteilte ebenfalls 2016 die nach dem baden-württembergischen Windenergieerlass 2012 erforderliche Waldumwandlungsgenehmigung.
Gegen die Windenergieanlagen regte sich Protest. Neben einer Klinik stellten auch eine Nachbargemeinde und eine Privatperson Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz, welche das Verwaltungsgericht Karlsruhe und der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zurückwiesen (s. die Pressemitteilungen des Verwaltungsgerichts vom 31.07.2017 und vom 11.08.2017 sowie die Pressemitteilung des Verwaltungsgerichtshofs vom 30.01.2019). Der Windpark wurde errichtet und in Betrieb genommen.
Der Kläger des dem Verwaltungsgericht Karlsruhe nunmehr vorliegenden Klageverfahrens ist Eigentümer eines Wohnhauses, welches etwa 1.300 m zur nächstgelegenenWindenergieanlage entfernt steht. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren begehrte er vom Gericht die Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung aufgrund methodischer Mängel bei der Identifizierung und Beschreibung der Umweltauswirkungen im Rahmen der durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung; unter anderem sei der Sachverhalt in Bezug auf die europäischen Natur- und Landschaftsschutzgebiete (sog. FFH-Gebiete) „Eyach oberhalb Neuenbürg“ sowie „Albtal mit Seitentälern“ nicht ausreichend ermittelt und die Öffentlichkeit nicht umfassend informiert worden. Etwa neun Monate nach Klageerhebung machte der Kläger ergänzend geltend, eine Verletzung seiner Informations- und Beteiligungsrechte ergebe sich auch aus dem Umstand, dass die Waldumwandlungsgenehmigung in einem gesonderten Verwaltungsverfahren ergangen sei und im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens keine Öffentlichkeitsbeteiligung zu Waldumwandlungsbelangen erfolgt beziehungsweise die Öffentlichkeit hierüber sowie über den Genehmigungsinhalt falsch informiert worden sei.
Diesem Begehren hat die 9. Kammer des Verwaltungsgerichts nicht entsprochen und die Klage abgewiesen. Der Kläger sei keinen unzumutbaren Geräuschimmissionen, gesundheitsgefährdendem Infraschall oder einem unzulässigen Schattenwurf ausgesetzt. Verstöße gegen Verfahrensvorschriften könne der Kläger ebenfalls nicht mit Erfolg rügen. Eine FFH-Vorprüfung sei im Rahmen der Umweltverträglichkeitsstudie durchgeführt worden. Ob diese Vorprüfung fehlerhaft gewesen und infolgedessen zu Unrecht keine tiefergehende FFH-Verträglichkeitsprüfung eingeholt worden sei, sei vom Gericht nicht zu prüfen. Im Gegensatz zu anerkannten Umweltschutzvereinigungen könne der Kläger weder nach Bundes- noch nach Europarecht gerichtlich feststellen lassen, dass eine FFH-Vorprüfung materiell rechtswidrig sei.
Im Ergebnis unschädlich sei auch, dass das Landratsamt und das Regierungspräsidium mit der hergebrachten baden-württembergischen Verwaltungspraxis davon ausgegangen seien, dass zusätzlich zur immissionsschutzrechtlichen Genehmigung in einem gesonderten Verwaltungsverfahren eine Waldumwandlungsgenehmigung einzuholen sei. Zwar habe der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zwischenzeitlich entschieden, dass immissionsschutzrechtliche Genehmigungen erforderliche Waldumwandlungsgenehmigungen kraft Bundesrechts einschlössen. Der Kläger habe seine auf diese Rechtsprechung gestützte Verfahrensrüge aber verspätet erhoben. Im Übrigen führe es nicht zu einem für einen Individualkläger rügbaren Verfahrensfehler nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz, wenn zwar nach der hergebrachten Verwaltungspraxis neben einem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen im Wald entgegen der jüngeren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zur hier eingreifenden Konzentrationswirkung eine für dieses Vorhaben erforderliche Waldumwandlungsgenehmigung in einem gesonderten Verwaltungsverfahren ergangen sei, aber zugleich eine in beiden Verfahren gebotene Umweltverträglichkeitsprüfung – wie hier – im immissionsschutzrechtlichen Verfahren verfahrensrechtlich konzentriert durchgeführt wurde (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 3 und 4 LWaldG). In diesem Rahmen habe das Landratsamt auch die zahlreichen eingegangenen waldbezogenen Einwendungen berücksichtigt.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten haben die Möglichkeit, beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung einzulegen.